Om2/10 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Carmen LOIBNER-PERGER, Dr. Manfred VOGEL und Dr. Gottfried MUSGER als rechtskundige Mitglieder und die Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Maria KRENN als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma F***** N . V . , ***** Niederlande, vertreten durch Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH, Wallnerstraße 4, 1010 Wien, gegen die Antragsgegnerin Firma R***** G m b H , ***** vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Tuchlauben 17, 1014 Wien, wegen Löschung der Marke Nr 172 656 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 18. März 2009, Nm 16/2005-6, entschieden:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 2.721,90 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 453,65 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
G r ü n d e :
Die Antragsgegnerin erzeugt und vertreibt den Energy Drink Red Bull. Sie ist Inhaberin der Wortmarke Nr 172 656 „FLÜGERL“, die am 18. November 1997 für folgende Waren registriert wurde:
Klasse 32:
Alkoholfreie Getränke und Mischungen aus alkoholfreien und alkoholischen Getränken soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;
Klasse 33:
Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) und Mischungen aus alkoholischen und alkoholfreien Getränken soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind.
Die Antragstellerin brachte unter dieser Marke kein Getränk in den Verkehr. Wohl aber bot die von ihr belieferte Gastronomie mit „Flügerl“ bezeichnete Getränke an, die - in unterschiedlichem Mischverhältnis - roten oder weißen Wodka und Red Bull enthielten. Diese Zusammensetzung hatte die Antragsgegnerin vorgeschlagen, um dadurch den Absatz ihres Energy Drinks zu fördern. Zu diesem Zweck stellte sie den Gastronomen auch Werbemittel und Getränkekarten zur Verfügung. Weiters überprüfte sie, ob in den als „Flügerl“ angebotenen Mischgetränken tatsächlich Red Bull enthalten war. Unter dieser Voraussetzung duldete sie die Verwendung dieser Bezeichnung auch bei Unternehmen, mit denen sie nicht in vertraglicher Beziehung stand.
In der Gastronomie war und ist es üblich, Energy Drinks mit alkoholischen Getränken zu mischen und diesen Mischgetränken eigene Namen zu geben, etwa „Flying Hirsch“ (Red Bull, Jägermeister) oder „Amadeus“ (Red Bull, Rum, verschiedene Fruchtsäfte).
Die Antragstellerin begehrte am 7. Feber 2005 nach § 33a MSchG die Löschung der Marke „FLÜGERL“. Weder die Antragsgegnerin noch mit ihrer Zustimmung handelnde Dritte hätten sie in Österreich ernsthaft benutzt.
Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, dass über 20.000 Gastronomen in ganz Österreich die Marke mit ihrer Zustimmung zur Kennzeichnung eines Mischgetränks aus Wodka und Red Bull verwendet hätten. Umfragen belegten, dass das Publikum eine Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt der Klägerin (Red Bull) herstelle.
Die Antragstellerin erwiderte, dass unter der Marke kein bestimmtes Produkt in Verkehr gebracht worden sei. Vielmehr hätten Gastronomen unter dieser Bezeichnung unterschiedliche Mischgetränke angeboten. Dabei hätten sie „Flügerl“ aber als generischen Begriff und nicht kennzeichenmäßig verwendet. Zudem habe keine Zustimmung der Antragsgegnerin vorgelegen; die bloße Duldung reiche nicht aus. Aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Umfragen lasse sich lediglich die Annahme des Publikums ableiten, dass das als „Flügerl“ bezeichnete Mischgetränk Red Bull enthalte; daraus folge aber nicht, dass auch die Bezeichnung „Flügerl“ selbst als Herkunftshinweis verstanden werde.
Die Nichtigkeitsabteilung verfügte die Löschung der Marke. Eine rechtserhaltende Benutzung liege nur vor, wenn die Marke zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens diene und daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werde. Eine solche Benutzung sei in der Klasse 32 (alkoholfreie Getränke) jedenfalls nicht erfolgt. Bei den Waren der Klasse 33 habe die Bezeichnung „Flügerl“ nicht auf die Herkunft des Mischgetränks aus einem bestimmten Unternehmen hingewiesen, sondern auf dessen Zusammensetzung. Ein eigenständiges Produkt sei unter dieser Marke nie vertrieben worden. Der Antragsgegnerin sei nur daran gelegen gewesen, dass das so bezeichnete Mischgetränk mit Red Bull hergestellt wurde; die genaue Zusammensetzung habe sie ebenso wenig interessiert wie die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen. So habe sie auch die Nutzung des Zeichens durch Dritte geduldet, solange diese nur Red Bull verwendet hätten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die weiterhin die Abweisung des Löschungsantrags anstrebt. Die Antragstellerin beantragt in der Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Nach § 33a Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten Marke begehren, soweit diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt wurde, es sei denn, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann. Nach § 33a Abs 5 MSchG ist die Benutzung vom Markeninhaber nachzuweisen.
2. Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH Rs C-40/01, Ansul, Slg 2003 I 2439; 17 Ob 11/08d = MR 2008, 266 – BUZZ!; RIS-Justiz RS0123519). Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab EuGH Rs C-342/97, Lloyd, Slg 1999 I-3819) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene zur Unterscheidung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84 = ÖBl 1985, 158 - Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f = ÖBl-LS 2006/173 - Smiley; 4 Ob 134/06v = ÖBl 2007, 176 - BUZZ; 17 Ob 1/08h = ÖBl 2009,83 [ Gamerith ] - Feeling/Feel; RIS-Justiz RS0066671). Das Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047 – OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19 – LOTTOCARD).
3. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung nicht zu beanstanden.
3.1. Für alkoholfreie Getränke (Klasse 32) haben weder die Klägerin noch andere Unternehmen die Marke „FLÜGERL“ benutzt. Die Argumentation der Berufung, dass die Verwendung dieser Bezeichnung für ein alkoholhaltiges Mischgetränk auch dessen alkoholfreie Komponente (dh den Energy Drink Red Bull) abgedeckt habe, verkennt, dass (auch) für die Frage der Benutzung das Verständnis der angesprochenen Kreise maßgebend ist. Für das Publikum war „Flügerl“ aber ausschließlich die Bezeichnung des Mischgetränks, nicht auch – getrennt davon – die Bezeichnung der einzelnen Bestandteile.
Zur Bennennung der alkoholfreien Komponente stand ohnehin die bekannte Marke „RED BULL“ zur Verfügung; das Publikum hatte daher keinen Anlass, auch die Bezeichnung „Flügerl“ darauf zu beziehen. Anders gewendet: Red Bull ist Red Bull, nicht (auch) ein „Flügerl“.
3.2. Für alkoholhaltige Mischgetränke und (damit) auch für alkoholische Getränke (Klasse 33) haben Gastronomen die Marke „FLÜGERL“ zweifellos mit Zustimmung der Antragsgegnerin verwendet. Dabei handelte es sich aber, wie schon die Nichtigkeitsabteilung zutreffend erkannte, um keine kennzeichenmäßige Verwendung. Denn auch bei der Nutzung durch einen Dritten ist dafür erforderlich, dass die angesprochenen Kreise die Marke als Hinweis darauf verstehen, dass die Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen stammt, und zwar entweder aus jenem des Markeninhabers oder aus jenem des Dritten. Keine dieser Bedingungen ist hier erfüllt.
Für das Publikum war offenkundig, dass das als „Flügerl“ bezeichnete Mischgetränk im jeweiligen Gastronomiebetrieb aus verschiedenen Bestandteilen hergestellt wurde. Daher konnte es die Bezeichnung nicht als Hinweis auf die Herkunft dieses Getränks von der Markeninhaberin deuten. Das Publikum konnte aber auch nicht annehmen, dass die Bezeichnung „Flügerl“ dazu diente, das im jeweiligen Gastronomiebetrieb angebotene Getränk von vergleichbaren Getränken anderer Betriebe zu unterscheiden. Denn die Bezeichnung „Flügerl“ wurde – folgt man dem Vorbringen der Antragsgegnerin – in mehr als 20.000 Betrieben verwendet. Damit war es ausgeschlossen, dass das Publikum die Bezeichnung (jeweils) als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstehen konnte. Vielmehr verstand das Publikum unter „Flügerl“ ein Mischgetränk mit einer bestimmten Zusammensetzung, das in gleicher oder ähnlicher Weise auch in zahlreichen anderen Gastronomiebetrieben angeboten wurde. Damit war diese Bezeichnung aber nicht geeignet, als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen zu dienen.
3.3. Diese Erwägungen gelten auch dann, wenn - wie von der Antragsgegnerin behauptet – ein großer Teil des Publikums annahm, dass das als „Flügerl“ bezeichnete Mischgetränk immer den Energy Drink Red Bull enthielt. Denn auch dieser Umstand hätte nicht dazu geführt, dass „Flügerl“ als Hinweis auf die Herkunft des damit bezeichneten Mischgetränks von der Antragsgegnerin oder vom jeweiligen Gastronomiebetrieb verstanden worden wäre.
4. Aus diesen Gründen muss die Berufung der Antragsgegnerin scheitern. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 Abs 1 PatG 1970 sowie § 41 und § 50 ZPO. Durch den dreifachen Einheitssatz für die Berufungsbeantwortung ist nach § 23 Abs 9 RATG auch die Verrichtung der Berufungsverhandlung abgegolten. Sie ist daher nicht gesondert zu honorieren.