JudikaturOPMS

Om5/09 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
23. September 2009

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch den Präsidenten des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich KODEK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Brigitte SCHENK, Dr. Manfred VOGEL und Mag. Wolfgang BONT als rechtskundige Mitglieder sowie den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Johannes WERNER als fachtechnisches Mitglied in der Markensache der Antragstellerin   K ***** G e s e l l s c h a f t   m . b . H . ,   ***** vertreten durch Dipl.-Ing. Walter HOLZER, Dr. Elisabeth SCHOBER, Patentanwälte, Brigittenauer Lände 50, 1200 Wien, wider die Antragsgegnerin   B *****  G m b H C o   K G ,   ***** vertreten durch Dr. Johannes HINTERMAYR, Dr. Franz HAUNSCHMIDT, Dr. Georg MINICHMAYR, Dr. Peter BURGSTALLER, Mag. Georg Julius TUSEK, Dr. Christian HADEYER, Mag. Eva Maria ECKER, Dr. Harald LETTNER, Rechtsanwälte, Landstraße 12/Arkade, 4020 Linz, über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 3. Juni 2008, Nm 82/2006-11, in nichtöffentlicher Sitzung den B e s c h l u s s gefasst:

Spruch

Der Berufung der Antragsgegnerin wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird in ihrem Ausspruch über den Kostenersatz dahingehend abgeändert, dass dieser zu lauten hat: "Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 3.329,95 EUR (darin 554,99 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die anteiligen Barauslagen in Höhe von 183,92 EUR binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 740,06 EUR (darin enthalten 123,34 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die anteilige Berufungsgebühr in Höhe von 75 EUR binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin begehrte die Löschung der Marke Nr 196 351 der Antragsgegnerin wegen Nichtgebrauchs gemäß § 33a MSchG für sämtliche beanspruchten Waren der Klassen 29, 30, 31, 32 und 33.

Die Markeninhaberin beantragte, den Löschungsantrag abzuweisen. Sie legte am 8. Juni 2007 per Fax und am 11. Juni 2007 in Papierform einen ergänzenden Schriftsatz mit weiteren Beilagen vor. Eine für den 20. Juni 2007 anberaumte mündliche Verhandlung wurde auf einvernehmlichen Antrag der Parteien vertagt. Am 29. Juni 2007 übermittelte die Antragsgegnerin einen weiteren Schriftsatz mit ergänzendem Vorbringen und beantragte mit Teilverzicht vom 17. Juli 2007 die Löschung der angefochtenen Marke hinsichtlich der Klassen 31 und 33. Diesem Antrag entsprach die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts mit Beschluss vom 27. Juli 2007. Die über den Teilverzicht informierte Antragstellerin beharrte in Ansehung der Teillöschung nicht auf der Durchführung eines Verfahrens unter Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses im Sinne des § 42 Abs 1 MSchG iVm § 117 PatG. In der mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2008 hielten die Streitparteien ihre schriftlichen Anträge aufrecht.

Mit Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts vom 3. Juni 2008 wurde das Verfahren auf Löschung der Marke Nr 196 351 hinsichtlich der Klassen 31 und 33 eingestellt. Betreffend die anderen Klassen wurde dem Antrag teilweise stattgegeben und die Marke mit Wirksamkeit zum 22. Mai 2006 für folgende Waren gelöscht:

- Klasse 29: Tiefkühlprodukte; Sojaerzeugnisse für Nahrungszwecke

- Klasse 30: Kaffee-Ersatzmittel, Tapioka, Sago; Aromen für Nahrungsmittel, Genussmittel und Würzzwecke; Brotteile; Kuchenpulver

- Klasse 32: Brausepulver

Hinsichtlich der anderen verbliebenen Waren wurde der Antrag auf Löschung abgewiesen; es sind dies im Einzelnen:

- Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild; Fleisch-, Fisch-, Geflügel- und Wildextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und Fette; Fleisch-, Fisch- und Gemüsekonserven; Margarine, Sojaöl für Speisezwecke, Sojamehl, Eiweiß für Speisezwecke, Knödel

- Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Honig, Mehl- und Getreideprodukte, Grieß, Reis, Teigwaren, Gewürze, Soßen, Essig, Senf, Ketchup, Kochsalz; Vanillin, Vanillinzucker, Vanillincreme, -pulver, Speiseeis; Kakaosirup, Kakaocreme, Pulver, Schokolade, Schokoladecreme, Haselnusscreme, Zuckerwaren, Fondant, Brot, feine Backwaren, Bäckereierzeugnisse, Tortenglasuren, Tunkmassen, Zuckermassen, Tortenfüllen, Cremefüllen, Torten- und Kuchenmassen, Puddingpulver, Kühleis, Gebäck, Brösel, Knödelbrot; Salatsoßen, Brotkonserven

- Klasse 32: Biere, Mineralwässer und kohlsäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, Gemüsesäfte und Gemüsegetränke

Die Antragstellerin wurde zum Ersatz der anteiligen Kosten des Verfahrens im Betrag von 1.146,73 EUR verpflichtet, die Antragsgegnerin zum Ersatz anteiliger Barauslagen von 183,92 EUR.

Nur gegen die Kostenentscheidung, soweit ihrem Antrag auf Kostenersatz nicht zur Gänze Folge gegeben wurde, richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin mit dem Antrag, ihr nicht nur den Ersatz der anteiligen Kosten in Höhe von 1.146,73 EUR, sondern darüber hinaus einen weiteren Betrag von 7.758,95 EUR, hilfsweise 6.158,55 EUR, hilfsweise 4.478,33 EUR, hilfsweise 3.341,73 EUR zuzusprechen. Sie macht geltend, die Antragstellerin habe pauschal die Löschung der angegriffenen Marke begehrt, sei damit jedoch nicht durchgedrungen, da die Marke weiterhin bestehe. Bei der Kostenentscheidung sei auch die außergerichtliche Aufforderung zur Löschung der Marke bzw die Stellungnahme dazu zu berücksichtigen. Die Eingaben vom 6. Juni 2007 und 29. Juni 2007 seien notwendig und nach TP 2 RATG zu honorieren. Für das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens sei nicht das Bestehen oder Verfallen der fünf streitverfangenen Klassen heranzuziehen; entscheidender Parameter sei angesichts der variablen Gestaltung der Einordnung einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung in eine bestimme Klasse vielmehr das Verhältnis der gelöschten zu den eingetragen verbliebenen Warenbezeichnungen. Selbst bei einer pauschalen Gegenüberstellung der freiwillig und auf Antrag gelöschten bzw der eingetragen verbliebenen Warenbezeichnungen ergebe sich bei einem Gesamtbestand von 121 Warenbezeichnungen ein Verhältnis von 30:91; damit habe die Antragsgegnerin zu 75,2 % obsiegt und Anspruch auf 50,4 % ihrer Kosten. Richtigerweise sei das Verfahren allerdings in zwei Verfahrensabschnitte zu unterteilen. Im ersten Verfahrensabschnitt (31. Mai 2000 bis 26. Juni 2007) sei insbesondere durch die Veranlassung der Eigenlöschung durch die Markeninhaberin nach dem erfolglosen Abschluss der Vergleichsgespräche keine Verfahrensverlängerung eingetreten; die Kostensanktion des § 42 MSchG iVm § 117 PatG treffe insoweit die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin habe bei 111 Warenbezeichnungen keinen Anlass zur Erhebung des Löschungsantrags gegeben, dieser habe sich nur bei 10 Waren als berechtigt erwiesen. Die Antragsgegnerin habe damit im ersten Verfahrensabschnitt zu 91,7 % obsiegt und Anspruch auf 83,4 % der Verfahrenskosten dieses Abschnitts. Selbst bei Berücksichtigung der 20 freiwillig gelöschten Waren betrage das Verhältnis der eingetragen gebliebenen zu den gelöschten Waren 91:30. Im zweiten Verfahrensabschnitt (ab 11. Juli 2007) seien von ursprünglich 121 Waren noch 101 Waren verblieben, von denen lediglich 10 gelöscht worden seien. Die Antragsgegnerin habe deshalb zu 90,1 % obsiegt, woraus sich ein Anspruch auf 80,2 % ihrer Kosten dieses Abschnittes ergebe.

Die Berufungsgegnerin beantragte, die Berufung abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist teilweise berechtigt.

Über den Ersatz der Verfahrens- und Vertretungskosten ist gemäß § 42 MSchG iVm § 122 PatG - vorbehaltlich der Regelungen der §§ 122 Abs 2 und 117 PatG - in sinngemäßer Anwendung der §§ 40 bis 55 ZPO zu entscheiden. Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, sind gemäß § 43 Abs 1 ZPO die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Handelt es sich um Ansprüche die nicht in Geld bestehen, ist das Verhältnis des erfolgreichen und des abgewiesenen Begehrens nach freiem Ermessen auszumitteln. Als Maßstab dafür, inwieweit die eine Partei als obsiegend, die andere als unterliegend anzusehen ist, ist primär auf den Gesamtstreitgegenstand abzustellen. Hat das Gericht hierbei nicht über Geldforderungen, sondern über andere Ansprüche zu erkennen, dann hat das Gericht bei teilweisem Obsiegen und teilweisem Unterliegen das Verhältnis der einzelnen Begehren zueinander abzuwägen, wobei ihm ein größerer Beurteilungsspielraum zukommt. Dabei ist vor allem die unterschiedliche rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Teilbegehren von Bedeutung, aber auch der jeweilige Verfahrensaufwand (Bydlinski in Fasching/Konecny II/1 § 43 ZPO Rz 2 mwN). Kommt es zu einer Änderung des Streitgegenstandes im Verfahren, ist zur Ermittlung des zustehenden Kostenersatzes für jeden Verfahrensabschnitt der Prozesserfolg zu ermitteln (Bydlinski aaO Rz 11).

Nach diesen Grundsätzen sind im Anlassfall für die Kostenentscheidung dem Grunde nach zwei Verfahrensabschnitte zu bilden. Im ersten Abschnitt, der bis zur Löschung der Marke durch die Markeninhaberin für die Klassen 31 und 33 andauert, hat die Antragstellerin die Löschung von zwei der begehrten fünf Klassen zur Gänze zuzüglich einzelner - bei der Kostenentscheidung nicht ins Gewicht fallender - Warengruppen aus den drei anderen Klassen erreicht. Ihre Obsiegensquote beträgt demnach rund 2/5.

Im anschließenden Verfahrensabschnitt ist die Antragstellerin mit ihrem Löschungsbegehren nur mit einigen wenigen Waren der streitanhängig verbliebenen drei Klassen durchgedrungen, die im Verhältnis zu den eingetragen

verbliebenen Waren nicht ins Gewicht fallen. Die Antragstellerin ist daher in diesem Abschnitt als zur Gänze unterlegen zu betrachten. Die von der Berufungswerberin angestellte rein formal-mathematische Berechnung nach der Anzahl der Waren wird dem Gebot einer Ermessensentscheidung und dem Umstand, das die Obsiegensquote auch unter Berücksichtigung des durch die Abweisung des unberechtigten Teilbegehrens verursachten Kostenaufwands auszumessen ist (vergleiche § 43 Abs 2 ZPO), nicht gerecht.

Zur Kostenentscheidung der Höhe nach ist auszuführen, dass Nebenleistungen (dazu zählen etwa auch außergerichtliche Mahnschreiben) gemäß § 23 Abs 1 RATG mit dem Einheitssatz abgegolten sind. Zwar dürfen gemäß § 23 Abs 4 RATG Nebenleistungen im Zuge außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen oder Handlungen zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens zusätzlich zum Einheitssatz entlohnt werden, wenn sie einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verursacht haben; ein derartiger erheblicher Aufwand wurde aber von der Berufungswerberin nicht behauptet, weshalb ihr Schreiben vom 31. Mai 2006 nicht zu honorieren ist. Im Gegensatz zu dem nach TP 2 RATG zu entlohnenden kurzen Vorbringen im Schriftsatz vom 8. Juni 2007 handelt es sich bei jenem vom 26. Juni 2007 nur um eine Urkundenvorlage, die unter TP 1 RATG fällt. Der Antrag der Berufungswerberin auf Teillöschung war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig (§ 41 Abs 1 ZPO). Der Schriftsatz vom 17. Juli 2007 enthält nur eine kurze Mitteilung, die unter TP 1 RATG fällt.

Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1, 140 Abs 1 PatG und § 43 Abs 2 ZPO. Die Antragsgegnerin hat einen weiteren Kostenzuspruch für das Verfahren erster Instanz in Höhe von 7.758,95 EUR begehrt und mit 2.183,22 EUR (das ist rund ein Viertel) obsiegt. Sie hat der Antragstellerin daher die Hälfte der Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen, bekommt aber ihrerseits ein

Viertel der von ihr ausgelegten Berufungsgebühr von 300 EUR ersetzt. Die Kostenbemessungsgrundlage im Berufungsverfahren über die Kostenentscheidung beträgt 7.758,95 EUR (§ 11 Abs 1 zweiter Satz RATG).

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