Om2/09 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch den Präsidenten des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich KODEK, die Rätinnen des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Gabriele JAGETSBERGER, Dr. Irmgard GRISS und Dr. Brigitte SCHENK als rechtskundige Mitglieder und die Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Maria KRENN als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin S ***** g e s e l l s c h a f t m . b . H . , ***** vertreten durch Dr. Müllner Dipl.-Ing. Katschinka OEG, Patentanwaltskanzlei, Weihburggasse 9, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin E *****, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Harald Schmidt, Mariahilfer Straße l d, 1060 Wien, wegen Löschung der österreichischen Marke Nr 215 923, über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 17. April 2008, Zl Nm 77/2006-6, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Berufung wird zurückgewiesen .
Die Antragsstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 1.633,14 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (hierin enthalten 272,19 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
G r ü n d e :
Die Antragstellerin ist Inhaberin der österreichischen Wortbildmarke Nr 194 890 mit dem Wortteil SONNENTOR, die für Waren der Klassen 3, 30, 31 und 32 mit Priorität vom 23. Jänner 2001 eingetragen ist.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der österreichischen Wortmarke Nr 215 923 SONNENSCHEIN, die mit Priorität vom 13. Oktober 2003 für Waren der Klassen 29, 30, 31 und 32 eingetragen ist. Die Antragstellerin begehrt, die Marke der Antragsgegnerin nach § 30 und § 32 MSchG zu löschen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Löschungsantrag abzuweisen.
Mit Erkenntnis vom 17. April 2008 wies die Nichtigkeitsabteilung den Löschungsantrag ab.
Am 4. August 2008 langte die Berufung der Antragstellerin beim Patentamt ein. Die Berufung enthielt die Erklärung, gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 17. April 2008 Berufung einzubringen, und den Antrag, 1. die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die angegriffene Marke 215 923 zu löschen, 2. der „Patentinhaberin“ die Kosten des Verfahrens und der Vertretung gemäß dem nachzureichenden Kostenverzeichnis aufzuerlegen. Unter der Überschrift „Begründung“ wurde ausgeführt:
„ Gemäß § 42 MSchG ist (ua) § 139 PatG anzuwenden. Beide Bestimmungen wurden zuletzt durch BGBl I Nr 149/2004 geändert. In den Erläuternden Bemerkungen heißt es dazu:
Zu Art I Z 91 (§ 139 Abs 2 und 3):
In Orientierung an § 474 Abs 2 ZPO wird die bisher im Abs 2 vorgesehene Einschränkung der verbesserbaren Mängel auf „formale Mängel“ fallengelassen. Auch bei inhaltlichen Mängeln, wie bei fehlendem Berufungsantrag oder fehlender Begründung, ist künftig dem Berufungswerber eine Frist zur Verbesserung zu setzen.
Im Hinblick darauf, dass auch der fehlende Berufungsantrag einen verbesserbaren Mangel darstellt, ist Abs 3 entsprechend anzupassen.
In diesem Sinn wird um Fristsetzung zum Nachreichen der Begründung gebeten.“
Die Nichtigkeitsabteilung räumte der Berufungswerberin „zur Überreichung einer Begründung dieser Berufung“ eine Frist von zwei Monaten ein.
Die Antragstellerin brachte innerhalb der Frist eine „Begründung der Berufung an den Obersten Patent- und Markensenat gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 17. April 2008“ ein.
Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung, allenfalls die Abweisung der Berufung
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist unzulässig.
Nach § 138 Abs 3 Satz 2 PatG hat die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Im vorliegenden Fall hat die innerhalb der (ersten) Zwei-Monats-Frist eingebrachte Berufung zwar einen Berufungsantrag, aber keine Begründung enthalten. Zu prüfen ist, ob der Mangel verbesserbar war und die Nichtigkeitsabteilung der Antragstellerin daher zu Recht eine Frist „zur Überreichung einer Begründung“ eingeräumt hat.
In ihrer Berufung hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass nach § 139 Abs 2 PatG nicht bloß formale Mängel verbesserbar sind und dass der Gesetzgeber nach den Erläuternden Bemerkungen auch die fehlende Begründung als verbesserbaren Mangel sieht. Die Antragstellerin hat daraus den Schluss gezogen, dass auch die bewusst nicht in die Berufung aufgenommene Begründung innerhalb einer vom Patentamt zu setzenden Verbesserungsfrist nachgeholt werden kann.
Dem kann nicht gefolgt werden:
Die Erläuternden Bemerkungen verweisen auf die entsprechenden Bestimmungen der ZPO. Nach der ZPO ist es völlig unbestritten, dass nur Mängel verbessert werden können, die dem Rechtsmittelwerber versehentlich oder durch Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften unterlaufen sind (8 Ob 527/94 mwN; RIS Justiz RS0036385). So kann eine von einer Partei selbst eingebrachte Berufung ohne Begründung oder auch ohne Anfechtungserklärung verbesserungsfähig sein. Kein verbesserbarer Mangel liegt aber vor, wenn das Rechtsmittel unter absichtlicher und missbräuchlicher Verletzung der Formvorschriften eingebracht worden ist ( Kodek in Rechberger , ZPO³ § 474 Rz 4 mwN).
Im vorliegenden Fall hat die Berufungswerberin ihre Berufung bewusst nicht begründet und die Einräumung einer Frist für das Nachreichen der Begründung beantragt. Die Berufung leidet damit an keinem Mangel, der versehentlich oder durch Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften unterlaufen wäre. Es liegt daher kein verbesserungsfähiger Mangel vor. Dass die Nichtigkeitsabteilung der Berufungswerberin dennoch eine Frist zum Nachreichen der Begründung eingeräumt hat, widerspricht dem Gesetz. Die von der Berufungswerberin nachgereichte Begründung ist daher unbeachtlich; maßgebend ist allein der Inhalt der von ihr innerhalb der (ursprünglichen) Rechtsmittelfrist eingebrachten Berufung.
Diese Berufung enthält keine Begründung und entspricht damit nicht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 138 Abs 3 Satz 2 PatG. Sie war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 PatG sowie auf §§ 41, 50 ZPO.