Om11/08 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch den Präsidenten des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich KODEK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Wolfgang BONT, Dr. Brigitte SCHENK und Dr. Gerhard PRÜCKNER als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Dietmar TRATTNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin D ***** G m b H C o . B e t e i l i g u n g s K G , ***** Deutschland, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Egon SATTLER, Dr. Reinhard SCHANDA, Dr. Leopold Habsburg-Lothringen, Dr. Angela Heffermann, Mag. Elke Dichlberger, Stallburggasse 4, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin M ***** G e s e l l s c h a f t m . b . H . , *****vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH, Schubertring 6, 1010 Wien, wegen teilweiser Löschung der Marken Nr 177 790, 226 420, 226 421, 226 422, 226 423, über die Berufung der Antragsgegnerin gegen die Endentscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 1. Feber 2008, Nm 145-149/2005-9 entschieden:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und der Nichtigkeitsabteilung die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
G r ü n d e :
Die Antragsgegnerin ist seit 9. September 1998 Inhaberin der österreichischen Wortmarke „Mautner Markhof Mautner’s“, die unter der Nr 177 790 für die Waren- und Dienstleistungsklassen 30, 32, 33, 34, 35, 41 und 42 eingetragen sind. Anmeldetag war der 9. März 1998.
Vier weitere Wortbildmarken „Mautner Markhof Mautner’s“, die sich lediglich in der Farbgestaltung unterscheiden, wurden am 29. Juli 2005 unter den Nr 226 420, 226 421, 226 422 und 226 423 für dieselben Waren- und Dienstleistungsklassen registriert. Anmeldetag war jeweils der 6. Juni 2005.
Die Antragstellerin ist seit 26. Mai 1970 Inhaberin der für die Klassen 32 und 33 registrierten österreichischen Marken Nr 66 766 „Mautner Markhof“. Anmeldetag war der 20. Jänner 1970.
Darüber hinaus ist sie seit 28. September 1993 Inhaberin der Wortbildmarke Nr 149 305 „Mautner“ für die Waren der Kl 30, 32 und 33 mit Anmeldetag 25. August 1993, erweitert mit Priorität vom 4. Feber 1998 um die Waren- und Dienstleistungsklassen 34, 35, 41 und 42. Die Registrierung erfolgte 29. Juni 1998 (Beilage D).
Seit 10. August 1990 ist die Antragstellerin zudem Inhaberin der Marke Nr 131 995 „Mautner Markhof“ für die Kl 29 und 30 mit Anmeldetag 22. Juni 1990.
Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag vom 13. Oktober 2005, die Marken der Antragsgegnerin Nr 177 790, 226 420, 226 421, 226 422 und 226 423 gemäß § 30 MSchG für sämtliche Waren der Klassen 30, 32 und 33 zu löschen und erweiterte ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung vom 1. Feber 2008 vor der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes auf die Dienstleistungen der Klassen 34, 35, 41 und 42.
Bei der Marke „Mautner Markhof“ handle es sich um ein ausgesprochen unterscheidungskräftiges und vor allem in Österreich sehr bekanntes Zeichen, welches vollständig in die Wortbildmarken der Antragsgegnerin aufgenommen worden sei. Der Bildbestandteil der Wortbildmarken der Antragsgegnerin trete demgegenüber völlig in den Hintergrund und könne die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen. Dasselbe gelte für das Verhältnis der Wortbildmarken der Antragsgegnerin und der ebenfalls bekannten Wortmarke
„Mautner“. Das zusätzlich angehängte Genetiv-S beim Wort „Mautner’s“ sei nicht geeignet, einen ausreichenden Abstand zu der Marke der Antragstellerin zu schaffen, zumal zwischen den Marken völlige Warenidentität bestehe.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Löschungsantrags. Der Antragstellerin seien mit Kaufvertrag vom 7. Dezember 2001 von der M***** AG 100 Marken übertragen worden, nicht aber die Wort-Bild-marke Nr 177 790 „Mautner’s“ (die „Altmarke“) der Antragsgegnerin. Die Registrierung dieser Marke im Jahr 1998 sei der Antragsstellerin von der M***** AG gestattet worden. Aus einem Löschungsverfahren über einen auf § 33a MSchG gestützten Löschungsantrag der Antragstellerin in Ansehung der „Altmarke“ für die Klassen 30, 32 und 35, gehe die Kenntnis der Antragstellerin über die Berechtigung der Markenverwendung durch die Antragsgegnerin hervor. Daraus folge auch die Berechtigung der zeitlich jüngeren Marken der Antragsgegnerin, die sich nur in der Farbgestaltung von der „Altmarke“ unterschieden.
Die Nichtigkeitsabteilung ließ in der Tagsatzung vom 1. Feber 2008 die Erweiterung des Löschungsantrages durch die Antragstellerin zu.
Die Nichtigkeitsabteilung verfügt mit der angefochtenen Entscheidung die Löschung der Marken Nr 177 790, 226 420, 226 421, 226 422 und 226 423 mit Ausnahme der Klasse 34 mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt der Registrierung. Nach Darlegung der Rechtsgrundlagen zur Verwechslungsgefahr gemäß § 30 Abs 1 Z 2 MSchG auf Grund der Markenrechts-Novelle 1999 in Umsetzung der Richtlinie 89/104 EWG (Marken RL) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH und des OGH bejahte die Nichtigkeitsabteilung die Ähnlichkeit des Wortklanges, weil in den angefochtenen Marken die markanten Wörter „Mautner“ bzw „Mautner Markhof“ aufschienen, die auch Bestandteil der Marken der Antragstellerin seien. Ähnlichkeit sei darüber hinaus auch dem Begriff nach gegeben, da Mautner Markhof in Österreich zweifelsfrei als bekannte Marke für Lebensmittel einzustufen sei. Die Bildelemente änderten daran nichts, weil der Wortbestandteil dominiere. Warenähnlichkeit sei in Ansehung der Klassen 30, 32 und 33 gegeben. Es entstehe beim Verbraucher der Eindruck, die Waren stammten aus demselben Unternehmen. Die Ähnlichkeit der Waren der einander gegenüberstehenden Zeichen sei daher zu bejahen. Ähnlichkeit sei aber auch hinsichtlich der angefochtenen Dienstleistungsklassen gegeben, da gemäß der Rechtsprechung des EuGH und des OGH das Wechselspiel zwischen Zeichenähnlichkeit und Waren- bzw Dienstleistungsähnlichkeit zu berücksichtigen sei. Auf Grund der hochgradigen Markenähnlichkeit sei die Verwechslungsgefahr auch hinsichtlich der Dienstleistungsklassen gegeben, da es nach der Rechtsprechung ausreiche, dass die Verbraucher glauben könnten, dass es sich um das Unternehmen der Antragstellerin handle. An der Verwechslungsgefahr ändere auch die graphische Ausgestaltung der angefochtenen Zeichen nichts, da der Gesamteindruck der Zeichen durch den Wortbestandteil „Mautner“ bzw „Mautner Markhof“ geprägt werde.
Mit ihrer Berufung beantragt die Antragsgegnerin die Abänderung dahin, dass der Löschungsantrag in Ansehung der Klassen 35, 41 und 42 abgewiesen werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zur Verfahrensergänzung gestellt. Daneben ficht die Berufungswerberin die Kostenentscheidung an.
Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist im Sinne ihres Aufhebungsantrags berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass der Berufungsgegenstand die bekämpfte Löschung der Marken der Antragsgegnerin in den Klassen 35, 41 und 42 ist. Dabei handelt es sich um folgende Dienstklassen:
35: Veranstaltung von Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke, insbesondere von Weinen, Zigaretten und Zigarren;
41: Unterhaltung, insbesondere die Veranstaltung von Bällen und Konzerten; kulturelle Veranstaltungen, insbesondere Theateraufführungen und Lesungen;
42: Verpflegung von Gästen in Restaurants und Cafes, Betrieb einer Bar, Verpflegung von Gästen mittels Imbissständen, insbesondere Würstelständen.
I. Die von der Nichtigkeitsabteilung bejahte Priorität der Marken der Antragstellerin trifft auch auf die Marke Nr 149 305 der Antragstellerin zu, die am 4. Feber 1998 (Anmeldetag) auf die Klassen 35, 41 und 42 erweitert wurden, auch wenn die Schutzdauer für diese Klassen erst am 29. Juni 1998 begann. Im Übrigen steht die bessere Priorität der Marke „Mautner Markhof“ (Nr 68 766) für die Warenklassen 32 und 33 und der Wortbildmarke „Mautner“ (Nr 149 305) für die Klassen 30, 32 und 33 fest.
II. Für die Bekanntheit der Marken kommt es auf die von der Berufungswerberin aufgeworfenen Rechtsfragen (Tatsachen- oder Rechtsfrage; Zeitrang nach dem Entstehungs- oder Kollisionszeitpunkt) nicht an:
1. Es trifft zwar zu, dass die Nichtigkeitsabteilung zur Bekanntheit der Marken „Mautner Markhof“ nur lapidar feststellte, dass diese Marken „in Österreich zweifelsfrei als bekannte Marken für Lebensmittel einzustufen ist“. Weitere Feststellungen zu diesem Thema waren aber entbehrlich, weil der Sachverhalt tatsächlich notorisch ist. Die Bekanntheit einer Marke ist ein Rechtsbegriff; ob sie vorliegt eine auf Grund von Tatsachen zu lösende Rechtsfrage (Guggenbichler in Kucsko, marken.schutz 291). Keines Beweises bedarf die Bekanntheit einer Marke dann, wenn sie allgemein bekannt oder gerichtskundig ist (§ 269 ZPO), was regelmäßig bei berühmten Marken der Fall ist (Guggenbichler aaO unter Hinweis auf oberstgerichtliche Rechtsprechung, beispielsweise 4 Ob 22/95 – „Rolls-Royce“ oder 4 Ob 105/97p). Für den erkennenden Senat besteht kein Zweifel, dass die Marke „Mautner Markhof“ in Österreich zumindest seit der Anmeldung im Jahr 1970 ständig eine bekannte und berühmte Marke im Sinne des § 10 Abs 2 MSchG war und ist.
2. Der mit der MarkenR-Nov 1999 eingeführte Sonderschutz bekannter Marken (vergleiche Art 6 PVÜ und Art 4 und 5 MarkenRL) ist unabhängig vom Vorliegen einer Verwechslungsgefahr (Engin-Deniz, MSchG 127 f mwN aus der Judikatur des EuGH) und steht auch außerhalb des Waren- bzw Dienstleistungsähnlichkeitsbereichs (Branchenfremdheit) zu (Engin-Deniz aaO 129; Guggenbichler aaO 290).
III. Aufgrund der zu II. ausgeführten Rechtslage kommt es auf die von der Berufungswerberin behauptete durchgreifende Branchen- und Warenverschiedenheit nicht mehr an. Die Markenähnlichkeit ist im Berufungsverfahren nicht strittig.
IV. Entgegen dem Berufungsvorbringen hat die Antragstellerin den Markengebrauch nicht im Sinne des § 30 Abs 3 MSchG geduldet und ihren Löschungsanspruch verwirkt:
Ein Anspruchsverlust wegen Duldung setzt die Kenntnis der Markenbenutzung voraus. Diese Kenntnis der Antragstellerin leitet die Berufungswerberin lediglich aus dem Parteivorbringen im Löschungsverfahren Nm 10/2005 ab. Der daraus von der Antragsgegnerin gezogene Schluss, dass die Antragstellerin beim Abschluss ihres Kaufvertrags vom 7. Dezember 2001 Kenntnis von der Verwendung der „Altmarke“ durch die Antragsgegnerin gehabt habe, ist nicht schlüssig und in der zeitlichen Abfolge nicht nachvollziehbar. Dass die Antragstellerin mit ihrem auf die Löschung in den Warenklassen gerichteten Teillöschungsantrag den Anspruch in Ansehung der Dienstleistungsklassen verwirkt hätte, trifft nicht zu. Unschlüssig ist schließlich die Argumentation der Antragsgegnerin in ihrer Gegenschrift, dass die „Altmarke“ nicht im Verzeichnis der von der Antragstellerin mit ihrem Kaufvertrag vom 7. Dezember 2001 erworbenen 100 Markenrechten aufschien, war doch diese „Altmarke“ keine Marke der Verkäuferin (der M***** AG).
V. Zu Recht rügt die Berufungswerberin aber, dass ihre gegen den Löschungsantrag erhobene Einwendung einer Ermächtigung zur Führung der Marke Nr 177 790 („Altmarke“) von der Nichtigkeitsabteilung nicht behandelt wurde:
1. Dass im markenrechtlichen Löschungsverfahren der Antragsgegner sich auf eine privatrechtliche Abmachung berufen darf, entspricht der Rechtsprechung des Österreichischen Patentamtes (Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 8. Juli 1976, Nm 38/75 = PBl 1977, 61 unter Hinweis auf die Vorentscheidung PBl 1963, 182) und des OPM (Om 15/07 – ALBA). Diese Rechtsansicht trifft jedenfalls dann zu, wenn es um das direkte Verhältnis zwischen dem Markeninhaber und einem Markenbenützer geht, der sich auf eine Gestattung (Ermächtigung) des Markeninhabers beruft.
2. Das Berufungsvorbringen, die Antragstellerin hätte das Vorbringen der Antragsgegnerin über eine Ermächtigung nicht bestritten, ist aktenwidrig. Eine ausdrückliche Bestreitung erfolgte in der Verhandlung vom 1. Feber 2008 („diese Gestattung bestreite sie“).
3. Mit ihrem letzten Satz in der angeführten Verhandlung berief sich die Antragsgegnerin „auf eine Gestattung durch die Antragstellerin“ selbst.
4. Die Nichtigkeitsabteilung hat das Thema der Ermächtigung zur Führung der Marke (der „Altmarke“) der Antragsgegnerin völlig unbeachtet gelassen und keinerlei Feststellungen getroffen, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der behauptete Sachverhalt etwa aus dem Grund nicht festgestellt wurde, weil die Antragsgegnerin dazu keine ausreichenden Beweismittel angeboten hätte. Das Verfahren ist daher wegen Nichtbehandlung eines anspruchsvernichtenden Einwands der Antragsgegnerin noch nicht spruchreif. Dies muss zu einer Verfahrensaufhebung führen. Die von der Berufungswerberin angestrebte unmittelbare Verfahrensergänzung durch den Obersten Patent- und Markensenat kommt im Hinblick auf § 140 Abs 2 PatG iVm § 42 MSchG nicht in Frage (Op 1/83 = PBl 1983, 164).
5. Sollte im fortgesetzten Verfahren feststellbar sein, dass der Gebrauch der Marke Nr 177 790 der Antragsgegnerin von der M***** AG vor dem 27. Dezember 2001 gestattet wurde, wird zu prüfen sein, ob mit dem Marken- und Musterübertragungsvertrag vom 7. Dezember 2001 (Beilage 2) im Hinblick auf dessen Punkt 1.2. („die MM-Marken werden vom MM an DH mit allen Rechten und Befugnissen verkauft und übertragen, wie MM diese besessen und benützt hat oder doch zu besitzen und zu benützen berechtigt war“) eine Überbindung der Gestattungsverpflichtung auf die Käuferin (Antragstellerin) erfolgte bzw nicht ohnehin – wie von der Antragsgegnerin behauptet – die Antragstellerin selbst den Gebrauch gestattete.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 42 Abs 1 MSchG iVm § 122 Abs 1 und § 140 PatG sowie auf § 52 Abs 1 ZPO.