Om8/08 – OPMS Entscheidung
Kopf
Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch den Präsidenten des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Erich KODEK, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Günter SCHWAYER, Dr. Irmgard GRISS und Dr. Manfred VOGL als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Dietmar TRATTNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin M ***** C o r p o r a t i o n , ***** USA, vertreten durch die Herren Patentanwälte Dipl.-Ing. Manfred Beer, Dipl.-Ing. Reinhard Hehenberger, Lindengasse 8, 1070 Wien, wider die Antragsgegnerin (nunmehr:) K***** G m b H , ***** vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH, Weyrgasse 8, 1030 Wien, wegen teilweiser Löschung der Marke Nr 235 466, über die Berufung ON5 der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 5. November 2007, Nm 92/2007–2, entschieden:
Spruch
Der Berufung der Antragsgegnerin wird keine Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 1.476,24 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (hierin enthalten 243,84 EUR Umsatzsteuer und 13,20 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
G r ü n d e :
Die Antragstellerin ist Inhaberin der österreichischen Marke Nr 113 150 „Happy Meal“, eingetragen mit Priorität vom 27. Jänner 1986 für die Klassen 29, 30 und 32, sowie der Gemeinschaftsmarke Nr 58 230 „HAPPY MEAL“ mit Priorität vom 1. April 1996.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der jüngeren österreichischen Wortbildmarke Nr 235 466 mit dem Wortteil „HappySnack”, eingetragen für die Klassen 29, 30, 31 und 32.
Gestützt auf § 30 Abs 1 Z 2 MSchG begehrte die Antragstellerin am 21. Juni 2007 die teilweise Löschung der Marke der Antragsgegnerin für die Klassen 29, 30 und 32.
Die Antragsgegnerin ließ die ihr eingeräumte Frist zur Erstattung einer Gegenschrift ungenützt.
Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts löschte die Marke der Antragsgegnerin hinsichtlich der Waren der Klassen 29, 30 und 32 mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt ihrer Registrierung. Die zur Erstattung der Gegenschrift eingeräumte Frist sei ungenützt verstrichen, weshalb gemäß § 42 Abs 3 MSchG ohne weiteres Verfahren antragsgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, mit der sie die Abweisung des Löschungsantrags beantragt.
Die Antragstellerin beantragt die Abweisung der Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die Berufungswerberin macht geltend, § 42 Abs 3 MSchG sei nicht als unwiderlegbare Verzichtsvermutung auf das Markenrecht zu verstehen, sondern erfasse nur solche Fälle, in denen sich der Markeninhaber gegen die Löschung der Marke „zweifellos“ nicht verteidigen wolle. Dies sei hier nicht der Fall: Die Markeninhaberin habe mit der Antragstellerin bereits außergerichtliche Verhandlungen geführt, nach Versäumung der Frist zur Erstattung der Gegenschrift einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und eine Berufungsbeantwortung in der Sache selbst eingebracht; sie habe damit ihren Willen dokumentiert, sich gegen die Löschung ihrer Marke wehren zu wollen, weshalb ihre Berufung zu einer materiell-rechtlichen Überprüfung zu führen habe.
Bringt der belangte Markeninhaber innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Gegenschrift ein, so hat die Nichtigkeitsabteilung gemäß § 42 Abs 3 MSchG ohne weiteres Verfahren antragsgemäß die gänzliche oder teilweise Löschung oder Übertragung der Marke zu verfügen oder die gänzliche oder teilweise Ungültigkeit der Marke nachträglich festzustellen.
Nach ständiger Rechtsprechung des OPM hat sich in einem solchen Fall das Berufungsverfahren darauf zu beschränken, ob eine Löschung nach § 42 Abs 3 MSchG durchzuführen war. Überprüft wird demnach allein die Richtigkeit der Entscheidung erster Instanz (also etwa ob Säumnis bei Erstattung der Gegenschrift oder Kongruenz zwischen Löschungsantrag und Löschungsentscheidung vorlag); eine materiell-rechtliche Prüfung, ob die Voraussetzungen für die beantragte Löschung vorliegen, hat hingegen auch in zweiter Instanz zu unterbleiben (vergleiche OPM 3/81 = ÖBl 1982, 155; OPM 3/88 = ÖBl 1988, 154 OPM Om 4/05 = PBl 2006, 19 mwN; Om 5/06).
Tragende Gründe dieser Rechtsprechung sind der Umstand, dass schon der Gesetzgeber aus den Rechtsfolgen, die § 42 Abs 3 MSchG vorsieht (arg „ohne weiteres Verfahren“), die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung des Verzichts des Markeninhabers auf sein Markenrecht bei Nichteinbringung der Gegenschrift als eindeutig erkennbar ansieht, sodass dies nicht noch ausdrücklich im Gesetz gesagt werden musste. Auch fehlt im Markenrecht eine dem § 396 ZPO vergleichbare gesetzliche Ermächtigung des Entscheidungsorgans, eine Säumnisentscheidung nur aufgrund der für wahr zu haltenden Tatsachenbehauptungen der erschienenen Partei, aber ohne Bindung an deren rechtliche Wertung zu fällen. Die erste Instanz in Markenlöschungssachen ist in einem Säumnisfall vielmehr ausdrücklich verpflichtet, dem Antrag ohne weiteres Verfahren jedenfalls stattzugeben, ohne dass es zu einer Schlüssigkeitsprüfung kommt (vergleiche E. Kodek in Kucsko, marken.schutz 689).
Die von der Berufungswerberin vorgebrachten Argumente, die gegen die Annahme einer unwiderlegbaren Verzichtsvermutung auf das Markenrecht bei Fristversäumung sprechen sollen, überzeugen demgegenüber nicht. Erstattet der Antragsgegner keine fristgerechte Gegenschrift zu einem Löschungsantrag, hat das Entscheidungsorgan erster Instanz im Zeitpunkt seiner Entscheidung nach der Aktenlage kraft der gesetzlichen Fiktion des § 42 Abs 3 MSchG am Verzichtswillen des Antragsgegners nicht zu zweifeln und dem Antrag ohne weiteres Verfahren stattzugeben. Auch in solchen Fällen ist ein Berufungsverfahren nicht gegenstandslos, weil eine auf Verfahrensfehler gestützte Berufung erfolgreich sein kann. Eine von der Berufungswerberin gewünschte erstmalige materiell-rechtliche Prüfungsbefugnis des Löschungsantrags in zweiter Instanz widerspräche hingegen deren funktioneller Zuständigkeit, Entscheidungen erster Instanz auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.
Der unberechtigten Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 42 Abs 1 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 140 Abs 1 PatG.