Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Maßnahmenvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. September 2025, GZ ** 8, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 15. Mai 2024, AZ **, der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB, der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB, der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB, des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 84 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Zudem wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Unterbringung in einem forensisch therapeutischen Zentrum angeordnet, weil er, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, eines Cannabisabusus sowie einer schweren antisozialen Persönlichkeitsakzentuierung, Taten nach § 21 Abs 3 StGB begangen hat, die mit einer ein, aber nicht drei Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind, nämlich die Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 und des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB, und nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass er sonst in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner psychischen Störung eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde, nämlich gegen Leib und Leben gerichtete und mit mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe bedrohte Handlungen wie die ihm angelasteten, insbesondere schwere Körperverletzungen auch unter Verwendung von Waffen nach §§ 83 ff StGB (ON 5).
Das errechnete Strafende war der 7. Mai 2024 (ON 2.2).
Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Landesgericht für Strafsachen Wien als zuständiges Vollzugsgericht anlässlich der jährlichen Überprüfung der weiteren Notwendigkeit der Maßnahme gemäß § 25 Abs 3 StGB nach persönlicher Anhörung des Untergebrachten am 3. September 2025 (ON 7) in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) und der Anstaltsleiterin (ON 2.4) die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung des A* in einem forensisch therapeutischen Zentrum fest und lehnte seine bedingte Entlassung ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach Verkündung und damit rechtzeitig erhobene (ON 7, 2), unausgeführt gebliebene Beschwerde des Untergebrachten.
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 47 Abs 2 StGB ist die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht.
Das Erstgericht stellte im angefochtenen Beschluss den bisherigen Verfahrensgang ebenso wie die aktuelle Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2.4) und das der Einweisung zugrundeliegende Gutachten des Dr.med.Univ. B* (ON 6) zutreffend dar, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen eingangs auf diese Ausführungen verwiesen werden kann (vgl zur Zulässigkeit RIS-Justiz RS0124017 [T2], RS0115236).
Darauf aufbauend kam das Erstgericht in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss, dass sich weder aus den vorliegenden Unterlagen noch aus der Anhörung des Beschwerdeführers Anhaltspunkte für einen Wegfall der einweisungsrelevanten Gefährlichkeit ergeben. Exemplarisch sei erwähnt, dass es bereits während der Anhaltung in der JA Eisenstadt am 11. Jänner 2024 – somit noch vor dem der Unterbringung zugrundeliegenden Urteil - zu einem Aggressionsausbruch samt Drohung von Selbst- und Fremdgefährdung kam, was eine Verlegung in einen besonders gesicherten Haftraum erforderte. Auch während der Anhaltung im FTZ Mittersteig, in das der Untergebrachte am 23. Oktober 2024 transferiert wurde, ereignete sich ein Impulsdurchbruch, im Zuge dessen A* einen Aschenbecher gegen die Wand warf. Sein psychopathologisches Zustandsbild ist weiterhin schwankend. Nach Integration in eine psychotherapeutische Deliktsgruppe ab 8. Jänner 2025 brach er die Therapie schon im Juni 2025 wieder ab. Gleichermaßen wurden auch ein ergotherapeutisches und ein E-Learning Angebot nach wenigen Monaten nicht weiter von ihm wahrgenommen. Zuletzt verschlechterte sich im Mai 2025 sein Zustandsbild zunehmend, sodass er am 23. Juli 2025 auf eine Abteilung mit erhöhten (Sicherheits-)Strukturen verlegt werden musste (ON 2.4, 5 ff). Demzufolge konnten bislang keine Lockerungsmaßnahmen erprobt werden und besteht auch kein sozialer Empfangsraum.
Diesem aktuell negativen Kalkül vermag der Beschwerdeführer mit seiner unausgeführt gebliebenen Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen und ist davon auszugehen, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, weiterhin besteht.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass das Erstgericht angesichts der klaren Sachlage, fehlender Hinweise auf eine Verbesserung des Zustandsbilds und des Umstands, dass das einweisungsrelevante Gutachten aus dem Vorjahr stammt, zu Recht von der Einholung eines aktuellen Sachverständigengutachtens Abstand nehmen konnte. Künftig wird jedoch zu berücksichtigen sein, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom 20. Juli 2017 (Lorenz gegen Österreich, Bsw 11537/11) darauf hinwies, dass ein derartiges Gutachten nicht nur dazu dient, die Gefährlichkeit neu zu bewerten, sondern auch, neue Ansätze zu erlangen, um die notwendige therapeutische Behandlung einzuleiten, was gegenständlich insbesondere angesichts der zuletzt eingetretenen Zustandsverschlechterung von besonderer Relevanz ist.
Der Beschwerde gegen den der Sach und Rechtslage entsprechenden Beschluss war daher ein Erfolg zu versagen.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG).
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