6R289/25a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Pscheidl und MMag. Klaus im Konkurs über das Vermögen der A* gmbh , FN **, **, vertreten durch die Mag. Herta Bauer Rechtsanwalts-GmbH in Wien, Masseverwalter Dr. B*, Rechtsanwalt in **, über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18.8.2025, **-18, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Das Erstgericht eröffnete mit Beschluss vom 29.4.2025 den Konkurs über das Vermögen der A* gmbh (vormals C* GmbH; künftig: Schuldnerin ) und bestellte Rechtsanwalt Dr. B* zum Masseverwalter. Einem dagegen von der Schuldnerin erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 11.6.2025 zu 6 R 170/25a nicht Folge.
Bereits in seinem ersten Bericht zeigte der Masseverwalter die Masseunzulänglichkeit an. Er verfüge über kein flüssiges Vermögen der Schuldnerin. Die Höhe etwaiger offener Masseforderungen könne er mangels aussagekräftiger Unterlagen nicht konkret beziffern (ON 7).
In seinem zweiten Bericht führte er aus, dass die Masseunzulänglichkeit bis auf weiteres bestehe. Ob die Bestrebungen auf Sanierung der Schuldnerin noch bestünden, sei unklar, weil der Geschäftsführer entgegen ergangener Zusagen bislang keine Unterlagen oder Informationen übermittelt habe. Der Stand des Masseanderkontos zum 5.6.2025 betrage EUR 467,26. Die offene Hälfte der Stammeinlage sei von den Gesellschaftern trotz Aufforderung bislang nicht eingezahlt worden (ON 11).
In der allgemeinen Prüfungstragsatzung vom 26.6.2025 beantragte der Masseverwalter die Schließung des schuldnerischen Unternehmens. Die Vertreterin und der Geschäftsführer der Schuldnerin stimmten dem Antrag zu. Mit Beschluss vom selben Tag bewilligte das Erstgericht die Schließung des Unternehmens, weil die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen Fortbetrieb nicht gegeben seien und eine Fortführung des Unternehmens zu einer Erhöhung des Ausfalls führen würde (ON 12 und 13).
Am 23.7.2025 stellte die Schuldnerin einen Sanierungsplanantrag (ON 16): Demnach sollten die Insolvenzgläubiger 20% ihrer Forderungen erhalten, zahlbar binnen 24 Monaten in vier gleich großen halbjährlichen Quoten zu je 5%. Die erste Teilquote solle innerhalb von sechs Monaten ab Annahme des Sanierungsplans fällig werden, jedoch nicht vor Aufhebung des Konkursverfahrens. Die weiteren Teilquoten wären nach zwölf, 18 und 24 Monaten ab Annahme des Sanierungsplans fällig. Masseforderungen würden zur Gänze befriedigt werden. Aus- und Absonderungsrechte blieben vom Sanierungsplan unberührt.
Die Schuldnerin brachte zusammengefasst vor, dass sie eine Holding sei, deren Zweck in der organisatorischen und finanziellen Strukturierung ihrer fünf Tochtergesellschaften liege. Diese seien wiederum an drei Enkelgesellschaften beteiligt, die zur Durchführung von Bauprojekten geschaffen worden seien. Über das Vermögen einer Enkelgesellschaft sei ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung anhängig, über das Vermögen einer weiteren Enkelgesellschaft ein Konkursverfahren.
Die Forderung der D* werde geprüft. Die Schuldnerin habe gegen diese Gläubigerin Ansprüche auf Rückerstattung überhöhter Zinszahlungen und unzulässiger Gebühren sowie einen Schadenersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung und Aufklärungspflichtverletzung. Die konkrete Anspruchshöhe werde geprüft.
Außerdem habe die Schuldnerin Schadenersatzansprüche gegen die Mag. E* GmbH wegen fehlerhafter Rechtsberatung. Es werde daher angeregt, diese GmbH bzw deren Haftpflichtversicherung zur Zahlung des Schadens aufzufordern.
Die Verbindlichkeiten würden sich aus dem Anmeldeverzeichnis ergeben, die Schuldnerin sei zahlungsunfähig.
Der Masseverwalter beantragte in seiner Stellungnahme die Zurückweisung des Sanierungsplanantrags, weil dieser aus mehreren Gründen unzulässig sei. Unter anderem wandte er ein, dass nicht dargestellt worden sei, wie die Erfüllung des Sanierungsplans finanziert werden solle.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgerichden Sanierungsplanantrag als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, dass ausgehend von der Stellungnahme des Masseverwalters nicht ersichtlich sei, wie der Sanierungsplan erfüllt werden sollte. Es liege daher – neben weiteren, im Beschluss dargelegten Zurückweisungsgründen – jener des § 141 Abs 2 Z 6 IO vor.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Schuldnerin mit dem Antrag, ihn aufzuheben und den Sanierungsplanantrag zur Abstimmung der Gläubiger zuzulassen; hilfsweise wird beantragt, den Beschluss abzuändern und den Sanierungsplan als zulässig zu bestätigen; in eventu den Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung aufzutragen.
Der Masseverwalter beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Darin führt die Schuldnerin zur Finanzierung der Quote aus, dass diese im Antrag noch nicht detailliert aufgeschlüsselt worden sei. Der Grund dafür sei nicht das mangelnde Konzept gewesen, sondern weil die noch ungeklärte Höhe der Gläubigerforderungen maßgeblichen Einfluss auf die Finanzierungsparameter habe. Die endgültige Finanzierungsstruktur werde in Abhängigkeit von den Gesprächen mit den Hauptgläubigern fixiert. Die Schuldnerin sei zuversichtlich, diese noch vor der Abstimmung darlegen zu können. Wie sich mittlerweile gezeigt habe, sei auch die Drittfinanzierung der Sanierungsquote möglich. Eine zwingende Barquote sehe die Insolvenzordnung nicht vor. Allfällige Verbesserungen des Sanierungsplans seien „immer“ möglich.
Dazu war folgendes zu erwägen:
2.1Gemäß § 140 Abs 1 IO kann der Schuldner bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens den Abschluss eines Sanierungsplans beantragen. Im Antrag ist anzugeben, in welcher Weise die Gläubiger befriedigt und sichergestellt werden sollen.
2.2 Der Gesetzgeber hat das Sanierungsplanverfahren einer mehrstufigen strengen Kontrolle durch das Insolvenzgericht unterworfen, das die Interessen aller davon betroffenen Gläubiger – nicht nur jener, die sich an der Abstimmung beteiligen – zu wahren hat (zum Zwangsausgleich: Riel in Konecny/Schubert, InsG § 140 KO Rz 9). Das Gericht hat daher zunächst von Amts wegen, nach Anhörung des Masseverwalters, die Zulässigkeit des Sanierungsplanantrags nach den Kriterien des § 141 IO zu prüfen. Liegen nach dem Ergebnis des gerichtlichen Vorprüfungsverfahrens keine der in § 141 IO genannten Unzulässigkeitsgründe vor, ist der Sanierungsplanantrag in der vom Gericht anzuberaumenden Sanierungsplantagsatzung der Abstimmung durch die Insolvenzgläubiger zu unterziehen (§§ 147 f IO). Nach Erreichen der erforderlichen Mehrheiten bedarf der Sanierungsplan schließlich der gerichtlichen Bestätigung (§ 152 IO).
2.3Der Antrag ist gemäß § 141 Abs 2 Z 6 IO unter anderem dann unzulässig, wenn die Erfüllung des Sanierungsplans offensichtlich nicht möglich sein wird, wobei Forderungen aus Eigenkapital ersetzenden Leistungen nicht zu berücksichtigen sind. Dieser Tatbestand liegt nur bei einer evidenten Nichterfüllbarkeit vor, sodass auf eine „offenbare“ Nichterfüllbarkeit abzustellen ist (OLG Wien RW0000412; 6 R 35/24x ua; Riel in Konecny/Schubert, InsG § 141 KO Rz 33 mwN: „Gewissheit in Bezug auf die negative Erfüllbarkeitsprognose“). Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 141 Abs 2 Z 6 IO stehen dem Konkursgericht in der Regel die Angaben der Schuldnerin im Sanierungsplanantrag sowie die Berichte und Stellungnahmen des Masseverwalters zur Prüfung der voraussichtlichen Erfüllbarkeit des Sanierungsplans zur Verfügung. Der Bericht des Masseverwalters bildet für die erforderliche Beurteilung eine wesentliche Grundlage (RS0119977; OLG Wien 6 R 35/24x ua).
2.4 Von offensichtlicher Unerfüllbarkeit ist etwa bei Sanierungsplananträgen auszugehen, deren Erfüllung mangels Vermögens und Einkommens von der nicht sichergestellten Finanzierung Dritter oder dem völlig ungewissen Ausgang eines Verfahrens abhängen. Gleiches gilt etwa auch für eine erwerbslose Schuldnerin, die dem Sanierungsplan ein hypothetisches, allerdings nicht einmal bescheinigtes, zukünftiges Einkommen zugrunde legt, das überdies bei weitem nicht für die Erfüllung der Quote ausreicht. Gerade bei Masseunzulänglichkeit ist ein Sanierungsplan ohne eine konkrete und verbindliche Finanzierungszusage von dritter Seite grundsätzlich offenbar unerfüllbar ( Nunner-Krautgasser/Anzenberger in KLS 2 § 141 Rz 28 mwN, 34; Mohr, IO 11 § 141 E 22 f, 26; OLG Wien, 6 R 35/24x ua).
3.1 Im vorliegenden Fall zeigte der Masseverwalter die Masseunzulänglichkeit an. Daraus folgt, dass eine konkrete und verbindliche Finanzierungszusage für den Sanierungsplanantrag erforderlich ist, widrigenfalls dieser als unerfüllbar zu qualifizieren ist.
3.2 Der Sanierungsplanantrag der Schuldnerin enthält keine konkrete Darstellung einer Finanzierung. Dies wird im Rekurs auch zugestanden mit der Begründung, dass die Finanzierung von der Höhe der Gläubigerforderungen abhänge.
3.3 Soweit die Schuldnerin im Rekurs behauptet, dass nun „auch die Drittfinanzierung der Sanierungsquote möglich sei“, bleibt dieses Vorbringen substanzlos. Selbst in ihrem eigenen Schreiben vom 7.8.2025 gesteht die Schuldnerin zu, dass ihre pauschale Behauptung der Fremdfinanzierung unzureichend sei (ON 17, AS 188).
3.4Zusammengefasst zeigt die Schuldnerin keine Umstände auf, die trotz angezeigter Masseunzulänglichkeit dafür sprechen würden, dass der Sanierungsplan nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht offenkundig unerfüllbar wäre. Damit liegt der Unzulässigkeitsgrund des § 141 Abs 2 Z 6 IO vor.
3.5 Auf die weiteren, vom Erstgericht herangezogenen und vom Rekurs in Abrede gestellten Gründe für die Unzulässigkeit des Sanierungsplanantrags kommt es daher nicht an.
4. Der Sanierungsplanantrag wurde vom Erstgericht zu Recht zurückgewiesen, weshalb der Rekurs ohne Erfolg bleibt.
5.Der Revisionsrekurs ist gemäß § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.