Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen § 105 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Genannten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 8. Mai 2025, GZ **-11.3, durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Primer und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder gemäß §§ 470 Z 3, 489 Abs 1 StPO nichtöffentlich zu Recht erkannt:
In Stattgebung der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen .
Mit seiner weiteren Berufung wird der Angeklagte auf die Kassation verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (und entgegen der Anklage nicht auch des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 15, 125 StGB) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39a Abs 1 Z 4, Abs 2 Z 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.
Danach hat er am 3. Jänner 2025 in ** dadurch, dass er eine Brechstange zur Hand nahm, auf den von B* gelenkten PKW Audi A6 und den von C* D* gelenkten PKW VW Polo, nachdem die Genannten ihm mit ihren Fahrzeugen gefolgt waren, zustürmte und andeutete, auf die Fahrzeuge einzuschlagen, B* und C* D* durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von weiteren Verfolgungshandlungen, genötigt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das Zusammentreffen von zwei Vergehen als erschwerend, hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel als mildernd.
Gleichzeitig ordnete das Erstgericht - mit nicht gesondert ausgefertigtem Beschluss (siehe jedoch RIS-Justiz RS0126528; RS0101841[T1]) – für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe an.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 12), zu ON 15 fristgerecht zur Ausführung gelangte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, der im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zukommt.
Bei der Behandlung der Berufungspunkte und Nichtigkeitsgründe geht eine wegen des Ausspruchs über die Schuld erhobene Berufung einer Rüge wegen der Z 9 bis 10a des § 281 Abs 1 (§ 468 Abs 1 Z 4) StPO vor, jener wegen formeller Nichtigkeitsgründe jedoch nach ( Ratz , WK StPO § 476 Rz 9).
Der zunächst zu behandelnden Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gelingt es, - entgegen der Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft - erhebliche Zweifel an der tatrichterlichen Beweiswürdigung zu wecken, die das Erstgericht seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat.
Ausgehend davon ist zunächst festzuhalten, dass das den inkriminierten Taten vorangegangene Geschehen vom 3. Jänner 2025, nämlich die Verfolgung des Angeklagten, im Wesentlichen unstrittig ist, wobei die Berufung zu Recht moniert, dass wesentliche Punkte nicht ausreichend präzise festgestellt wurden und somit in der Erörterung unbeachtet blieben. Bedenken bestehen insbesondere darin, dass das Erstgericht den Tatvorwurf gegen den Angeklagten losgelöst vom unmittelbar zuvor erfolgten Geschehen beurteilt hat.
Das Erstgericht stellte zunächst fest (US 2), dass es in der jüngeren Vergangenheit des 3. Jänner 2025 zu wiederholten Auseinandersetzungen mit wechselseitigen Feindseligkeiten und Schikanen zwischen dem Angeklagten auf der einen Seite und B* und E* D* auf der andern Seite gekommen sei. Als B* am 3. Jänner 2025 das Fahrzeug des Angeklagten in unmittelbarer Nähe des Wohnorts des C* D*, bei welchem es sich um den Bruder des E* D* handelt, wahrgenommen habe, habe er beschlossen, ihn wegen dessen Aufenthalts an dieser Örtlichkeit und da er sich in der Vergangenheit bereits wiederholt ohne erkennbaren Anlass in der Nähe der Wohnorte von E* D* und B* aufgehalten habe, zur Rede zu stellen und sei mit seinem PKW des Typs Audi A6, in welchem sich auch die mit ihm befreundete F* befunden habe, dem Fahrzeug des Angeklagten gefolgt. Nachdem B* dem Angeklagten bereits einige Minuten lang gefolgt sei und der Angeklagte auch einmal sein Fahrzeug angehalten und dieses verlassen habe, ohne dass es zu einer Kontaktaufnahme zwischen den beiden gekommen sei, habe auch C* D*, mit welchem sich E* D* und die mit ihm befreundete G* im Fahrzeug befunden haben, mit einem PKW des Typs VW Polo, der seinem Vater H* D* gehörte, begonnen dem Angeklagten zu folgen. Nachdem B* und C* D* dem Angeklagten einige Zeit lang gefolgt seien, sei dieser in ** in eine Sackgasse eingefahren und habe sein Fahrzeug dort angehalten.
Dass sich im Fahrzeug des B* vier Personen (siehe dessen polizeiliche Angaben ON 2.11, 4) und im Fahrzeug des E* D* drei Personen (siehe dessen polizeiliche Angaben ON 2.9, 3), welche teilweise gar nicht vernommen wurden, befanden, der Angeklagte somit von insgesamt zwei Fahrzeugen und sieben Personen über einen Zeitraum von ca 20 bis 30 Minuten und eine Strecke von ca 20 Kilometern verfolgt wurde, ist den erstgerichtlichen Feststellungen jedoch nicht deutlich zu entnehmen. Wie die Verfolgung durchgeführt wurde, geht aus den Feststellungen des Erstgerichts ebenfalls nicht hervor. Es verwarf zwar die Angaben der Zeugin I*, wonach die Verfolger ihnen tatsächlich aufgefahren wären (ON 11.2, 18), erörterte aber nicht die Angaben des Angeklagten, wonach die „uns fast ein paar Mal angefahren haben“ (ON 11.2, 5), weshalb er geglaubt habe, dass sie auf „was Ärgeres“ aus seien. Alle Beteiligten schilderten im Wesentlichen übereinstimmend, dass der Angeklagte auch über Feld- und Schotterwege verfolgt wurde. Aber bereits die Art und Weise, wie die Verfolgung stattgefunden hat, ist wesentlich für die Beurteilung des weiteren Verhaltens des Angeklagten und auch dessen Glaubwürdigkeit, weil er mehrfach versicherte (ON 11.2, Seiten 2 ff, 14), Angst gehabt und lediglich gewollt zu haben, dass die Verfolgungshandlungen aufhören. Die Zeugin I* bestätigte, dass der Angeklagte Angst hatte (ON 11.2, 19 und 21). Die Zeugin G* beschrieb den Fahrstil des Angeklagten bei der Verfolgung als aggressiv, er sei mit erhöhter Geschwindigkeit gefahren (ON 11.2, 38), wobei das Erstgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, wer das Fahrzeug gelenkt hat. Die Zeugin J* schilderte, sie haben mehrmals versucht wegzukommen und sich bedroht gefühlt (ON 11.2, 46 f).
Auch wenn der Angeklagte amtsbekannt ist (ON 2.2, 2) und möglicherweise das Fahrzeug gelenkt hat, ohne über einen Führerschein zu verfügen und deshalb nicht die Polizei rufen wollte (ON 2.8, 3), handelt es sich dabei um keine wesentlichen Umstände bei Beurteilung des konkreten Tatgeschehens.
Das Erstgericht stützte seine Feststellungen zum Tathergang im Wesentlichen auf die Angaben der Zeugen B*, C* D* und G*, die für das Gericht schlüssig waren, insbesondere dass der Zeuge B* den Angeklagten in der Vergangenheit über eine Standort-App in der Nähe der Wohnorte der Freundesgruppe wahrgenommen hatte und sie ihn deshalb zur Rede stellen wollten (US 3).
Das Erstgericht setzte sich auch damit auseinander, dass die Zeugen B*, C* D*, G* und F* allesamt die Situation dahingehend einschätzten, dass der Angeklagte tatsächlich versucht hatte, die Fahrzeuge mit der Brechstange zu treffen, was nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nachvollziehbar sei (US 5).
Den berechtigten Einwand des Angeklagten, warum die Personen ihn nicht telefonisch kontaktierten, konnten die Zeugen jedoch nicht schlüssig entkräften.
Die Zeugin G* bestätigte, dass der Angeklagte mit dem Zeugen B* durch die Standort-App verbunden war (ON 11.2, 34 f). Der Zeuge C* D* führte aus, die Telefonnummern nicht zu haben (ON 11.2, 30). Der Zeuge E* D* gab an, die Nummer des Angeklagten nicht eingespeichert zu haben (ON 11.2, 31 und 34), gleichzeitig führte er aber aus, ihn kurz zuvor blockiert zu haben bzw dass niemand daran gedacht habe, den Angeklagten anzurufen.
Da jedoch einerseits eine Verbindung über die Standort-App bestand und die Zeugen auch nicht nachvollziehbar erklären konnten, weshalb eine Verfolgung durch so viele Personen erforderlich gewesen sein soll, erscheinen die Angaben dieser Personengruppe, weshalb der Angeklagte nicht auf andere Weise als durch Verfolgung mit zwei PKWs zur Rede gestellt wurde, äußerst fragwürdig.
Nach den weiteren erstgerichtlichen Feststellungen ist der Angeklagte in eine Sackgasse eingefahren, die beiden anderen Fahrzeuge hielten vor der Sackgasse an (US 2). Nach den Angaben des Angeklagten habe er deshalb die Sackgasse nicht mehr verlassen können (ON 11.3, 4). Die Zeugen wurden dazu nicht befragt. Der Zeuge B* gab im Ermittlungsverfahren an, gegenüber von der Sackgasse am Fahrbahnrand mit laufendem Motor stehen geblieben zu sein (ON 2.11, 4).
Den Umstand, ob der Angeklagte eine andere Möglichkeit gehabt hätte, dieser Situation zu entkommen, ohne dass zuvor die verfolgenden Personen mit ihren Fahrzeugen die Örtlichkeit verlassen, hat das Erstgericht bei der Befragung der Zeugen und in seinen Erwägungen völlig unbeachtet gelassen.
Zutreffend zeigt der Berufungswerber daher auf, dass das Erstgericht den von ihm behaupteten Umstand, dass er durch das von seinen Verfolgern angehaltene Fahrzeug vor der Sackgasse an einem Verlassen derselben gehindert worden sei und damit keine Möglichkeit gehabt habe, sich der Verfolgung durch die Zeugen und deren Fahrzeuge zu entziehen, nicht erörtert hat.
Gerade dieser Umstand ist jedoch geeignet, die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu erschüttern, weil die weiteren, dem Angeklagten angelasteten Tathandlungen, unmittelbar danach erfolgten.
Nach der Verantwortung des Angeklagten sei er aufgrund der Verfolgung unter Schock gestanden und habe aus Angst reagiert, er habe sich bedroht gefühlt, weil die anderen ihn verfolgt haben (ON 11.2, Seiten 2, 4, 5). Er habe die Stange zur Selbstverteidigung genommen, weil er Angst davor gehabt habe, „dass die jetzt irgendwie uns schaden wollen“ (ON 11.2, 5).
Völlig unerörtert blieb, welchen Zweck die im Fahrzeug befindlichen Personen verfolgten, obwohl sie dieses trotz Vorhabens, den Angeklagten zur Rede zustellen, zunächst nicht verlassen hatten. Dazu wären Erwägungen, weshalb das Verhalten der verfolgenden Personen auf den Angeklagten nach einer kilometerlangen Verfolgung nicht angsteinflößend sein sollte, erforderlich, auch wenn diese zunächst das Fahrzeug nicht verließen.
Weshalb der Zeuge B* in ** bei der Einfahrt zur Sackgasse „unsicher“ (vgl ON 11.2, 11) gewesen sein soll, obwohl er mit einer weiteren Personengruppe den Angeklagten verfolgt hatte und jederzeit die Verfolgung beenden und seinen Aufenthaltsort verlassen hätte können, erschließt sich für das Berufungsgericht ebenfalls nicht.
Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist das Verhalten der verfolgenden Personen nicht als „passiv“ (US 8) zu beurteilen, auch wenn diese ihre Fahrzeuge nicht verlassen haben, weil zuvor die sich in der Nacht über mehrere Kilometer erstreckte Verfolgung ohne nachvollziehbaren Grund und in weiterer Folge das Anhalten der Fahrzeuge vor der Sackgasse stattgefunden hat. Denn die verfolgende Personengruppe konnte keinesfalls darlegen, weshalb diese über einen derart langen Zeitraum erforderlich gewesen wäre. Auch das Erstgericht hat keinen rechtfertigenden Grund dafür genannt.
Ausgehend davon hegt das Berufungsgericht Zweifel an den Erwägungen des Erstgerichts, wonach auch der Angeklagte subjektiv nicht von einem drohenden Angriff durch eine der an dem Vorfall beteiligten Personen ausgegangen sei (US 7). Dies wurde vor allem damit begründet, dass keiner der anderen Beteiligten das Fahrzeug verlassen habe. Das Erstgericht setzt sich dabei aber nicht mit der Situation des Angeklagten, der sich in einer Sackgasse befand und zuvor von zwei Fahrzeugen und sieben Personen (vgl ON 12) verfolgt worden war, auseinander. Dass der Angeklagte selbst keinen nachvollziehbaren Grund dafür angeben konnte (US 7), ändert nichts daran, dass er nach der Verfolgung offenbar eine Möglichkeit suchte, der Situation zu entkommen. Der Ansicht, weshalb der sich in deutlicher Unterzahl befindliche Angeklagte sein Auto nicht hätte verlassen sollen, was die Fragestellung des Gerichts nahelegt (siehe ON 11.2, 4 ff), kann daher nicht gefolgt werden.
Erhebliche Zweifel bestehen jedoch an dem vom Erstgericht festgestellten Sinngehalt der Aushol- und Schwungbewegungen des Angeklagten.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs deutete der Angeklagte an, mit der Brechstange auf die Fahrzeuge einzuschlagen, um B* und C* D* durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von weiteren Verfolgungshandlungen, zu nötigen (US 1). Festgestellt wurde, dass die beiden Aushol- und Schwungbewegungen des Angeklagten sinngemäß bedeutet haben, er würde mit der von ihm gehaltenen Brechstange auf die von B* und C* D* gelenkten Fahrzeuge einschlagen und dadurch schwere Beschädigungen an den beiden Fahrzeugen verursachen sowie nachfolgend auch die Fahrzeuginsassen unter Verwendung der Brechstange körperlich angreifen und diese dadurch am Körper verletzen (US 3).
Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt (US 6 f): „Der Bedeutungsinhalt der Aushol- und Schwungbewegungen des Angeklagten waren aus diesen Handlungen selbst in Zusammenschau mit dem anhaltenden Konflikt der Angeklagten und den Zeugen B* und D* sowie der aufgrund der Verfolgungshandlungen zugespitzten Situation zu schließen. Da der Angeklagte seine Schwungbewegungen mit der Brechstange unmittelbar in Richtung der beiden Fahrzeuge ausführte, bestand kein Zweifel daran, dass er damit in Aussicht stellte, diese mit weiteren Schlägen zu treffen, woraus sich bei lebensnaher Betrachtung jedenfalls erhebliche Schäden an den Fahrzeugen ergeben würden. Das Gericht war jedoch davon überzeugt, dass die Handlungen aufgrund des überfallsartigen aggressiven Auftretens des Angeklagten, der nach den Schilderungen der Zeugen B*, E* und C* D*, F* und G* unmittelbar oder nach bloß kurzem Zuwarten ohne Vorwarnung sofort die Schwungbewegungen mit der Brechstange ausführte, als Ankündigung auch von in weiterer Folge ausgeführten Angriffen mit der Brechstange gegen die Fahrzeuginsassen zu interpretieren war, wobei Schläge mit einer Brechstange üblicherweise zwingend zum Erleiden von Körperverletzungen führen.“.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die „aufgrund der Verfolgungshandlungen zugespitzte[n] Situation“ am 3. Jänner 2025 ausschließlich auf das Verhalten der Verfolgergruppe zurückzuführen ist, woran auch nicht näher konkretisierte wiederholte Auseinandersetzungen mit wechselseitigen Feindseligkeiten und Schikane (US 2) im Vorfeld nichts zu ändern vermögen. Das Erstgericht hätte sich mit dem unmittelbar vor den gegenständlichen Tathandlungen zugetragenen Geschehen jedenfalls kritisch auseinandersetzen müssen. Dies umso mehr, als es die Erklärung des Angeklagten zu den ihm vorgeworfenen Tathandlungen verwarf. Dieser gab nämlich an, Angst gehabt zu haben, was aufgrund der Verfolgung von sieben Personen bis in eine Sackgasse auch nachvollziehbar ist. Weshalb das Erstgericht daher für die Begründung des Bedeutungsinhalts ein überfallsartiges aggressives Auftreten des Angeklagten annimmt, obwohl dieser – entgegen der Verfolgergruppe, die einfach die Verfolgung beenden hätte können – eigenen Angaben zufolge keine Möglichkeit gesehen hat, der Situation zu entkommen, ist nicht lebensnah. Weshalb der Sinngehalt der Ausholbewegung des Angeklagten als Drohung mit einer Körperverletzung anzusehen gewesen wäre, überzeugt daher bei gesamter Betrachtung des Geschehens nicht. Der Angeklagte befand sich gegenüber der Verfolgergruppe in der Minderzahl, er richtete seine Ausholbewegungen lediglich gegen die geschlossenen Fahrzeuge, ohne etwa die Insassen aufzufordern, das Auto zu verlassen oder die Tür zu öffnen.
Damit erweisen sich die erstgerichtlichen Erwägungen auch vor dem Hintergrund der amtswegigen Pflicht zur Wahrheitsforschung als keineswegs nachvollziehbar.
Das Erstgericht wäre gerade bei bestehenden Zweifeln an der Aussage des Angeklagten dazu angehalten gewesen, (in gedrängter Darstellung) den gesamten Inhalt seiner Aussage zu würdigen und die Entscheidungsgrundlage durch von ihm aufgeworfene wesentliche Punkte, wonach es zunächst zu einer Verfolgung von zwei PKWs und sieben Personen gekommen sei, er keine Möglichkeit gehabt habe, die Sackgasse zu verlassen, und deshalb aus Angst gehandelt habe, in der Hauptverhandlung durch entsprechende Fragestellung an sämtliche Beteiligte zu verbreitern.
Auch jene - die Verantwortung des Angeklagten untermauernden - Erwägungen, die das Erstgericht zur vorgeworfenen versuchten Sachbeschädigung - entgegen den Angaben der Zeugen - ableitete (US 5), stoßen beim Berufungsgericht auf Bedenken, folgte das Erstgericht einerseits den Angaben des Angeklagten, wonach er nicht versucht hatte, die Fahrzeuge mit der Brechstange zu treffen (US 5), andererseits aber seine Ausholbewegungen dahingehend deutete, dass die abweichenden Angaben der Zeugen, obwohl diese auf das Gericht glaubhaft wirkten, bedenkenlos durch das von mehreren Zeugen geschilderte entschlossene Auftreten des Angeklagten, den seit längerer Zeit bestehenden Konflikt, welcher nachvollziehbar machte, dass dem Angeklagten subjektiv eine schädigende Gesinnung zugeschrieben wurde, und der persönlichen Aufregung in der Situation, was zu einer dramatisierten Wahrnehmung führen kann, zu erklären waren (US 5).
Allerdings befinden sich im gesamten Akt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Geschehen am 3. Jänner 2025 vom Angeklagten ausgegangen ist, ist er doch etwa auch – als er zum ersten Mal aus seinem Fahrzeug ausgestiegen ist – nicht auf die ihn verfolgende Personengruppe zugegangen, sondern erst zu einem Zeitpunkt, als er seinen eigenen Angaben zufolge aus der Sackgasse nicht mehr ausfahren habe können (ON 11.2, 4).
Aufgrund der aufgezeigten erheblichen Bedenken gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung, die eine abschließende tatsächliche und rechtliche Beurteilung hindern, ist das angefochtene Urteil in Stattgebung der Berufung wegen Schuld gemäß §§ 470 Z 3, 489 Abs 1 StPO bereits nichtöffentlich aufzuheben und das Verfahren zur Beweis-ergänzung im aufgezeigten Umfang und neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Im weiteren Verfahren wird das Erstgericht daher die Entscheidungsgrundlage im oben aufgezeigten Sinn zu verbreitern, widersprechende Beweisergebnisse zu erörtern, den Angeklagten und die Zeugen damit zu konfrontieren und unter Berücksichtigung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismittel, des gewonnenen persönlichen Eindrucks sowie der für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände eine wohlbegründete Entscheidung zu treffen haben. Besonderes Augenmerk wird bei der Befragung des Angeklagten und der Zeugen auch auf die näheren Umstände, unter denen der Angeklagte das ihm vorgeworfene Verhalten setzte und welche alternativen Handlungsmöglichkeiten er gehabt hätte, um aus der Sackgasse zu entkommen, zu legen sein. Davon ausgehend wird der Sinngehalt der Aushol- und Schwungbewegungen zu beurteilen sein.
Sollte das Erstgericht auch nach Verfahrensergänzung zu dem Schluss kommen, dass in rechtlicher Hinsicht der objektive und subjektive Tatbestand des § 105 Abs 1 StGB erfüllt ist, wären im Hinblick auf den funktionalen Waffenbegriff (RIS-Justiz RS0093928) genaue Feststellungen über die Beschaffenheit des verwendeten Brecheisens zu treffen. Der Sinngehalt der angenommenen Drohung ist unter Berücksichtigung des gesamten Geschehens festzustellen und ausreichend zu begründen.
Zu prüfen wird auch sein, ob das dem Angeklagten zur Last liegende Tatgeschehen den gleichen Tatbestand in kurzer zeitlicher Abfolge bei einheitlicher Motivationslage erfüllt (die verfolgenden Personen zur Abstandnahme von weiteren Verfolgungshandlungen zu bringen) und im Sinne einer tatbestandlichen Handlungseinheit das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB nur einmal verwirklicht ist (RIS-Justiz RS0120233 sowie RS0122006, siehe zum Vergehen der Nötigung insbesondere OGH 11 Os 20/16z) oder ob zwei Willensentschlüsse vorliegen.
Ausgehend von den getroffenen Feststellungen wäre aufgrund der Verantwortung des Angeklagten das allfällige Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 StGB bzw § 105 Abs 2 StGB zu prüfen.
Weil somit bereits vor der öffentlichen Verhandlung über die Berufung feststeht, dass das Urteil aufzuheben und die Verhandlung in erster Instanz unter Aufnahme von Beweisen zu wiederholen sein wird, ist gemäß § 489 Abs 1 iVm § 470 Z 3 StPO vorzugehen (vgl Kirchbacher , StPO 15 § 470 Rz 3; RIS-Justiz RS0101741).
Mit seiner weiteren Berufung ist der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
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