Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Wilder als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Frigo und Mag. Seidenschwann, LL.B. (WU) , als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 18. September 2025, GZ ** 8, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Die am ** geborene ungarische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt Schwarzau die über sie mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 7. Februar 2025, AZ **, wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB verhängte zweijährige Freiheitsstrafe.
Das Strafende fällt auf den 6. November 2026.
Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach der Hälfte der Strafzeit werden am 6. November 2025, jene nach zwei Dritteln werden am 6. März 2026 erfüllt sein.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 8) lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht A* verzichtete auf ihre Anhörung (vgl ON 6; Pieber in WK 2 § 152a Rz 1 unter Verweis auf 18 Bs 106/18x Oberlandesgericht Wien) die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Halbstrafe in Übereinstimmung mit der ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt (ON 1.2) aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen ab. Der Anstaltsleiter hatte sich zuvor nicht gegen eine bedingte Entlassung der Genannten ausgesprochen (ON 6, 2).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach Beschlussausfolgung erhobene (ON 9), unausgeführt gebliebene Beschwerde der Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Das Erstgericht stellt im bekämpften Beschluss die vollzugsgegenständliche Verurteilung, die für die bedingte Entlassung maßgebliche Norm des § 46 StGB, somit die Sach- und Rechtslage zutreffend fest, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).
Für die Entscheidung über die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag sind gemäß § 46 Abs 1 und 2 StGB spezial- und generalpräventive Erwägungen maßgeblich. Entscheidend ist, ob der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird (Spezialprävention; § 46 Abs 1 StGB) und bejahendenfalls, ob es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise noch des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Generalprävention; § 46 Abs 2 StGB).
Die Verweigerung einer bedingten Entlassung aus generalpräventiven Gründen setzt gewichtige Umstände voraus, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern – im Sinne positiver Generalprävention – auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 § 46 Rz 18). Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grundes verweigert werden ( Jerabek/Ropper aaO 16). Die Wortfolge „Schwere der Tat“ (§ 46 Abs 2 StGB) stellt auf den sozialen Störwert (die kriminelle Bedeutung [RIS-Justiz RS0091863]) einer Tat ab, der durch Handlungs- und Erfolgsunwert determiniert wird, wobei auf die durch die jeweilige Tat im Speziellen hervorgerufenen Begleitumstände Rücksicht zu nehmen ist.
Der Anlassverurteilung liegt – zusammengefasst - ein bewaffneter Raub (unter Vorhalt eines Jagdmessers mit 15 cm Klingenlänge, um die Trafikantin zur Öffnung der Kassenlade zu bewegen) zugrunde, den A* gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten beging, um sich ihre triste finanziellen Lage (A* verlor kurz zuvor ihre Anstellung als Kellnerin und war arbeitssuchend) aufzubessern und eine Urlaubsreise nach Ägypten zu finanzieren. Die Tat wurde ein paar Tage im voraus geplant, die Lebensgefährten reisten eigens zur Tatausführung ins Bundesgebiet ein, A* kundschaftete kurz vor der Tat die Tatörtlichkeit im Zuge eines Kaufs eines Feuerzeugs aus und trugen beide Sturmhauben bei der Tatausführung (US 4 ff, ON 8).
Einer bedingten Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt stehen generalpräventive Erwägungen entgegen. So hat der Gesetzgeber mit der Normierung eines Strafrahmens für die dem Strafvollzug zugrunde liegenden strafsatzbestimmende strafbare Handlung des schweren Raubes (§ 143 Abs 1 StGB) von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe eine Vorbewertung zum Ausdruck gebracht, dass es sich um ein Delikt mit einem auffallend hohen sozialen Störwert handelt. Dies wird weiters durch die den Strafrahmen (vgl 11 Os 47/25h) bestimmende Norm des – hier im konkreten Fall anwendbaren - § 39a Abs 1 Z 5 (iVm Abs 2 Z 4) StGB zum Ausdruck gebracht. Mit Blick auf die oben geschilderten Tatumstände und die Tatmotivation sowie unter Berücksichtigung der (schweren) Tatfolgen, die in einer gravierenden psychischen Belastung des Tatopfers mit wiederholten Panikattacken (das Tatopfer konnte das Haus nicht verlassen) und einer Arbeitsunfähigkeit von rund zwei Monaten und der Notwendigkeit einer Psychotherapie liegen, liegt just jener Grad der Schwere der Tat vor, der einer bedingten Entlassung unüberwindbar entgegensteht. Dabei gilt es auch, potentielle Straftäter nachdrücklich von derartigem „Kriminaltourismus“ abzuhalten und das Vertrauen der normtreuen Bevölkerung in die Strafjustiz zu stärken (positive und negative Generalprävention [
Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.
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