JudikaturOLG Wien

18Bs64/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung der Europäischen Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Juli 2024, GZ **-78.3, nach der am 2. Oktober 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Frohner, im Beisein der Richterinnen Mag. Lehr und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des delegierten Europäischen Staatsanwaltes DDr. Kmetic, des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. Okan Kaya durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil – das auch einen unbekämpft gebliebenen Verfallsausspruch enthält – wurde der am ** in ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 22 Monaten, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von 16 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er von 8. Juni 2022 bis 15. März 2023 in ** als Komplementär der B* KG mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) Verfügungsberechtigte der mit der Abwicklung der Förderung „Reparaturbonus“ betrauten C* GmbH in 1.041 Angriffen durch Täuschung über Tatsachen, indem er Anträge zur Auszahlung der Förderung „Reparaturbonus“ stellte, dabei nicht erfolgte Reparaturen unter Angabe unrichtiger Kundendaten geltend machte und inhaltlich unrichtige Rechnungen darüber vorlegte, um damit das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erhalt der Förderungen nachzuweisen, zur Auszahlung von 161.669 Euro verleitet (I./) und von 40.080 Euro zu verleiten versucht (II./), wodurch die Republik Österreich in diesen Beträgen im Vermögen geschädigt wurde bzw geschädigt werden sollte.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die Mehrfachqualifikation (§ 33 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB) als erschwerend, hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB), und das teilweise (Faktum II./) reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) als mildernd.

Nach Zurückweisung der gegen das Unterbleiben der Subsumtion auch als Verbrechen des ausgabenseitigen Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union nach §§ 168f Abs 1 Z 1 und Abs 4 erster Fall, 15 StGB erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Europäischen Staatsanwaltschaft mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 25. Februar 2025, GZ 11 Os 124/24f-4 (ON 85.3), ist nunmehr über deren Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 82) zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters. Dabei hat das Gericht die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte (§ 32 StGB).

Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und zutreffend gewichtet. Im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB aggraviert die vielfache Überschreitung der Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB (vgl dazu Riffel , WK² StGB § 32 Rz 77).

Der Anklagebehörde, die eine Erhöhung der Freiheitsstrafe und die Ausschaltung der teilbedingten Strafnachsicht anstrebt, gelingt es nicht, weitere Erschwerungsgründe aufzuzeigen. Die Schadenshöhe und das planvolle Vorgehen wurden vom Erstgericht ausreichend berücksichtigt. Dass der Angeklagte zur Tatbegehung eine Scheinfirma gegründet hat, ist den erstgerichtlichen Feststellungen nicht zu entnehmen.

Zugunsten des Angeklagten kommt nunmehr ein nicht von ihm zu vertretender mehrmonatiger Verfahrensstillstand hinzu, weil der Akt am 11. März 2025 beim Berufungsgericht einlangte, am 13. März 2025 der Europäischen Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme übermittelt und diese nach Urgenzen am 16. Juni 2025 und am 13. August 2025 erst am 14. August 2025 eingebracht wurde.

Bei objektiver Abwägung der zum Vorteil des Angeklagten präzisierten Strafzumessungslage und unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe erweist sich unter Bedachtnahme darauf, dass das Ausmaß der verhängten Strafe in einer realistischen Relation zum Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Tat bleiben muss (RIS-Justiz RS0090854), fallbezogen die mit etwas mehr als einem Drittel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens ausgemessene Sanktion als schuld- und tatangemessen sowie dem sozialen Störwert der Straftat und generalpräventiven Aspekten gerecht werdend.

Für eine Erhöhung der verhängten Sanktion bietet weder das Berufungsvorbringen noch der Akteninhalt begründeten Anlass.

Mit ihrem Begehren auf Ausschaltung des § 43a Abs 3 StGB ist die Europäische Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht im Recht. Aufgrund des verspürten Haftübels über einen Zeitraum von mehreren Monaten ist davon auszugehen, dass der Angeklagte die Konsequenzen fortgesetzten strafbaren Verhaltens erkannt hat und der Vollzug eines Teils der Strafe ausreichend ist, um ihn, aber auch andere von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten, und ihnen deutlich vor Augen zu führen, dass bei Herbeiführung eines massiven volkswirtschaftlichen Schadens der Rechtsstaat nicht nur mit adäquaten Freiheitsstrafen reagiert, sondern diese auch – zumindest teilweise - unmittelbar in Vollzug setzt.

Somit ist der Berufung ein Erfolg zu versagen.

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