JudikaturOLG Wien

30Bs35/25d – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Steindl als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Pasching und Dr. Hornich LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 130 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Jänner 2025, GZ ** 3, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Staatsanwaltschaft Wien führt zu ** ein Ermittlungsverfahren gegen A* wegen des Verdachts des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 StGB.

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht zeitlich befristet bis 23. März 2025 die auf §§ 117 Z 2, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO gestützte Anordnung der Staatsanwaltschaft auf Durchsuchung der Wohnung (samt Nebenräumlichkeiten) des Beschuldigten in ** (Punkt I./).

Infolge der staatsanwaltschaftlichen Anordnung, deren Begründung sich das Erstgericht durch Verweis darauf zu Eigen machte (RIS Justiz RS0124017), steht A* im Verdacht, in einem noch festzustellenden Zeitraum im Jahr 2024 in ** gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich zumindest 50 noch festzustellende Ersatzteile für diverse Fahrzeuge zu einem noch festzustellenden Wert Verfügungsberechtigten der B* C* GmbH in einer Vielzahl von Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen zu haben, indem er die genannten Gegenstände an sich nahm und aus der Werkstatt verbrachte.

Der Tatverdacht gründe auf den bisherigen Ermittlungen der PI ** (ON 2.2), insbesondere den Angaben des D* C* (ON 2.4), denen zufolge er auf einer dem Beschuldigten (aus näher angeführten Gründen) zuordenbaren Verkaufsplattform angebotene Ersatzteile als sein Eigentum identifiziert habe.

Es sei zu erwarten, dass sich an der Wohnanschrift des Beschuldigten Gegenstände (Diebesgut) und Spuren, die aus Beweisgründen sowie zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche und vermögensrechtlicher Anordnung sicherzustellen oder auszuwerten seien, befinden.

Die Vorgehensweise stünde zur Bedeutung der Sache nicht außer Verhältnis, weil sie für die Aufklärung eines „Verbrechens“ mit einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe unbedingt erforderlich sei und vergleichsweise erfolgsversprechende andere Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhalts nicht existierten.

Anlässlich der am 27. Jänner 2025 vollzogenen Hausdurchsuchung wurde dem vor Ort anwesenden Beschuldigten eine Ausfertigung der Durchsuchungsanordnung ausgefolgt (ON 8.3,2).

Gegen den die Durchsuchungsanordnung bewilligenden Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des A* (ON 6.2), in der eine nicht hinreichende Begründung der Annahme einer gewerbsmäßigen Tatbegehung, die fehlende Konkretisierung des modus operandi, des Diebesguts und der sicherzustellenden Gegenstände beanstandet sowie – ausgehend von einem allenfalls nur nach § 127 StGB zu begründenden Tatverdachts - die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme behauptet wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die Durchsuchung von Ort und Gegenständen (§ 117 Z 2 StPO) ist nach § 119 Abs 1 StPO zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort eine Person, die einer Straftat verdächtig ist, oder Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bewilligung einer Durchsuchung durch das Beschwerdegericht hat sich auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das Erstgericht zu beziehen („ex ante“ Perspektive; RIS Justiz RS0131252). Nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die aus späterer Sicht zur Annahme führen, es fehle an einer Durchsuchungsvoraussetzung, machen die seinerzeitige Entscheidung nicht rechtswidrig (RIS Justiz RS0131252).

Neben dem Bestehen eines Anfangsverdachts der Begehung einer Straftat bedarf es eines begründeten Verdachts, dass sich der Verdächtige oder die gesuchten Gegenstände am Durchsuchungsort befinden, wobei dieser Verdacht vor dem Eingriff hinreichend bestimmt und der begehrte Gegenstand zumindest seiner Art nach konkretisiert sein muss. Zur bloßen Gewinn von Verdachtsgründen oder nach Abschluss der Untersuchung bei bereits erwiesenem oder beseitigtem Tatverdacht angeordnete Maßnahmen sind grundsätzlich unzulässig. Der Eingriff muss außerdem aus einem überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt sein ( Tipold/Zerbes in Fuchs/Ratz , WK StPO Vor §§ 119 bis 122 Rz 10, § 119 Rz 5 und 17).

Gegenständlich konnte die Haft und Rechtsschutzrichterin anlässlich der Bewilligung der Anordnung der Durchsuchung auf den von der Staatsanwaltschaft aktenkonform dargelegten, unter Bezugnahme auf die Ermittlungsergebnisse (ON 2.2) auch ausreichend begründeten Tatverdacht (S 1f der staatsanwaltschaftlichen Anordnung) verweisen.

Aufgrund der belastenden Angaben des Eigentümers der B*-C* GmbH D* C* (ON 2.4, ON 2.6) lagen durchaus konkrete Hinweise für die Annahme vor, dass der vormalige Mitarbeiter A* im Laufe des Jahres 2024 in einer Vielzahl von Angriffen gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) im Eigentum der B* C* GmbH stehende Wertgegenstände, und zwar zumindest 50 in der Anzeige näher bezeichnete Ersatzteile diverser Fahrzeuge, deren Gesamtwert über 3.000 Euro lag (ON 2.6), seinem ehemaligen Arbeitgeber weggenommen und in der Folge auf der Plattform „willhaben“ unter Verwendung seiner Mobiltelefonnummer, des Namens A*. und Angabe seines Wohnorts (ON 2.2, 2) zum Verkauf angeboten habe.

Der vom Beschwerdeführer reklamierten konkreten Feststellung und Begründung des Vorliegens der - nach der dargelegten Verdachtslage durchaus indizierten (Vielzahl von Angriffe über mehrere Monate in Bezug auf Wertgegenstände in einem Gesamtwert von mehreren tausend Euro) – Voraussetzungen für die Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns und der näheren Bezeichnung der Tatzeitpunkte und –objekte bedurfte es im Stadium des gerade aufgenommenen Ermittlungsverfahrens nicht, dient dieses doch dazu, eine Anfangsverdacht zu erhärten bzw zu entkräften.

Ausgehend von der dargelegten Verdachtslage war auch die Annahme, dass durch den Eingriff mit der Auffindung (unter anderem) der im Internet zum Verkauf angebotenen Gegenstände zu rechnen ist, durchaus begründet. Da als Ziel der Maßnahme die Sicherstellung von dem mutmaßlich Geschädigten zuordbarem Diebesgut anführt wurde, kam das Erstgericht auch seiner diesbezüglichen Konkretisierungspflicht hinreichend nach.

Die durch die Durchsuchung der Räumlichkeiten bewirkten Rechtsgutsbeeinträchtigungen des Beschuldigten stehen – dem Beschwerdevorbringen zuwider - gemäß § 5 Abs 1 StPO in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des gegenständlich im Raum stehenden, mit bis zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe bedrohten Vergehens, zu der eingangs beschriebenen, durchaus fassbaren Verdachtslage und dem angestrebten Erfolg (Sicherung von Diebesgut als Beweismittel und zur Befriedigung privatrechtlicher Ansprüche).

Es standen auch keine weniger eingriffsintensiven, aber gleichwertig zielführenden Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung (§ 5 Abs 2 StPO). Eine Vernehmung des Beschuldigten vor Bewilligung der Durchsuchung war aus kriminaltaktischen Gründen nicht geboten, hätte diese doch die Erfolgsaussichten der Ermittlungsmaßnahme beträchtlich geschmälert.

Da der angefochtene Beschluss somit der Sach und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde nicht Folge zu geben.

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