22Bs263/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Mathes als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Gruber und die Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a. d. Donau vom 5. August 2025, GZ **-17, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Krems im Erstvollzug eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg zu AZ ** wegen nach § 83 Abs 1 StGB; §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB; §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 und 4 StGB; § 107 Abs 1 StGB; §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB; §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB; §§ 15, 269 Abs 1 StGB, § 205a Abs 1 StGB und § 50 Abs 1 Z 3 WaffG verpönten Verhaltens verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten.
Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 14. April 2026, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 14. Juli 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 14. Oktober 2025 erfüllt sein.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 19), der Berechtigung nicht zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (Jerabek-Ropper, WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann.
Zutreffend erwog das Erstgericht, dass der Strafgefangene bereits mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 25. September 2024 wegen § 269 Abs 2; §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB im Zusammenhang mit einer Amtshandlung wegen eines Betretungsverbotes gegen eine ehemalige Lebensgefährtin verurteilt wurde und die gegenständlichen Straftaten, sämtliche gegen zwei ehemalige Lebensgefährtinnen gerichtet, ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens und der erfolgten Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe während des laufenden Verfahrens und innerhalb offener Probezeit mit aggravierter krimineller Energie, auf gleicher schädlicher Neigung beruhend, sowohl gegen die sexuelle Unversehrtheit, körperliche Integrität und auch gegen fremdes Eigentum im raschen Rückfall beging.
Die Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) beschreibt in ihrer Erstbegutachtung vom 12. März 2025, der Beschwerdeführer weise ein hohes Risiko für spätere Gewalttaten, die er vollzugsgegenständlich unter Alkoholeinfluss beging, auf und stelle das Sexualdelikt in Abrede, wobei er die Vorwürfe bagatellisiert, die Opfer beschuldigt und in Gesprächen überheblich imponiert (ON 6).
Diese Einschätzung wird vom psychologischen Dienst der Justizanstalt, die den Beschwerdeführer als im Gespräch unoffen, ausweichend und sich verdeckt haltend beschreibt, bestätigt, welcher auch zur Darstellung bringt, dass der Strafgefangene in der Justizanstalt nicht eigenständig um Gespräche mit dem psychologischen Dienst ansuchte und sich in von diesem initiierten Gesprächen massiv ausweichend verhält, sodass kaum Informationen über seine Haltung, Delinquenzentwicklung und Leugnung erfasst werden können. Er sei stets um eine positive Selbstdarstellung bemüht und sei vor dem Hintergrund fassbarer selbstüberheblich-narzisstischer Anteile leicht durch Bewertungen und Beurteilungen gekränkt. Er weise eine psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol (derzeit abstinent in geschützter Umgebung, vormals Abhängigkeitssyndrom) auf, welche bis dato unbehandelt scheine. Laut BEST-Stellungnahme seien weiters sozial-verantwortungslose Persönlichkeitsanteile fassbar. An einer Therapie zur Bearbeitung kriminogener Bedürfnisse habe er noch keine Bereitschaft gezeigt (ON 7).
Darüber hinaus musste über den Strafgefangenen im Juli 2025 eine Ordnungsstrafe wegen hausordnungswidrigen Führungsverhaltens (verspätete Rückkehr von einem Ausgang) verhängt werden.
Aus all dem leitete das Erstgericht zu Recht die Erwägung ab, dass die für eine bedingte Entlassung geforderte Annahme, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung auch unter Berücksichtigung begleitender Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten werde, (noch) nicht zulässig ist. Zum derzeitigen Zeitpunkt kann auch auf keinen Umstand Bedacht genommen werden, welche freiwillige Behandlung der Verurteilte bereits begonnen hat und welche er bereit ist, in Freiheit fortzusetzen, sodass es fallgegenständlich ausnahmsweise, trotz Erstvollzugs, spezialpräventiv der weiteren Verbüßung über zwei Drittel der Strafe hinaus bedarf.
Das Beschwerdegericht weist jedoch explizit darauf hin, dass bei weiterem tadellosem Benehmen in der Justizanstalt mit Blick auf die ausgezeichnete Arbeitsleistung als Schlosser und die nunmehr explizit erklärte Bereitschaft zur Absolvierung von Therapien und Akzeptanz von Weisungen, eine bedingte Entlassung bei einer in dieser Hinsicht positiven Entwicklung, die ein hohes Rückfallrisiko in Gewaltdelinquenz erheblich reduzieren würde, eine bedingte Entlassung zu einem späteren Zeitpunkt näher dem Haftende samt der Erteilung entsprechender Weisungen und Beigebung von Bewährungshilfe zu prüfen bzw. indiziert ist.