JudikaturOLG Wien

23Bs222/25b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
06. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Aichinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Staribacher und den Richter Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes gemäß § 133a StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom (richtig:) 16. Juli 2025, GZ **-10.1, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt * eine mit Urteil des Landesgerichts Salzburg zu AZ ** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 2 erster Fall und Abs 3, 15 Abs 1 StGB über ihn verhängte Freiheitsstrafe von sechs Jahren (ON 8). Das errechnete Strafende fällt auf den 4. Juni 2028. Die (auch für die Berechnung der Voraussetzungen des § 133a StVG zur Anwendung gelangenden – vgl Pieber in WK² StVG § 133a Rz 16) zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 4. Juni 2025 vor, zwei Drittel der Freiheitsstrafe werden am 4. Juni 2026 verbüßt sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Äußerung der Staatsanwaltschaft (ON 1.4) – den Antrag des A* auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes gemäß § 133a StVG nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit aus generalpräventiven Erwägungen ab (ON 10.1).

Dagegen richtet sich die rechtzeitig zu ON 11 ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen mit dem Monitum, dass die seiner Anlassverurteilung zugrunde liegenden Taten den in § 133a Abs 2 StVG genannten Schweregrad nicht erreichen.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht stellte im bekämpften Beschluss insbesondere die hier maßgebliche Norm des § 133a StVG, das über A* auf die Dauer von zehn Jahren befristete Aufenthaltsverbot (ON 6.5 iVm ON 6.11) und seine Bereiterklärung, dieser Ausreiseverpflichtung nachzukommen (ON 6.3), damit die wesentliche Sach- und Rechtslage treffend fest, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl 12 Os 137/07z; RIS-Justiz RS0098568).

Mit der in Vollzug stehenden Verurteilung wurde der Strafgefangene (zusammengefasst) schuldig erkannt, in ** und anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Wohnstätteneinbrüchen mit einer Beutehöhe von jeweils über 5.000 Euro eine längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, im Spruch genannten Geschädigten fremde beweglichen Sachen in einem 5.000 Euro insgesamt übersteigenden Wert durch Einbruch weggenommen zu haben, und zwar

A. gemeinsam mit zwei unbekannten Mittätern

1. am 5. November 2021 Bargeld in unbekannter Höhe und diverse Wertgegenstände unbekannten Wertes durch Aufbrechen der Türe der Eigentumswohnung, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist,

2. am 14. oder 15. Dezember 2021 durch Abdrehen des Zylinderschlosses der Eingangstür der Eigentumswohnung Bargeld in der Höhe von 600 Euro und eine Sonnenbrille im Wert von 75 Euro,

3. am 16. Dezember 2021 durch Abdrehen des Schlosszylinders der Eingangstüre der Eigentumswohnung drei Herrenarmbanduhren im Wert von zumindest 1.000 Euro, einen goldenen Ring im Wert von 1.000 Euro und zwei Lederjacken im Wert von zumindest 200 Euro,

B. allein

1. zwischen 29. und 30. April 2022 durch Abdrehen des Schlosszylinders der Eingangstüre des Wohnhauses einen Bademantel unbekannten Wertes, ein Navigationsgerät im Wert von 90 Euro, Gold- und Silberschmuck im Wert von 6.832 Euro, zwei Zigarettenstangen im Gesamtwert von 195 Euro sowie drei Armbanduhren im Gesamtwert von 739 Euro,

2. am 21. oder 22. November 2021 durch Aufbrechen des Schlosses der Wohnhaustür Bargeld in der Höhe von 300 Euro,

3. am 12. Jänner 2022 durch Abdrehen des Schlosszylinders der Eingangstüre der Eigentumswohnung Bargeld in der Höhe von 470 Euro,

4. am 22. oder 23. Jänner 2022 durch Aufbrechen der Kellertüre des Wohnhauses Bargeld in der Höhe von 150 Euro, diversen Modeschmuck im Wert von 3.530 Euro, eine Armbanduhr der Marke und Type ** im Wert von 15.000 Euro,

5. am 15. Jänner 2022 durch Aufbrechen der Terrassentüre des Wohnhauses Bargeld, Schmuck und Münzen in der Höhe von 33.500 Euro.

Zwar erklärte sich der Strafgefangene bereit, seiner Ausreiseverpflichtung aufgrund des Aufenthaltsverbotes unverzüglich auf eigene Kosten nachzukommen (ON 6.3.) und sind auch keine Umstände ersichtlich, die seiner Ausreise entgegenstehen würden, jedoch erweist sich das erstrichterliche Kalkül, wonach das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen (hier) Aufenthaltsverbotes nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit an generalpräventiven – in der Schwere der Anlasstaten gelegenen – Gründen (§ 133a Abs 2 StVG) scheitert, als zutreffend.

Die rumänische ECRIS-Auskunft weist elf einschlägige Verurteilungen in Rumänien (zuletzt vom 27. Juni 2012 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren) und eine einschlägige Verurteilung in Deutschland, nämlich durch das Landgericht Augsburg vom 7. März 2018 wegen Einbruchsdiebstahls in 19 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 6 1/2 Jahren samt Ausspruch der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 des deutschen Strafgesetzbuches, auf, wobei er am 5. März 2021 zur Bewährung enthaftet wurde (vgl. ON 8 US 3). Nach eigenen Angaben hielt er sich dann zunächst in Spanien auf, war dort auch im Gefängnis und verlegte im Oktober 2021 seinen Aufenthalt nach Österreich (vgl. 2. Beschuldigtenvernehmung vom 29. Juni 2022, GZ **-81 des Landesgerichts Salzburg).

Unter Berücksichtigung, dass es sich bei A* offenkundig um einen Kriminaltouristen handelt, der im Zeitraum Anfang November 2021 (damit nur kurze Zeit nach seiner Einreise nach Österreich) bis Ende April 2022, sohin über einen Zeitraum von knapp sechs Monaten gewerbsmäßig teils in Gesellschaft, teils alleine acht Wohnungseinbrüche beging bzw. zu begehen versuchte, heben sich die von A* begangenen Taten aus der Sicht der Allgemeinheit auffallend von den regelmäßig vorkommenden Begleitumständen strafbaren Verhaltens ab.

Angesichts des weit verbreiteten Missstands des sogenannten Kriminaltourismus bedarf es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs, um Eigentumsdelinquenz durch im Ausland bereits vorbestrafte Personen mit der entsprechenden Abschreckung zu begegnen.

Ein zu stark verkürzter Strafvollzug würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Effektivität des Strafrechts erschüttern und dazu führen, dass Personen aus dem Umfeld des Strafgefangenen in ähnlicher persönlicher und finanzieller Situation mit einem frühestmöglichen Absehen vom weiteren Strafvollzug rechnen, wodurch die Hemmschwelle zur Straffälligkeit leichter überwunden würde, als bei einem die Proportionen von Schuldgehalt und Strafhöhe wahrenden Strafvollzug. Es bedarf daher zufolge der Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs, um die generelle Normtreue der Bevölkerung zu festigen (positive Generalprävention) und der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (negative Generalprävention).

Damit entspricht der angefochtene Beschluss der Sach- und Rechtslage, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

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