19Bs184/25k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Körber als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 14. Juli 2025, GZ **-11, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene syrische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt * eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von drei Jahren, die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. Februar 2024, AZ **, wegen der Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Z 3, Abs 4 erster Fall FPG, des Verbrechens der vorsätzlichen Gemeingefährdung nach § 176 Abs 1 StGB, der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach „§§ 269 Abs 1 erster Fall, 15 Abs 1 StGB“ und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB verhängt wurde. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 4. Oktober 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 4. April 2025 vor, zwei Drittel der Sanktion wird A* am 4. Oktober 2025 verbüßt haben.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 11) lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als örtlich zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit aus spezialpräventiven Erwägungen ab (Punkte 1 und 2). Unter Punkt 3 wurde dessen Antrag auf persönliche Anhörung abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Strafgefangenen unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung erhobenen (ON 12 S 2), zu ON 13 ausgeführten Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg cit darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose ist insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK² StGB § 46 Rz 15/1).
Wie schon das Erstgericht zutreffend ausführte, stehen einer bedingten Entlassung des Beschwerdeführers spezialpräventive Bedenken unüberwindbar entgegen. Auch wenn A* in Österreich keine Vorstrafe aufweist und sich im Erstvollzug befindet, lässt die mehrfache Schlepperei einer Vielzahl von Personen in einem für den Personentransport nicht zugelassenen, äußerst beengten Laderaum eines Kleintransporters – verbunden mit teils waghalsigen und gefährlichen Fahrmanövern – sowie insbesondere das Verhalten bei einem Anhalteversuch durch die Polizei, das eine Gefährdung von Leib oder Leben einer größeren Anzahl von Menschen zur Folge hatte, auf eine gravierende Missachtung zentraler Rechtsgüter und eine ausgeprägte negative Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten der Gesellschaft schließen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer in Haft schon mehrere Ordnungswidrigkeiten beging und somit nicht einmal in der beschützenden Umgebung des Strafvollzugs bereit ist, sich regelkonform zu verhalten (siehe ON 3 S 2 und ON 6). Darüber hinaus ist laut dem psychologischen Dienst der Justizanstalt eine Suchttherapie indiziert, die der Verurteilte jedoch mangels ausreichender Sprachkenntnisse noch nicht beginnen konnte (vgl ON 7 und ON 3 S 2 f).
An diesem negativen Kalkül vermag weder die (nicht belegte) Arbeitsmöglichkeit noch die Behauptung einer gesicherten Wohnsituation nach der Haft (vgl ON 2) etwas zu ändern.
Denn eine Gesamtwürdigung all dieser Aspekte lässt die dem Strafgefangenen zu erstellende Kriminalprognose negativ ausfallen, sodass eine bedingte Entlassung – selbst unter Anordnung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - nicht in Betracht kommt. Seinen behaupteten Gesinnungswandel wird er somit derzeit noch nicht unter Beweis stellen können.
Im Hinblick auf die bereits zu AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau antragsgemäß (siehe ON 2 S 2 in jenem Akt) durchgeführte Anhörung anlässlich der Entscheidung über die bedingte Entlassung zum Hälfte-Stichtag (ON 12 im genannten Akt) schadete es aufgrund der klaren Sachlage nicht, dass das Erstgericht von der vom Strafgefangenen neuerlich begehrten (ON 2 S 2) Anhörung Abstand nahm.