JudikaturOLG Wien

20Bs205/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 8. Juli 2025, GZ ** 14, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der inzwischen 44 jährige österreichische Staatsbürger A* verbüßt aktuell in der Justizanstalt * eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 24. Februar 2025, AZ ** wegen § 107 Abs 1 StGB, § 107c Abs 1 Z 2 StGB, § 107a Abs 1, Abs 2 Z 1 und 2 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten sowie die unter einem nach Widerruf bedingter Strafnachsicht in Vollzug gesetzte, mit Urteil des Bezirksgericht Neulengbach vom 20. Juni 2024, AZ ** wegen §§ 88 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, insgesamt daher Freiheitsstrafen im Ausmaß von 13 Monaten mit errechnetem Strafende am 1. Februar 2026.

Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 16. Juli 2025 vor, zwei Drittel der Sanktion wird der Strafgefangene am 21. September 2025 verbüßt haben.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems a.d. Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* zum Zwei Drittel Stichtag aus spezialpräventiven Gründen ab.

Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 17), mit der er moniert, die Versagung einer bedingten Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe sei nur aus generalpräventiven Überlegungen abzulehnen und weiters behauptet, die zu seinen Ungunsten gewertete unterbliebene Einzeltherapie sei auf mangelnde Kapazitäten in der Justizanstalt zurückzuführen und daher als nicht in seiner Sphäre liegend von ihm nicht zu verantworten gewesen. Im Übrigen sei der bekämpfte Beschluss in sich widersprüchlich, als er die bedingte Entlassung ablehne, auf Seite 5 des Beschlusses jedoch Weisungen wie Alkoholabstinenz samt Kontrollen, Wohnungs und Beschäftigungsannahme wie Psychotherapie aus klinisch psychologischer Sicht für zielführender erachtet, als die weitere Anhaltung in Haft.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Zum Einwand, eine Entlassung zum Zwei Drittel Stichtag dürfe nur aus generalpräventiven Erwägungen abgelehnt werden, ist klarzustellen, dass generalpräventive Überlegungen der bedingten Entlassung nur solange entgegengehalten werden dürfen, als der Verurteilte noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat. Nach diesem Zeitpunkt haben sie (bei allen Verurteilten) gänzlich zu entfallen ( Michel Kwapsinki/Oshidari StGB 15 § 46 Rz 2).

Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch drei Monate verbüßt, so ist ihm gemäß § 46 Abs 1 StGB der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Auch wenn die bedingte Entlassung zum Zwei Drittel Stichtag nach den Intentionen des Gesetzgebers den Regelfall darstellen soll, ist klarzustellen, dass jede bedingte Entlassung die günstige Prognose in Form der Annahme voraussetzt, der Verurteilte werde durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten, dies unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB.

Diese Voraussetzungen hat das Erstgericht jedoch entgegen der Beschwerdeargumentation zutreffend verneint.

So ergibt sich aus der Lockerungsprognose des Psychologischen Dienstes der Justizanstalt * vom 7. April 2025 die bereits anlässlich des Antrages auf bedingte Entlassung zum Hälftestichtag erstellt wurde beim Verurteilten ein jahrzehntelanger Missbrauch von Alkohol, wobei er nicht nur bereits in seiner Jugend begonnen habe, Alkohol als Coping Strategie einzusetzen, sondern darüber hinaus auch THC und Amphetamin konsumiert habe. In diesem Zusammenhang beanstandete das Vollzugsgericht zutreffend, dass sich der Verurteilte erst im nahen zeitlichen Kontext zum Stichtag für eine bedingte Entlassung nach § 152 Abs 1 Z 1 StVG zur Auseinandersetzung mit seinem Bindungs sowie Suchtverhalten im therapeutischen Kontext durchringen konnte, zunächst jedoch bei Inhaftierung eine Ambivalenz zeigte und sich ablehnend in Bezug auf eine Therapie positionierte.

Der Einwand, mangelnde Therapiekapazitäten für eine Einzeltherapie seien dem Verurteilten nicht anzulasten, ist zwar grundsätzlich zutreffend, dieses Argument setzt sich jedoch nicht mit den weiteren Ausführungen des Vollzugsgerichts auseinander, dass die sehr wohl gebotene Möglichkeit der weiteren Auseinandersetzungen in Gesprächen mit dem Psychologischen Dienst vom Verurteilten nicht mehr wahrgenommen wurde (BS 5).

Berücksichtigt man den mittlerweile seit Jahrzehnten betriebenen Alkoholmissbrauch des Verurteilten (eigenen Angaben zufolge ab dem Alter von 14 Jahren - ON 6 S 3) im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass er die Anlasstaten jeweils in alkoholisiertem Zustand beging und zieht weiters die in der Lockerungsprognose angeführte erhöhte Wahrscheinlichkeit hinsichtlich eines Alkoholkonsums selbst bei Ausgängen (ON 6 S 8) ins Kalkül, ist die Einschätzung des Erstgerichts nicht zu beanstanden: Demnach erfordert die beim Verurteilten vorliegende psychische und Verhaltensstörung hinsichtlich Alkohol (schwerer Missbrauch, zuletzt Abhängigkeit seit seinem 14. Lebensjahr) einer (bislang nicht erfolgten) nachhaltigen therapeutischen Behandlung, um den Verurteilten soweit zu stabilisieren, dass dem evidenten Rückfallsrisiko durch Weisungen begegnet werden kann.

Diesbezüglich verschlägt auch der Einwand des Beschwerdeführers auf den Erstvollzug, kam er doch bereits wiederholt in den Genuss bedingter Strafnachsichten unter Verlängerung der Probezeit (** des Landesgerichts Krems a.d. Donau bzw ** des Landesgerichts Wiener Neustadt; vgl Punkte 1. und 2. der Strafregisterauskunft ON 5), was ihn jedoch nicht von erneuter Delinquenz abzuhalten vermochte.

Da eine bedingte Entlassung zum Zwei Drittel Stichtag aus diesen Erwägungen verfrüht erscheint, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

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