JudikaturOLG Wien

22Bs195/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
29. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 3 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. März 2025, GZ **-44.4, sowie die implizit erhobene Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach der unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Richters Mag. Gruber und der Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski, des Angeklagten sowie seiner Verteidigerin Dr. Vinkovits durchgeführten Berufungsverhandlung am 29. Juli 2025

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. den

B e s c h l u s s

gefasst:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* (in der Folge: A*) des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 3 StGB schuldig erkannt und hierfür nach § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Unter einem wurde ein Betrag in der Höhe von EUR 6.123,24 für verfallen erklärt und erfolgten Privatbeteiligtenzusprüche an die B* AG sowie die C* AG D*.

Weiters fasste das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der dem Angeklagten mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. November 2020, AZ **, und mit dem zu diesem im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehenden Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 26. April 2022, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsichten und verlängerte gemäß § 494a Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 3 StGB die Probezeiten jeweils auf fünf Jahre.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* im Zeitraum 2. Februar 2024 bis 12. Februar 2024 in ** mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, E* als Prokuristen der B* AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich dass die von ihm vertretene F* GmbH eine Geschäftsbeziehung mit der in Deutschland ansässigen G* GmbH führe und aufgrund eines gültigen Grundgeschäfts mit dieser zur Vornahme eines B2B-Lastenschrifteinzugs über einen Betrag von EUR 985.750,-- vom Bankkonto der G* GmbH, IBAN **, bei der deutschen H* berechtigt sei, wobei er zur Untermauerung per E-Mail falsche Geschäftsunterlagen der G* GmbH unter anderem ein SEPA-Firmenlastschriftmandat samt Beilage, ein Letter of Intent, eine Kontonachricht sowie ein Schreiben der G* GROUP übermittelte, mithin unter Benützung falscher Daten, zur Zubuchung von EUR 985.750,-- auf das Konto der F* GmbH bei der B* AG infolge des von im elektronischen Auftrag gegeben(en), aber wegen der ADB Sperre vorläufig nicht durchgeführten Lastschrifteinzugs vom Bankkonto der G* GmbH sowie in weiterer Folge zur Entfernung der ADB Sperre hinsichtlich des zugebuchten Betrages und zur Vornahme von Überweisungen iHv EUR 985.992,23 vom Bankkonto der F* GmbH auf andere Bankkonten, unter anderem auf die weiteren Geschäftskonten der „F* GmbH“ bei der I* AG verleitet, die die B* AG in EUR 300.000,-- übersteigenden Betrag von EUR 985.750,-- schädigten.

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als erschwerend den hohen Schaden durch Übersteigen des strafsatzbestimmenden Wertbetrags um mehr als das Dreifache und die Verwirklichung der Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB neben der strafsatzbestimmenden Wertqualifikation nach § 147 Abs 3 StGB, als mildernd hingegen keinen Umstand. Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen berücksichtigte das Erstgericht die Tatbegehung während zwei offener Probezeiten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 45), nach Zurückziehung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde verbleibende, schriftlich ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 48.2) sowie die gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO implizit erhobene Beschwerde gegen die Verlängerung der Probezeiten auf jeweils fünf Jahre.

Rechtliche Beurteilung

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters (§ 32 Abs 1 StGB). Dabei hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte (§ 32 Abs 2 StGB). Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können (§ 32 Abs 3 StGB).

Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet, wohingegen es dem Angeklagten nicht gelingt Fehler in der Strafbemessung zu seinem Gunsten geltend zu machen.

Die von der Berufung reklamierte Unbesonnenheit liegt nur bei einem augenblicklichen bzw. spontanen Willensimpuls vor, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen gewesen und nach der Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (RIS-Justiz RS0091000 [T11]), wovon bei einem sich über Tage erstreckenden mehraktigen Betrugsgeschehen, das zudem noch die Benützung mit falschen Daten versehener Dokumente beinhaltete, nicht auszugehen ist. Ebensowenig liegen angesichts der ständig wechselnden, widersprüchlichen und im Übrigen finanzielle Probleme (siehe ON 44.3., S 12) in Abrede stellenden Verantwortung des Berufungswerbers konkrete Anhaltspunkte vor, dass er die Tat unter dem Eindruck einer einmaligen Krisensituation begangen hat. Auch von einem unter dem typischen Durchschnitt liegenden Gesinnungsunwert kann selbst unter Annahme der vom Berufungswerber vorgebrachten psychischen Zwangslage aufgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit der F* GmbH angesichts der Höhe des verursachten Schadens und der konkreten Umstände der Tatbegehung nicht ausgegangen werden.

Bei objektiver Abwägung der vom Erstgericht vollständig erfassten besonderen Strafzumessungsgründe und der allgemeinen iSd § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB anzustellenden Erwägungen sowie unter Berücksichtigung generalpräventiver Belange (RIS-Justiz RS0090600) erweist sich – ausgehend von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe – die das mögliche Höchstmaß etwas mehr als ein Drittel ausschöpfende Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen und den spezial- und generalpräventiven Erfordernissen entsprechend Rechnung tragend und damit keiner Reduktion zugänglich.

Eine auch nur teilweise bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe kommt – wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt (ON 44.4, S 30) – aufgrund der zwingenden Voraussetzungen der §§ 43, 43a StGB nicht in Betracht.

Ebenso ist der implizit erhobenen Beschwerde der Erfolg zu versagen. Die vom Erstgericht ohnehin getroffene Entscheidung auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeiten ist angesichts der neuerlichen Straffälligkeit des Angeklagten innerhalb offener Probezeiten das einzig mögliche und gleichzeitig notwendige Vorgehen, um die erforderliche Überwachung der künftigen Lebensweise des Angeklagten zu gewährleisten.

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