18Bs201/25b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Heindl und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 1. Juli 2025, GZ **-8, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene polnische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt * eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 18. Oktober 2024 rechtskräftig seit 17. März 2025, AZ **, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren.
Das errechnete Strafende fällt auf den 17. Mai 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 17. Mai 2025 vor, jene nach 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 17. September 2025 erfüllt sein.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht St. Pölten als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2.3, 2) und jener der Staatsanwaltschaft (ON 1.5) - die bedingte Entlassung des Strafgefangenen gemäß § 46 Abs 1 StGB in Verbindung mit § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Zustellung erhobene (ON 9), unausgeführt gebliebene Beschwerde des A*, der keine Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg.cit. darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw. ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Hat der Verurteilte eine Tat unter Einfluss einer Therapiebedürftigkeit indizierenden Besonderheit begangen, kommt der Bereitschaft, eine bereits während der Haft begonnene Behandlung auch in Freiheit fortzusetzen, bei der Prognoseentscheidung gewichtige Bedeutung zu. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung im Bezug auf künftige Straffreiheit voraus ( Jerabek/Ropper , WK² StGB § 46 Rz 15/1). Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose ist insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägungen einzubeziehen.
Wenngleich die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein soll, steht dieser jedoch beim Beschwerdeführer nach wie vor ein die Ausnahme dazu darstellendes evidentes Rückfallrisiko ( Jerabek/Ropper , aaO Rz 17) unüberwindbar entgegen.
Dazu ist zu erwägen, dass der Beschwerdeführer neben der in Vollzug stehenden Verurteilung in Deutschland acht einschlägige Vorstrafen aufweist (siehe ECRIS-Auskunft ON 6), wobei ihm bereits mehrfach die Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht samt Anordnung von Bewährungshilfe, zuteil wurde.
Dennoch zeigte er sich von diesen bisherigen staatlichen Sanktionen gänzlich unbeeindruckt und überließ von Jänner 2022 bis 17. Mai 2024 in ** elf Personen in zahlreichen Angriffen gewinnbringend vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain, Cannabiskraut und Cannabisharz in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge (ON 3).
Darin manifestiert sich eine nicht unbeträchtliche kriminelle Energie und eine deutliche Negativeinstellung des Beschwerdeführers gegenüber den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft. Zudem wurde über ihn mit Ordnungsstrafverfügung vom 15. Dezember 2024 wegen der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs 2 iVm § 35 StVG (Beschädigung von Anstaltsgut) die Ordnungsstrafe des Verweises verhängt (siehe ON 2.2, 3).
Nicht zu kritisierend kam das Erstgericht sohin zur Ablehnung der bedingten Entlassung des Strafgefangenen wegen spezialpräventiver Umstände, gelegen im einschlägig getrübten Vorleben und in der bisherigen Resozialisierungsresistenz. Daraus resultierend bestehen weiterhin geringe Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit, sodass sich eine bedingte Entlassung somit als weniger geeignet erweist, den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten als der weitere Vollzug der Freiheitsstrafe. Umstände, die für eine positive Verhaltensprognose streiten und das dargestellte negative Persönlichkeitsprofil entkräften könnten, vermochte der Strafgefangene nicht darzustellen. Denn seine Erklärung, er verfüge über eine Wohn- und Arbeitsmöglichkeit in Deutschland (ON 2.1, 1), bietet nicht hinreichend Gewähr dafür, dass er keine weiteren, insbesondere gegen fremdes Vermögen und gegen die körperliche Integrität gerichteten strafbaren Handlungen sowie Suchtgiftdelikte begehen werde. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die bisher in Strafhaft zugebrachte Zeit schon ausgereicht hat, um dem Delinquenten das Unrecht seiner Tat ausreichend vor Augen zu führen und ihn zu einem hinkünftig deliktsfreien Lebenswandel zu veranlassen, woran auch die Möglichkeit allfälliger Begleitmaßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB nichts ändert.
Die beantragte Anhörung des Strafgefangenen gemäß § 152a Abs 1 StVG konnte unterbleiben, weil er bereits am 22. April 2025 zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien angehört wurde (ON 6 im verketteten Akt) und unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen nicht erkennbar ist, dass sie ein anderes Ergebnis zu erbringen geeignet wäre.
Da der angefochtene Beschluss der Sach und Rechtslage entspricht, ist der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.