JudikaturOLG Wien

32Bs140/25k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 22. April 2025, GZ ** 23, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten ON 11.2) einer Beschwerde des A* vom 3. Juli 2024 (ON 8) gegen die Entscheidung der Leiterin des forensisch-therapeutischen Zentrums B* vom 1. Juli 2024 (ON 5 S 8) bezüglich der beantragten (unbegleiteten) Unterbrechung der Unterbringung (im Weiteren: UdU) nicht Folge.

Das Erstgericht ging von folgenden Sachverhalt aus:

A* befindet sich derzeit im Forensisch Therapeutischen Zentrum B* im Vollzug nach § 21 Abs 1 StGB. Er verließ im Jahr 2023 drei Mal begleitet die Anstalt in Form einer Unterbrechung der Unterbringung.

Beim begleitenden Ausgang am 22.2.2023 legte A* ein entspanntes und freundliches Auftreten an den Tag. Jedoch äußerte er sich der Begleitung C* gegenüber durch abwertende Bemerkungen. Ein weiterer Sozialausgang am 8.3.2023 verlief ohne weitere Vorkommnisse.

Am 9.4.2023 erfolgte ein weiterer Ausgang mit der Betreuerin DGKP D*. A* verhielt sich in der Öffentlichkeit und im Umgang mit ihr freundlich, höflich und respektvoll. Er zeigte jedoch innerhalb der Anstalt im Zeitraum 2023 bis Mitte 2024 gegenüber den Mitarbeitern in seiner Wortwahl respektloses und unangebrachtes Verhalten. Er wurde darüber belehrt, sein Verhalten einzustellen, da sonst die begleiteten Unterbrechungen gestrichen werden würden. Er zeigte aber ein gleichgültiges und nicht einsichtiges Verhalten und gab an, sowieso nur alleine auf Ausgang gehen zu wollen.

A* zeigte im Zeitraum 2023 bis Mitte 2024 mangelnde Einsicht hinsichtlich seiner Delikte und weist eine ungünstige Gefährlichkeitsprognose mit hohem Rückfallsrisiko auf.

A* hat mehrfach innerhalb kurzer Zeit einen Antrag auf eine unbegleitete Unterbrechung der Unterbringung eingebracht, welche allesamt abgelehnt worden sind. Seinen Beschwerden wurde mit Beschlüssen des LG für Strafsachen Wien zu E*, F* und G* nicht Folge gegeben, da die Voraussetzungen nicht vorlagen.

Der Untergebrachte ist während seiner Unterbringung bereits mehrfach ordnungs- und strafrechtlich in Erscheinung getreten. Insgesamt scheinen seit einer Anhaltung im FTZ B* neun Meldungen von Ordnungswidrigkeiten auf (6x Abmahnung, 2x Einstellung, 1x Verweis). Alle Entscheidungen sind bereits in Rechtskraft erwachsen. Der Beschwerdeführer leidet an einer kombinierten Persönlichkeits-störung mit paranoiden, narzisstischen und emotional instabilen Zügen.

Mit Antrag vom 1.7.2024 ersuchte der Untergebrachte neuerlich um Unterbrechung der Unterbringung an, diesem Ansuchen wurde mit Entscheidung der Anstaltsleiterin (vom selben Tag) nicht stattgegeben (ON 5, Beilage ./B).

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des A* vom 3.7.2024 (ON 1).

Die Anstaltsleiterin gab dazu auftragsgemäß eine Stellungnahme ab (ON 5). In dieser wurde auf die Verfahren zu E*, F* und G* verwiesen, da sich der maßgebliche Sachverhalt nicht verändert hatte.

Nach Durchführung der durch das Oberlandesgericht Wien aufgetragenen Erhebungen (ON 11.2) zeigte sich, dass sich die Umstände, welche als Grundlage für die obzitierten Entscheidungen herangezogen worden waren, bis 1.7.2024 (Datum des gegenständlichen Ansuchens) nicht geändert hatten.

Beweiswürdigend stützte sich das Erstgericht auf die aktenkundigen Unterlagen. Den Ausführungen des Untergebrachten könne nicht gefolgt werden, da darin kein Substrat enthalten sei, welches geeignet ist, die schlüssige Stellungnahme der Anstaltsleiterin zu entkräften.

Rechtlich erwog das Vollzugsgericht, dass nach § 166 Z 2 erster Satz StVG eine UdU nur gewährt werden dürfe, wenn anzunehmen sei, dass der Untergebrachte während dieser Zeit keine gerichtlich strafbare Handlung begehen werde. Es könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer während der Zeit der UdU keine strafbaren Handlungen (wie etwa Drohung, Nötigung) begehen werde. Dass er sich während der Dauer der begleitenden Ausgänge adäquat verhalten habe, vermöge an dieser Einschätzung nichts zu ändern, zumal es sich hier nur um Momentaufnahmen handle.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Untergebrachten, der - soweit inhaltlich fassbar und für den Beschwerdegegenstand von erkennbarer Relevanz - paranoide Wahnvorstellungen der Anstaltsleitung hinsichtlich seiner Gefährlichkeit beklagt. Es werde unverändert die Lüge verbreitet, dass er als redliche Frau eine ungünstige Gefährlichkeitsprognose mit hohem Rückfallsrisiko aufweise. Am Verfahren beteiligte Organe werden der Dummheit bzw der Lüge bezichtigt; die Gefährlichkeitsprognose bestehe aus subjektiven paranoiden Wahnvorstellungen. Er sei als redliche Frau in der „Nazi Anstalt“ FTZ B* sexuell abartig bestraft, behandelt und betreut worden, die Anstaltsleiterin sei strafrechtlich in Erscheinung getreten, weil sie dies zu verantworten habe. Er werde wegen seines Geschlechts diskriminiert, sein Familienname sei falsch geschrieben, die Anstaltsleiterin habe rechtlich falsch entschieden, sie hätte die UdU zu genehmigen gehabt. Es sei nicht anzunehmen, dass er als redliche Frau während der UdU gerichtlich strafbare Handlungen begehen könne. Auch die Richter würden den paranoiden Wahnvorstellungen der Anstaltsleiterin folgen. Die von ihm geschriebenen Texte würden für eine Diagnose nicht ausreichen. Er sei wütend, weil dumme Richter Menschenrechte und Menschenwürde mit Füßen treten würden. Niemand leide unter Persönlichkeitsstörungen, der so wie er Gefühle, Affekte und Emotionen von Wut, Angst oder Trauer offen und direkt zeige. Die Psychologinnen und Psychiaterinnen des Maßnahmenvollzugs verstünden solche Fakten nicht und besäßen kein Verständnis, weil sie dumme Menschen seien (ON 25).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Nach § 16a Abs 1 Z 1 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat (Abs 2). Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

Eine Unterbrechung der Unterbringung (im weiteren: UdU) darf gemäß § 166 Z 2 erster Satz StVG nur gewährt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Untergebrachte während der Zeit der Unterbrechung keine gerichtlich strafbare Handlung begehen wird. Eine Gefahr der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung ist dann nicht anzunehmen, wenn das Risiko der Begehung einer solchen lediglich in der nicht restlosen Vorhersagbarkeit menschlichen Verhaltens liegt und Risiken, die sich aus der konkreten Persönlichkeit des Rechtsbrechers, insbesondere seiner geistig-seelischen Abnormität ergeben, ausgeschlossen werden können. Aus der Zusammenschau von § 99 StVG, § 47 StGB ergibt sich, dass § 166 Z 2 StVG nicht verlangt, dass die Gefährlichkeit mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann; es genügt eine einfache Wahrscheinlichkeit. Weiters ist zu beachten, dass auch für den Bereich des Maßnahmenvollzugs gilt, dass fahrlässige Gewährung von Freiheitsmaßnahmen einen Verstoß gegen Art 2 EMRK darstellt ( Drexler/Weger, StVG 5 § 166 Rz 3 mwN).

Vorauszuschicken ist, dass der in Rede stehenden Entscheidung der Anstaltsleiterin ein Ansuchen des Untergebrachten auf tägliche unbegleitete Ausgänge und regelmäßige 14 tägige UdU bei Angehörigen zugrunde lag (ON 5 S 8).

Nach den wesentlichen Feststellungen im bekämpften Beschluss ging das Erstgericht für den Zeitraum 2023 bis Mitte 2024 von mangelnder Einsicht des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Delikte und einer ungünstigen Gefährlichkeitsprognose mit hohem Rückfallsrisiko aus. Der Beschwerdeführer leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, narzisstischen und emotional- instabilen Zügen. Es lägen abwertende Bemerkungen sowie respektlose und unangebrachte Wortwahl gegenüber Mitarbeitern vor, wobei sich der Beschwerdeführer hiezu gleichgültig und uneinsichtig zeige. Diese Feststellungen finden insofern Deckung im Akteninhalt als sie etwa auf ON 16.2 S 2, ON 18.2 S 1, ON 18.3 S 3 und ON 18.3 S 5 f gestützt werden können. Auch die dokumentierte Ordnungsstrafverfügung vom 28. Mai 2024 wegen § 107 Abs 1 Z 10 iVm § 26 Abs 2 StVG, die mit einem Verweis geahndet wurde (ON 16.1), stützt die Annahmen des Erstgerichts, während der Inhalt des Vorbringens des Untergebrachten wiederum auf paranoide, narzisstische und emotional-instabile Züge seiner Person schließen lässt.

Die Entscheidung des Vollzugsgerichts, wonach die begehrten Unterbrechungen der Unterbringung - die unbegleitet beantragt wurden - nicht zu gewähren sind, weil nicht angenommen werden könne, dass der Untergebrachte während der Zeit der UdU keine strafbaren Handlungen begehen werde, ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Eingabe Rechtsbrüche nach dem StGB behauptet, ist nur der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass für ein Vorgehen nach § 78 StPO für das Rechtsmittelgericht mangels konkreter Verdachtslage (vgl Schwaighofer, WK StPO § 78 Rz 17), keine Veranlassung bestand.

Rechtsmit telbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.

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