JudikaturOLG Wien

32Bs129/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA, MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 10. Jänner 2025, GZ ** 6, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1) Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

2) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen .

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht eine Beschwerde des A* vom 25. November 2024 (ON 1) als unzulässig zurück.

Dagegen wendet sich die mit 14. April 2025 datierte Beschwerde des A*, die am 17. April 2025 beim Landesgericht für Strafsachen Wien einlangte und auch einen Antrag auf „umfassende Verfahrenshilfe“, gestützt auf § 61 StPO und Art. 3, 5.1 und 6 EMRK enthält (ON 10).

Ad 1) Verfahrenshilfe ist im gegenständlichen Verfahren nicht vorgesehen, weil die Strafprozessordnung in den Beschwerdeverfahren nach §§ 16 Abs 3, 16a StVG keine subsidiäre Wirkung entfaltet, sodass allein die in § 17 Abs 2 StVG vorgesehenen Normen des AVG und des VStG zur Anwendung kommen, welche die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht vorsehen (RIS-Justiz RW0000767; Pieber in WK² StVG § 17 Rz 19; Drexler/Weger , StVG 5 § 17 Rz 7). Mangels subsidiärer Wirkung der StPO kommt die Bestimmung des § 61 StPO somit nicht zur Anwendung .

Im vorliegenden Fall handelt es sich im Übrigen um keine unter Art 6 Abs 1 EMRK fallende Rechtssache, weil weder ein Verfahren über eine strafrechtliche Anklage, noch über eine Streitigkeit wegen „civil rights“ iSd Art 6 EMRK vorliegt. Auch aus Art 3 und 5 EMRK kann kein Anspruch auf Verfahrenshilfe abgeleitet werden.

Auch aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Erlass BMJ-V70301/0061-III 1/2014 (Titel: Arbeitsgruppe Massnahmenvollzug, Bericht an den Bundesminister für Justiz über die erzielten Ergebnisse) lässt sich für seinen Standpunkt nichts gewinnen, zumal dort lediglich die Empfehlung ausgesprochen wird, dass bei Untergebrachten gemäß § 21 Abs 2 StGB im Entlassungsverfahren das Erfordernis der notwendigen Verteidigung (iSd § 61 StPO) ab dem Zeitpunkt des urteilsmäßigen Strafendes, bei Untergebrachten gemäß § 21 Abs 1 StGB ab einer Unterbringung von drei Jahren, bestehen soll (vgl S 76 des angesprochenen Berichts).

Ad 2) Wie aus der nicht zu beanstandenden Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses (ON 6 S 3) hervorgeht, kann gegen diesen innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an das Oberlandesgericht Wien erhoben werden.

Rechtliche Beurteilung

Der in Rede stehende Beschluss wurde von A* am 14. Jänner 2025 eigenhändig übernommen (ON 7.2). Demnach endete die sechswöchige Rechtsmittelfrist am 25. Februar 2025 um 24:00 Uhr. Die Beschwerde vom 14. April 2025 wurde sohin deutlich verspätet erhoben und war folglich gemäß § 121b Abs 3 StVG zurückzuweisen.

Daran vermag auch das mit der Beschwerde verbundene Begehren auf „sofortige Wiederaufnahme des Verfahrens wegen unverschuldeter Fristversäumnis“ nichts zu ändern, mit dem A* – soweit inhaltlich fassbar - moniert, dass es ihm aufgrund verschiedener angeführter Fehlleistungen des forensisch-therapeutische ZentrumsB* (Fehlbuchungen, zu Unrecht entwendeter Schmerzengeldbetrag etc) nicht möglich gewesen sei, fristgerecht Postwertzeichen zu erwerben.

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei diesem Begehren dem Vorbringen nach – trotz der teilweise missverständlichen Wortwahl (arg „Wiederaufnahme“ , „Wiederaufnahme bzw Einsetzung in den ursprünglichen Verfahrensstand“ ) – im Hinblick auf den wiederholten Verweis auf das Versäumen der (offenkundig gemeint) Beschwerdefrist („ Fristverlust“, „… konnte … nicht fristgerecht Postwertzeichen erwerben“) zweifellos um einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand handelt.

Die Beurteilung einer möglichen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richtet sich nach § 71 AVG, der aufgrund der Bestimmung des § 17 Abs 2 Z 1 StVG sinngemäß zur Anwendung kommt.

Die Entscheidung über einen solchen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist kommt dabei jener Behörde bzw konkret jenem Gericht zu, das die Entscheidung in erster Instanz erlassen hat, weil Beschwerden gemäß § 121a Abs 1 Z 2 StVG bei diesem einzubringen sind (vgl dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 133 mwN).

Im gegenständlichen Fall ist daher das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag des A* berufen, welches bislang noch keine Entscheidung getroffen, jedoch – ohne dem Antrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl § 71 Abs 6 AVG) - die Beschwerde bereits zur Entscheidung an das Oberlandesgericht vorgelegt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zu § 71 AVG ist – sofern dem Wiedereinsetzungsantrag keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde - die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich aufgrund der Aktenlage zu entscheiden. Sofern die Wiedereinsetzung später bewilligt wird, tritt in einem solchen Fall die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft (VwGH Ra 2014/03/0056; vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 153 mwN).

Ausgehend von diesen Prämissen ändert daher der Umstand, dass über den Antrag des A* auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bislang nicht entschieden wurde, nichts an der Beurteilung seiner Beschwerde als verspätet.

Rechtsmittelbelehrung :

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.

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