23Bs206/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Staribacher als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Pasching und den Richter Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* B* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 2. Juli 2025, GZ **-12, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* B* verbüßt in der Justizanstalt ** den unbedingten fünfmonatigen Teil einer vom Landesgericht Krems an der Donau zu AZ ** wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB verhängten Freiheitsstrafe von 18 Monaten (vgl. ON 7). Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass er am 25. März 2025 in **
I. seine Eltern C* B* und D* B* gefährlich mit dem Tod bedroht hat, um „ihn“ in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er mehrmals schrie, dass er sie und deren Sohn bzw. seinen Bruder E* B* umbringen werde und sich währenddessen ein Brotmesser und Fleischerbeil aus der Küche holte;
II. seinen Vater C* B* in zwei Angriffen durch Gewalt und gefährliche Drohung zu einer Unterlassung genötigt hat, und zwar die Wohnung nicht zu verlassen, indem er ihn am T-Shirt packte und in die Wohnung zog, wobei dieser beim zweiten Angriff zu Sturz kam, und währenddessen sinngemäß drohte, ihn umzubringen.
Aufgrund eines tätlichen Angriffes auf einen Justizwachebeamten bei seiner letzten Inhaftierung im Jahre 2024 und aufgrund seiner Persönlichkeit befindet er sich seit seiner Einlieferung in die Justizanstalt ** im Vollzug gemäß 103 Abs 1 StVG („Besondere Sicherheitsmaßnahmen“, ON 3 S 2).
Das errechnete Strafende fällt auf den 2. September 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB liegen seit 2. Juli 2025 vor, zwei Drittel der Sanktion wurden am 12. Juli 2025 verbüßt.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.3) - die bedingte Entlassung des A* B* zu beiden Stichtagen aus spezial-, zum Hälfte-Stichtag auch aus generalpräventiven Gründen ab.
Gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung zum Zwei-Drittel-Stichtag richtet sich die sogleich nach Bekanntmachung der Entscheidung erhobene (ON 14 S 1) und zu ON 16 ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen.
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht stellte im bekämpften Beschluss die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung (§ 46 StGB) die Äußerungen/Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft (ON 1.3.) und der Anstaltsleitung (ON 3 S 2), das Vorleben des Strafgefangenen und die Ordnungswidrigkeit (missbräuchliche Verwendung der Notfallhaftraumsprechanlage) sowie Auszüge aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. F* im Anlassverfahren (dort ON 50.2), somit die wesentliche Sach- und Rechtslage im Wesentlichen treffend fest, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl 12 Os 137/07z; RIS-Justiz RS0098568).
A* B* weist neben der Anlassverurteilung drei im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehende Verurteilungen aus den Jahren 2024 und 2025 auf. Von den gegen ihn geführten Verfahren wie auch der zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien (ON 9 S 3: 29. Juli 2024, 8.00 Uhr, bis 13. August 2024, 11.35 Uhr) in Untersuchungshaft verbrachten Zeit offenbar unbeeindruckt wurde er innerhalb offener Probezeit(en) und in raschem Rückfall neuerlich straffällig.
Nach dem erwähnten Gutachten * F* besteht bei ihm diagnostisch eine Störung durch multiplen Substanzkonsum in Form eines zumindest schädlichen Gebrauchs bzw. auch berufsbedingter Abhängigkeit vor dem Hintergrund einer Persönlichkeitsakzentuierung mit narzisstischen und emotional instabilen (impulsiven) Zügen im Zusammenhang mit einem wahrscheinlich vorliegenden ADHS-Syndrom. Die Zeitdauer bis zur nächsten zu befürchtenden Straftat ist für den Experten schwierig einzuschätzen. Die mangelnde Bereitschaft in der Vergangenheit, sich verlässlich behandeln zu lassen, lassen für ihn jedoch befürchten, dass tatanaloge Verhaltensweisen ohne nachhaltige Behandlung und Änderung des bisherigen Lebenswandels, insbesondere des Alkohol- und Drogenkonsums innerhalb der nächsten 12-18 Monaten zu befürchten sind.
Sein Unvermögen, sich anzupassen, bzw. seine geringe Frustrationstoleranz und Impulsivität (vgl. GA F* S 42) zeigte sich zuletzt darin, dass er am 30. März 2025 (damit nur fünf Tage nach seiner Inhaftierung) mehr als dreieinhalb Stunden wiederkehrend die Haftraumsprechanlage betätigte und gegen die Haftraumtür schlug, allein um die sofortige Ausfolgung von Zigaretten durchzusetzen (ON 6).
Angesichts der neuerlichen Delinquenz im raschen Rückfall trotz bereits verspürten Haftübels und während offener Probezeit wie auch des Vollzugsverhaltens kann nicht davon ausgegangen werden, dass der durch den Strafvollzug eingeleitete Umdenkprozess bei A* B* bereits ausreichend ist, um ihn im Fall seiner bedingten Entlassung – selbst unter Anordnung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - ebenso wirksam vor einem Rückfall in (auch einschlägige) Delinquenz zu bewahren wie der weitere Vollzug der über ihn verhängten Strafe. Vielmehr lässt eine Gesamtwürdigung der angesprochenen Aspekte die ihm zu erstellende Kriminalprognose – in Übereinstimmung mit dem Erstgericht - negativ ausfallen.
Diesem Kalkül vermag der Beschwerdeführer mit Erklärungsversuchen für sein der Anlassverurteilung zugrunde liegendes Verhalten, dem Hinweis auf eine Wohnmöglichkeit (Emmausgemeinschaft) und dem Wunsch, seine Suchtbehandlung weiter zu führen bzw. eine Psychotherapie zu beginnen, nichts Stichhaltiges entgegensetzen. Seine Therapiemotivation und -bereitschaft wird er – mit Blick auf die ihm im Anlassverfahren erteilte Weisung - nach seiner Haftentlassung für die Dauer der Probezeit unter Beweis stellen können.
Damit entspricht der angefochtene Beschluss aber der Sach- und Rechtslage.