30Bs187/25g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Rich-terinnen Dr. Steindl und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 2 und 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung aufgrund der Vorlage der Anklageschrift der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption vom 24. Juni 2025, AZ ** 25g, GZ ** 82 des Landesgerichts St. Pölten, durch den Vorsitzenden des angerufenen Schöffengerichts gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO nichtöffentlich entschieden:
Spruch
Die Strafsache wird gemäß § 215 Abs 4 erster Satz StPO dem örtlich zuständigen Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht zugewiesen.
Die Anklageschrift ist rechtswirksam.
Die über A* verhängte Untersuchungshaft wird aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und 3 lit a und b StPO fortgesetzt.
Text
Begründung
Mit obiger Anklageschrift legt die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (im Folgenden: WKStA) dem am ** geborenen amerikanischen Staatsangehörigen A* zur Last, er habe im Februar bis Mai 2023 an einem noch festzustellenden Ort
I./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen und nachdem er – ab Punkt I./C./ des Anklagetenors – bereits zwei solche Taten begangen hatte (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) dadurch, dass er die abgesondert verfolgte und mit rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 14. Dezember 2023 zu Aktenzeichen ** verurteilte B* als Fahrerin der eigentlichen Abholerin der Beute rekrutierte, sie mit Wertkartentelefonen und SIM-Karten bzw. mit Geld für deren Ankauf versorgte sowie mit Geld für Nächtigungen, Benzin und Lebensmittel ausstattete, die Abholungen der jeweiligen Beute telefonisch koordinierte und letztlich auch die Steuerung der Verbringung der Beute aus Österreich zusagte und auch tatsächlich vornahm, zur Ausführung der von unbekannten Tätern im Rahmen einer kriminellen Organisation begangenen strafbaren Handlungen beigetragen, welche gewerbsmäßig (§ 70 StGB) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte ältere Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrige Vorgabe, dass eine nahe Angehörige bzw. ein naher Angehöriger einen schweren Verkehrsunfall (mitunter mit Todesfolge) verursacht habe und deshalb deren bzw. dessen Inhaftierung drohe, welche nur bei Bezahlung einer entsprechenden Kaution abgewendet werden könne, zur Übergabe von Bargeld und anderen Wertgegenständen, sohin zu einer Handlung, verleiteten bzw. zu verleiten versuchten, die diese in einem jeweils den Betrag von 5.000 Euro und im Gesamtbetrag von 300.000 Euro übersteigenden Ausmaß am Vermögen schädigten bzw. schädigen sollten, und zwar
A./ am 9. Februar 2023 in ** C* (geboren **) zur Übergabe von zumindest 100.000 Euro, wobei es letztlich zur tatsächlichen Übergabe von Goldmünzen im Wert von rund 50.000 Euro kam;
B./ am 20. März 2023 in ** Dr. D* E* (geboren **) und F* E* (geboren **) zur tatsächlichen Übergabe von Bargeld in Höhe von 100.000 Euro;
C./ am 13. April 2023 in ** G* (geboren **) zur Übergabe von 70.000 Euro, wobei es infolge der Skepsis des Opfers beim Versuch blieb;
D./ am 13. April 2023 in ** H* (geboren **) zur Übergabe von 90.000 Euro, wobei es infolge der Skepsis des Opfers beim Versuch blieb;
E./ am 13. April 2023 in ** I* (geboren **) zur Übergabe von 65.000 Euro, wobei es infolge der Skepsis des Opfers beim Versuch blieb;
F./ am 19. April 2023 in ** J* (geboren **) zur tatsächlichen Übergabe von Schmuck im Gesamtwert von rund 120.000 Euro;
G./ am 3. Mai 2023 in ** K* (geboren **) zur Übergabe von 250.000 Euro, wobei es letztlich zur tatsächlichen Übergabe von 145 Golddukaten im Gesamtwert von und 139.400 Euro kam;
H./ am 17. Mai 2023 in ** L* (geboren **) zur Übergabe von 120.000 Euro, wobei es letztlich zur tatsächlichen Übergabe von Bargeld in Höhe von 1.200 Euro und Schmuck in einem unbekannten Wert kam;
II./ sich durch die Begehung der zu Punkt I./ des Tenors angeführten strafbaren Handlungen an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen beteiligt, die auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Vermögen bedrohen, ausgerichtet ist, dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebt und die sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht.
A* soll hiedurch zu Punkt I./ das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 (richtig:) Abs 3 (zur Verdrängung der Qualifikation des § 147 Abs 2 StGB zufolge Spezialität siehe RIS-Justiz RS0132779; OGH 12 Os 138/22v), 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB sowie zu Punkt II./ das Verbrechen der kriminellen Organisation nach § 278a StGB begangen haben.
Der Vorsitzende legte die Anklageschrift dem Oberlandesgericht Wien gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO wegen Bedenken an der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts vor.
Vom Angeklagten wurde kein Einspruch gegen die Anklageschrift erhoben. Die WKStA äußerte sich nicht zur Vorlage gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO.
Rechtliche Beurteilung
Die Bedenken des Erstgerichts, welche auch durch den Angeklagten in seiner Stellungnahme vom 10. Juli 2025 geteilt werden, sind berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass das zu Punkt II./ angeklagte Delikt der kriminellen Organisation gemäß § 278a StGB einheitlich mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren normiert ist. Die Hauptverhandlung und Urteilsfällung obliegt – sofern nicht gleichzeitig (wie konkret zu Punkt I./ der Fall) in die Kompetenz des Schöffen- oder Geschworenengerichts fallende Delikte mitabgehandelt werden – gemäß § 31 Abs 4 Z 1 StPO dem Einzelrichter des Landesgerichts, Plöchl in Höpfel/Ratz , WK² StGB § 278a Rz 46).
Gemäß § 31 Abs 3 Z 6a StPO kommt dem Landesgericht als Schöffengericht das Hauptverfahren (unter anderem) wegen des Vergehens des schweren Betrugs bei einem 50.000 Euro übersteigenden Schaden sowie auch gemäß § 31 Abs 3 Z 1 StPO wegen Straftaten zu, die mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind - wie gegenständlich (unter Heranziehung des § 29 StGB) das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB (Punkt I./).
Aufgrund des Verlangens der WKStA in der Anklageschrift (§ 32 Abs 1b StPO) wird die Besetzung des Schöffengerichts mit zwei Richtern und zwei Schöffen zu erfolgen haben.
Bezugspunkt für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ist der von der Anklage vorgegebene Prozessgegenstand. Bei der Beurteilung, wo die Straftat begangen wurde, orientiert sich das Gericht an der Aktenlage (RIS-Justiz RS0131309 [T3]).
Im Falle gleichzeitiger Anklage mehrerer beteiligter Personen (§ 12 StGB) oder – wie aktuell – einer Person wegen mehrerer Straftaten ist das Hauptverfahren nach § 37 Abs 1 erster Satz StPO zwingend vom selben Gericht gemeinsam zu führen ( Oshidari , WK StPO § 37 Rz 1 f). Dabei ist gemäß § 37 Abs erster Satz erster Fall StPO unter Gerichten verschiedener Ordnung das höhere Gericht zuständig, somit aufgrund des Anklagepunkts I./ das Landesgericht als Schöffengericht.
Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, ist die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts im Hauptverfahren auch bei Subsumtionseinheiten (hier nach § 29 StGB zu Punkt I./) hinsichtlich jeder der zusammenzufassenden Straftaten nach den Kriterien des § 36 Abs 3 StPO zu ermitteln. Möglicher Anknüpfungspunkt für die sodann nach § 37 Abs 2 zweiter und dritter Satz StPO vorzunehmende Beurteilung, welches Gericht für das wegen aller Straftaten gemeinsam zu führende Hauptverfahren örtlich zuständig ist, ist jeder einzelne der Tatorte (§ 36 Abs 3 StPO), es sei denn, eine Qualifikation, welche die sachliche Zuständigkeit eines höherrangigen Gerichts (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO) nach sich zieht, wäre nach der Verdachtslage durch eine einzige dieser Straftaten verwirklicht worden (RIS-Justiz RS0131445; Oshidari , WK-StPO § 37 Rz 5/1 mwN).
Da sich nach der Verdachtslage jeder einzelne Anklagevorwurf zu I./A./ bis H./ auf einen durch eine einzelne Tat verursachten, jeweils für sich 50.000 Euro übersteigenden und somit die Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffengericht begründenden, Betrugsschaden bezieht (§ 31 Abs 3 Z 6a StPO), kommt - mangels in Betracht kommender Gerichte verschiedener Ordnung oder eines solchen mit Sonderzuständigkeit bzw. weiterer Tatbeteiligter (§ 12 StGB) gemäß § 37 Abs 2 erster Satz StPO - das Verfahren im Falle mehrerer Straftaten an sich dem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt ( Oshidari , WK StPO § 37 Rz 5). Von dieser Anknüpfung an die zeitliche Abfolge der Taten besteht allerdings eine Ausnahme im Interesse der Verfahrensökonomie für den Fall, dass für das Ermittlungsverfahren eine Staatsanwaltschaft bei einem Landesgericht zuständig war, in dessen Sprengel auch nur eine der angeklagten strafbaren Handlungen begangen worden sein soll (§ 37 Abs 2 dritter Satz StPO; RIS Justiz RS0125227; Oshidari , WK StPO § 37 Rz 5).
Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist primär das Gericht für das Hauptverfahren zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Nur für den Fall, dass dieser Ort der (versuchten) Tatausführung – somit im Falle eines Beitragstäters der Ort, wo dieser seinen Beitrag leistet ( Nordmeyer in WK-StPO § 25 Rz 1) – im Ausland liegt oder er nicht festgestellt werden kann, ist – wie vorliegendenfalls aufgrund der Aktenlage und den Ausführungen der WKStA anzunehmen ist (ZV Klimeosva – ON 6.4.1; ON 82, 12) – der Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten hätte sollen (zur Subsidiarität siehe RIS Justiz RS0127231). Denn Tatort ist gemäß § 67 Abs 2 StGB jener Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (Handlungsort bzw. Unterlassungsort) oder an dem der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist oder hätte eintreten sollen (Erfolgsort). Letzterer ist beim (hier gegenständlichen) Erfolgsdelikt des Betrugs jener Ort, an dem der effektive Verlust an Vermögenssubstanz (Vermögensschaden) eingetreten ist ( Salimi in WK² StGB § 67 Rz 15, 30; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 4, 57 f; RIS-Justiz RS0103999).
Wie bereits vom Landesgericht St. Pölten (ON 84, 2) aufgezeigt, liegt nach der Aktenlage mit Blick auf den Eintritt des Vermögensschadens (effektiver Verlust an Vermögenssubstanz) zu Faktum I./B./ durch die persönliche Übergabe von zumindest 100.000 Euro in **, durch das Opfer Dr. D* E* an einen sogenannte „Abholer“ der kriminellen Organisation (ON 3.118.14.17.2.2) zumindest ein Tatort (im Sinne des konkret heranzuziehenden Erfolgsorts gemäß § 67 Abs 2 StGB) im Sprengel des Landesgerichts für Strafsachen Wien. Der Sitz der für das gegenständliche Ermittlungsverfahren zuständigen WKStA ist in ** und liegt somit gleichfalls im Sprengel des Landesgerichts für Strafsachen Wien (§ 2a Abs 1 StAG; RIS Justiz RS0124935 [T7] = 14 Ns 40/20y; Schroll/Oshidari , WK StPO § 20a Rz 2; Nordmeyer , WK StPO Vor §§ 25–28a Rz 2; Oshidari , WK StPO § 36 Rz 1). Demzufolge ist das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht zur Führung der Strafsache gegen den Angeklagten A* zuständig.
In Fällen eines Ausspruchs nach § 215 Abs 4 erster Satz StPO oder Vorlage nach § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO an den Obersten Gerichtshof aus Anlass berechtigter Bedenken des angerufenen Gerichts gegen seine örtliche Zuständigkeit hat das dem angerufenen Gericht übergeordnete Oberlandesgericht wie bei einem erhobenen Anklageeinspruch vorzugehen ( Birklbauer , WK-StPO § 215 Rz 4) und nach der vom § 215 StPO vorgeschriebenen Systematik eine mögliche Subsumtion unter die einzelnen Einspruchsgründe zu prüfen und darüber inhaltlich zu entscheiden (RIS-Justiz RS0124585).
Das Oberlandesgericht hat im Fall, dass sich der Einspruchswerber in Haft befindet, im Rahmen seiner Entscheidungen eine Prüfung der Haftfrage vorzunehmen (vgl. § 214 Abs 3 StPO). Das gilt selbst für den Fall, dass kein Anklageeinspruch erhoben wurde, das Oberlandesgericht aber wegen erstgerichtlicher Bedenken die Zuständigkeit zu prüfen hat (RIS-Justiz RS0124585 [T7]; Birklbauer , WK-StPO Vor §§ 210 bis 215, Rz 49).
Demnach obliegt (auch) bei Vorlage des Aktes gemäß § 213 Abs 6 zweiter Satz StPO dem Einspruchsgericht die Prüfung, ob die Anklageschrift den formellen Erfordernissen des § 211 StPO entspricht, den im Verfahren entscheidungswesentlichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit den Erhebungsergebnissen zur Darstellung bringt, ob die aus den objektiven Unterlagen gezogenen Schlüsse der Anklagebehörde und die daran geknüpften rechtlichen Darlegungen zur objektiven und subjektiven Tatseite denkrichtig und möglich sind, sowie ob Umstände vorliegen, die zu einem logisch nicht lösbaren Widerspruch führen. Ob sich der Tatverdacht, der nach dem derzeitigen Verfahrensstadium keineswegs dringlich zu sein braucht, zu einem Schuldspruch verdichten lassen, muss dem erkennenden Gericht vorbehalten bleiben ( Birklbauer , aaO § 215 Rz 25; Mayerhofer , StPO 6 § 215 E 4). Die Beweislage ist nach ständiger Judikatur als ausreichend anzusehen, wenn sie einen einfachen Tatverdacht begründet, wenn also bei der Gegenüberstellung aller be- und entlastenden Indizien ein Schuldspruch zumindest als wahrscheinlich anzusehen ist ( Birklbauer , aaO § 210 Rz 5; § 212 Rz 15, 18).
Gegenständlich konnte sich die WKStA hinsichtlich des A* zur Last gelegten Sachverhalts sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht insbesondere auf die Anlass- und Abschlussberichte des ** Landeskriminalamts LKA ** zu GZ ** (insbesondere ON 6.2.1, ON 20.2 und ON 79.2) stützen, aus denen sich ergibt, dass der Angeklagte einerseits von der abgesondert verfolgten und bereits durch das Landesgericht St. Pölten zu AZ ** mit rechtskräftigem Urteil vom 14. Dezember 2023 als Beitragstäterin der zu Punkt I./ angeführten Fakten unter anderem wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 3 (richtig:) Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, 15 StGB zu einer 40-monatigen Freiheitsstrafe verurteilten B* (ON 6.4.1; ON 6.6.2) und andererseits auch durch deren Schwester M* (ON 6.5.1) und den von dieser vorgelegten Sprachnachrichten (ON 6.7) schwer belastet wird. Nach deren Angaben habe der Angeklagte B* über Facebook als Fahrerin rekrutiert, um zu den zu Punkt I./ angeführten Fakten gegen Entgelt falsche Polizisten (sogenannte „Abholer“) zur Geldübernahme nach Österreich und wieder retour nach Tschechien zu bringen. Weiters habe er das älteren Personen herausgelockte Geld entgegengenommen und generell diese Taten z.B. auch durch Bereitstellung von Tastentelefonen als sogenannter „Logistiker“ organisiert. Diese Angaben werden nicht nur durch die vorgelegten Sprachnachrichten des Angeklagten (ON 6.7), aus denen hervorgeht, dass der Angeklagte offensichtlich über die Festnahme der B* und ihrer unmündigen Komplizin N* (ON 7, 2) informiert war und sich auch um die Organisation eines Rechtsanwalts für die Festgenommenen kümmerte, gestützt, sondern darüber hinaus auch durch die auf seinem Facebook-Profil „O*“ vorgefundenen Posts von Fotos aus dem Jahr 2023 auf denen Unmengen an Bargeld und Gold (ON 6.2.1, 4ff), die vor dem Hintergrund seiner Angaben zu seiner Arbeits- und Vermögenslosigkeit (ON 73) nicht erklärbar sind. Darüber hinaus gibt ein von den tschechischen Behörden zur Verfügung gestellter Mitschnitt einer Telefonüberwachung zwischen dem Angeklagten und einem unbekannten Mittäter in der Sprache Romanes vom 21. Juli 2024 (ON 6.8) Einblick in die Rekrutierungspraxis von sogenannten „Abholern“ und wird in diesem Gespräch – aufgrund der Bezugnahme auf die Verurteilung (wohl gemeint der B*) zu einer Freiheitsstrafe von vierzig Monaten (ON 6.3, 3) sowie ein 13-jähriges Mädchen (wohl gemeint N*) als Komplizin (ON 6.3, 5) – offenkundig über das bestehende Gerücht einer allfälligen den Angeklagten belastenden Aussage der B* diskutiert.
Zur Tatbegehung des Angeklagten im Rahmen einer kriminellen Organisation ist dem Anlassbericht des LKA ** vom 23. Oktober 2023 (ON 2.1) zu entnehmen, dass ihre federführenden Protagonisten aus Polen operieren, der Volksgruppe der Roma und Sinti zuzuordnen sind, und dieser Organisation – für die nach der Verdachtslage auch der Angeklagte als sogenannter „Logistiker“ längere Zeit hindurch (siehe hierzu Fakten zu Punkt I./) tätig gewesen sein soll – beginnend mit dem 1. Jänner 2022 über tausend Fakten mit einer Gesamtschadenssumme von ca. 13 Millionen zugeordnet werden konnten. Die Sachverhaltsannahmen zum erforderlichen hohen Organisationsgrad für gegenständliche „Kautionstrick“-Betrügereien, die Beteiligung von zumindest zehn Personen, das Vorliegen hierarchischer, unternehmensähnlicher Strukturen und das arbeitsteilige Vorgehen (strikte Trennung in sogenannte „Caller“, „Logistiker“ und „Abholer“) gründen insbesondere auf den diesbezüglichen Polizeiberichten (ON 2.1, ON 3.118.14.4.2.2, ON 3.118.14.4.10.2, ON 3.118.14.4.38.2, ON 3.118.14.13.2, ON 3.118.14.16.2.2, ON 3.118.24.2 und ON 3.118.44.2) sowie den Angaben der Opfer (ZV C* - ON 3.118.14.2.3; ZV K* - ON 3.118.14.4.2.4, ZV L* - ON 3.118.14.4.10.6, ZV Dr. E* - ON 3.118.14.17.2.4, ZV G* - ON 3.118.14.19.2.4, ZV H* - ON 3.118.14.13.5, ZV J* - ON 3.118.14.13.9, AV zu Opfer I* - ON 3.118.14.13.12) und abgesondert verfolgten und verurteilten B* (ON 6.4.1 und ON 6.6.2) sowie ihrer Schwester M* (ON 6.5.1).
Der Angeklagte leugnete bei seiner Beschuldigteneinvernahme vom 25. März 2025 (ON 52.3.1) jegliche Beteiligung an den unter dem Schlagwort „Kautionstrick“ bekannten Betrügereien und erklärte das Aussageverhalten der B* damit, dass sie seine Ex-Geliebte sei, die sich bei ihm für seine unterlassene finanzielle Unterstützung nach ihrer Haftentlassung habe rächen wollen.
Ein hinreichender Tatverdacht zur subjektiven Tatseite zu den Verbrechen zu Punkt I./ und II./ lässt sich in rechtsstaatlich unbedenklicher Weise (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671) aus dem äußeren Tatgeschehen, insbesondere der wiederkehrenden Begehung schwerer Betrugshandlungen nach dem selben modus operandi über einen längeren Zeitraum hindurch, dem Einsatz und der Rekrutierung von sogenannten „Abholern“, der Verteilung von Tastentelefonen, der Vielzahl der angelasteten Angriffe und der Höhe der nach der Verdachtslage herausgelockten, den Betrag von 5.000 Euro jeweils, und insgesamt den Betrag von 300.000 Euro, übersteigenden Geldbeträgen und Schmuckstücken erschließen.
Ausgehend von den dargelegten - teils auch durch Sprachnachrichten und Fotos dokumentierten - Beweisergebnissen ist der Tatverdacht hinsichtlich der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten auch hinsichtlich Dringlichkeit und Gewicht ausreichend, um eine Verurteilung des Angeklagten zu Punkt I./ und II./ für möglich zu halten und der Sachverhalt auch soweit geklärt, dass seine Verurteilung nahe liegt (§ 212 Z 2 und 3 StPO).
Ob die Beweismittel tatsächlich ausreichen werden, den Angeklagten der ihm angelasteten strafbaren Handlungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu überführen, muss der Entscheidung des nach den Grundsätzen der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und freien richterlichen Beweiswürdigung erkennenden zuständigen Schöffengerichts vorbehalten bleiben, der vorzugreifen nicht statthaft ist (§ 215 Abs 5 zweiter Satz StPO).
Da die Anklageschrift den Namen des Angeklagten sowie weitere Angaben zu seiner Person, Zeit, Ort und die näheren Umstände der Begehung der ihm zur Last gelegten Taten sowie die gesetzliche Bezeichnung der durch ihn verwirklichten strafbaren Handlungen im Sinne des § 211 Abs 1 StPO enthält, leidet die Anklageschrift auch nicht an formellen Mängeln (§ 212 Z 4 StPO). Überdies hat die dazu berechtigte Staatsanwaltschaft auch das sachlich zuständige Landesgericht als Schöffengericht angerufen. Der Einspruchsgrund des § 212 Z 5 StPO liegt somit ebenfalls nicht vor. Die Staatsanwaltschaft ist verfahrensgegenständlich der hiezu berechtigte Ankläger (§ 212 Z 7 StPO). Auch wurde das Verfahren nicht zu Unrecht nachträglich fortgesetzt (§ 212 Z 8 StPO).
Über A* wurde nach dessen Festnahme am 25. März 2025, 6.02 Uhr, in Tschechien (ON 41, 3) aufgrund des Europäischen Haftbefehls, bewilligt durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 3. März 2025 (ON 23), Übergabe an die österreichischen Behörden und Einlieferung in die Justizanstalt ** am 12. Juni 2025, 18.15 Uhr (ON 67.2, ON 72) – über Antrag der WKStA (ON 1.38) – mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Juni 2025 (ON 73 und ON 74) die Untersuchungshaft wegen des dringenden Tatverdachts des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 (richtig:) Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB (Punkt I./) und des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (zu Punkt II./) aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 1, 2 und 3 lit a und b StPO mit Wirksamkeit bis längstens 30. Juni 2025 verhängt (ON 74).
Die aus Anlass der gegenständlichen Entscheidung notwendig gewordene Prüfung der Haftfrage (§ 214 Abs 3 StPO) führte zu dem Ergebnis, dass dem vorstehend angesprochenen Tatverdacht im Sinne des insoweit in der Anklageschrift geschilderten objektiven Tatablaufes zu Punkt I./ und II./ (unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Rechtsmittelgericht seine Entscheidung reformatorisch zu treffen hat [§ 174 Abs 4 zweiter Satz StPO; RIS-Justiz RS0116421; RS0120817]) sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht auch das Prädikat der Dringlichkeit aufgrund der angeführten Ermittlungsergebnisse zukommt.
In subjektiver Hinsicht liegt daher der (ebenso dringende) Verdacht vor, der Angeklagte habe zu Punkt I./ gewollt, dass die jeweiligen Opfer durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrige Vorgabe der unmittelbaren Täter, sie seien Polizeibeamte, und die wahrheitswidrige Vorgabe, dass ein naher Angehöriger der Opfer einen Unfall verursacht habe und nur gegen Erlag einer jeweils über 50.000 Euro übersteigenden Kaution enthaftet würde, zu Handlungen verleitet werden, die die jeweiligen Opfer in einem jeweils 5.000 Euro – insgesamt 300.000 Euro – weit übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten und dass er selbst sowie die Mittäter durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig bereichert würde, wobei er ebenso wollte, dass die jeweiligen unmittelbaren Täter sich fälschlich für Beamte ausgaben, wobei es auch dem Angeklagten jeweils darauf ankam, sich durch den wiederkehrenden Beitrag zu diesen schweren Betrügereien, indem er sich der kriminellen Organisation als sogenannter „Logistiker“ zur Verfügung stellte und B* als Fahrerin der eigentlichen „Abholerin“ der jeweiligen Beute für die unter Punkt I./ des Anklagetenors genannten Taten rekrutierte, sie mit Wertkartentelefonen und SIM-Karten bzw. mit Geld für deren Ankauf versorgte sowie mit Geld für Nächtigungen, Benzin und Lebensmittel ausstattete, die Abholungen telefonisch koordinierte und letztlich auch die Steuerung der Verbringung der Beute aus Österreich zusagte und auch tatsächlich vornahm, längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, das nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigt, und er mehr als zwei solcher Taten beging. Er war sich dessen bewusst, dass er durch seine Bereitschaft, als sogenannter „Logistiker“ der kriminellen Organisation tätig zu sein, die unmittelbaren Täter in ihrem Tun bestärkte, weil sein Zutun für das Gelingen des Tatplanes und die Erlangung der angestrebten Bereicherung erforderlich war, und er nahm all dies billigend in Kauf.
Weiters ist der Angeklagte auch hinsichtlich Punkt II./ in subjektiver Hinsicht dringend verdächtig, sich bewusst als Mitglied einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von zumindest zehn Personen, die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Vermögen bedrohen, nämlich vorwiegend schwere Betrugshandlungen, ausgerichtet ist, dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebt und die sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen sucht, indem sie unter anderem über Call-Center operiert, durch deren Mitarbeiter und Mitglieder der Organisation die Geschädigten kontaktiert werden (ON 2), angeschlossen und untergeordnet zu haben und all dies billigend in Kauf genommen zu haben. Weiters besteht der dringende Verdacht, er wollte sich an dieser auch in Österreich agierenden kriminellen Organisation beteiligen, indem er die unter Punkt I./ des Anklagetenors angeführten strafbaren Handlungen im Rahmen der kriminellen Ausrichtung der Organisation beging.
Ausgehend von dem sohin als dringend einzustufenden Tatverdacht sind die Haftgründe der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a und b StPO zu bejahen, nicht jedoch jener der Verdunkelungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 StPO.
Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr liegt nur dann vor, wenn der Beschuldigte bereits versucht hat, auf die in § 173 Abs 2 Z 2 StPO bestimmte Weise die Wahrheitsfindung zu erschweren oder wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, er werde in Zukunft einen solchen Versuch unternehmen ( Mayerhofer , StPO 6 § 173 E 93; Kirchbacher , StPO 15 § 170 Rz 8). Mit Blick auf die bereits erfolgte Verurteilung der B* hinsichtlich der der gegenständlichen Anklageschrift zugrunde liegenden Fakten im Jahr 2023 (ON 7), worüber der Angeklagte zumindest seit Juli 2024 in Kenntnis war (ON 6.3, 3) und dem Umstand, dass der Angeklagte auch bereits zeitnah über die Festnahme der B* im Mai 2023 informiert war (ON 6.7), liegen nun keine konkreten Anhaltspunkte für zukünftige Verschleierungsmaßnahmen (Zeugenbeeinflussung, Verbringen von Beweismaterial etc) vor, die die Annahme der – ohnehin nur bis 14. August 2025 geltenden ( Kirchbacher/Rami in WK-StPO § 175 Rz 2, Rz 5) - Verdunkelungsgefahr rechtfertigen würden. Die bloße Möglichkeit der Setzung von Verdunkelungshandlungen genügt ebensowenig wie die bloße Befürchtung, der Angeklagte werde – im Übrigen mehr als zwei Jahre nach Bekanntwerden der Festnahme der B* – nicht ausgeforschte Mittäter von den kriminalpolizeilichen Ermittlungen in Kenntnis setzen ( Nimmervoll , Haftrecht³ Rz 515 ff). Im Hinblick auf die bereits erzielten Ermittlungsergebnisse und den Zeitablauf kann der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr daher nicht erblickt werden, daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Angeklagte nach der Verdachtslage aktives Mitglied einer kriminellen Organisation ist, die sich grundsätzlich mit hoher krimineller Energie gegen die Strafverfolgung abzuschirmen sucht (ON 2).
Unter Fluchtgefahr ist die Gefahr zu verstehen, der Beschuldigte werde sich der Strafverfolgung als solcher entziehen, also dem Strafverfahren insgesamt oder zumindest der ihm allenfalls drohenden Strafe. Zu berücksichtigen sind bei Prüfung dieses Haftgrundes, wenn auch keineswegs alleine, Art und Ausmaß der dem Angeklagten voraussichtlich bevorstehenden Strafe, wobei es sich um keine Schuldvermutung, sondern bloß um die abstrakte Prognose der zu verhängenden Strafe im Fall eines Schuldspruchs handelt ( Kirchbacher/Rami , WK-StPO § 173 Rz 31). Der Angeklagte ist amerikanischer Staatsangehöriger, beschäftigungslos, ohne festen Wohnsitz und soziale Integration im Inland und ist nicht nur aufgrund seiner Kontakte innerhalb der kriminellen Organisation international gut verknüpft (ON 2.1), sondern war – nach seinen Angaben – vor bzw. auch während seiner Wohnsitznahme in der Tschechischen Republik mit seiner Lebensgefährtin und seinen zwei Enkelkindern (begrenzte Aufenthaltserlaubnis bis 2030) in Polen, England und Kanada aufhältig (ON 52.3.1, 3). Zumal er die gegenständlichen Straftaten – soweit ersichtlich – auch vorwiegend aus dem Ausland (Tschechien) gesteuert haben dürfte (ohne in das Bundesgebiet eingereist zu sein) ist daher in Zusammenhalt mit einer Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (bei verdachtskonformer rechtskräftiger Verurteilung) und der anzunehmend im Ausland „gebunkerten“ Betrugsbeute (siehe hierzu ON 6.2.1, 4ff) die konkrete Befürchtung abzuleiten, der Angeklagte werde sich auf freiem Fuß dem weiteren Verfahren durch Flucht entziehen oder sich zumindest verborgen halten (§ 173 Abs 2 Z 1 StPO; Nimmvervoll , Haftrecht³, 123f ; RIS-Justiz RS0115056).
Auch der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO liegt vor. Der Angeklagte weist eine spezifisch einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2021 wegen eines Betrugsdelikts in Polen auf (ON 15.2), aufgrund der er zu einer für eine Probezeit von zehn Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde, und steht nicht einmal zwei Jahre nach dieser Verurteilung – somit auch innerhalb offener Probezeit - neuerlich im Verdacht, in wiederholten Angriffen über einen längeren Zeitraum hindurch einschlägig delinquiert zu haben, sodass auch in Zusammenschau mit den oben dargelegten Beweisergebnissen und sich daraus ergebenden Tatsachen die Annahme naheliegt, es handle sich bei A* um einen mit massiver krimineller Energie ausgestatteten berufsmäßigen (und damit wiederholungsgeneigten) Betrüger (vgl ähnlich RIS-Justiz RS0097773).
Zwar orientiert sich bei Vermögensdelikten die Einordnung einer Tat im Sinne des § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO grundsätzlich an der oberen Wertgrenze (hier gemäß § 147 Abs 3 StGB) von 300.000 Euro, sodass insofern die bloße Zusammenrechnung der insgesamt in achtfacher Wiederholung angelasteten Angriffe nicht per se als schwere Folge anzusehen wäre. Jedoch ist unter Berücksichtigung von Art, Ausmaß und Wichtigkeit aller effektiven Nachteile sowohl für den betroffenen Einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes, des außerordentlich hohen sozialen Störwerts einschließlich der Eignung, umfangreiche und kostspielige Abwehrmaßnahmen sowie weit reichende Beunruhigung und Besorgnisse auszulösen (Tatbegehung zulasten älterer Personen unter Vortäuschung schwerer Verkehrsunfälle – mitunter mit Todesfolge – durch nahe Angehörige; gewerbsmäßiges Handeln sowie Beteiligung an einer international agierenden kriminellen Organisation; siehe ON 82, Nimmervoll , Haftrecht³ Rz 665 und 674) insgesamt (auch) von einer Tat mit schweren Folgen auszugehen (vgl zu alldem Kirchbacher/Rami aao Rz 43).
Es steht daher konkret zu befürchten, der Angeklagte werde ungeachtet des wegen einer mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit schweren bzw. nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm in achtfacher Wiederholung angelastete Straftat mit insgesamt schweren Folgen, um sich weiterhin fremdes Geld zur Anhäufung von Vermögenswerten zu verschaffen.
Unter Berücksichtigung seiner finanziellen Situation (ON 67.3) und der sich aus der ihm zur Last gelegten Tathandlungen zu erschließenden beträchtlichen kriminellen Energie können die angezogenen Haftgründe im Hinblick auf ihr Gewicht zu einer effektiven Hintanhaltung durch gelindere Mittel des § 173 Abs 5 StPO nicht wirksam substituiert werden.
Da auch eine Unverhältnismäßigkeit der seit 14. Juni 2025 andauernden Untersuchungshaft (vgl. ON 74) selbst unter Einrechnung der Übergabehaft seit 25. März 2025 (ON 41) im Hinblick auf das einschlägig getrübte Vorleben des Angeklagten (ON 15.2) und die Deliktskumulierung zur Bedeutung der Sache und der im Fall eines Schuldspruchs zu erwartenden Strafe bei einem aktuellen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe nicht vorliegt, war die Untersuchungshaft des A* fortzusetzen.
Nach Einbringung der Anklage ist die Untersuchungshaft durch eine Haftfrist nicht mehr begrenzt (§ 175 Abs 5 StPO).