JudikaturOLG Wien

23Bs190/25x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Aichinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Staribacher und den Richter Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 12. Juni 2025, GZ **-17, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt **, Außenstelle **, unmittelbar aufeinanderfolgend – teils nach Widerruf bedingter Strafnachsicht – drei Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von 48 Monaten mit dem errechneten Strafende am 10. April 2026. Zunächst verbüßte er eine vom Bezirksgericht Wiener Neustadt zu AZ ** wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB verhängte Freiheitsstrafe von 4 Monaten und eine vom Landesgericht Wiener Neustadt zu AZ ** wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 erster Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe von 24 Monaten. Nunmehr steht eine vom Landesgericht Wiener Neustadt zu AZ ** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall, 15 StGB aF zunächst bedingt nachgesehene und letztlich widerrufene Freiheitsstrafe von 20 Monaten in Vollzug. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB liegen seit 10. April 2024 vor, zwei Drittel der Strafzeit wurden am 10. Dezember 2024 verbüßt.

Das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht lehnte zu AZ ** mit unbekämpften Beschluss vom 20. September 2024 die bedingte Entlassung des A* zum Zwei-Drittel-Stichtag aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 13).

Mit Schreiben vom 15. Mai 2025 (ON 2) beantragte er – unter Anschluss einer Bestätigung seines Psychotherapeuten vom 25. März 2025, eines Meldenachweises und seiner Geburtsurkunde - seine bedingte Entlassung mit der wesentlichen Begründung, seit 16 Monaten eine Therapie zur Aufarbeitung Biographie, Deliktbearbeitung, aktuelle Haftsituation, Konfliktlösungsstrategie sowie über künftige Zielsetzungen zu absolvieren, einen ordentlichen Wohnsitz zu haben und bei „Rückkunft“ jederzeit seine Arbeit wiederaufnehmen zu können.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Äußerung der Staatsanwaltschaft (ON 1.5) – die bedingte Entlassung des Bittstellers aus spezialpräventiven Gründen ab. Denn wenn auch die zuletzt positiven Entwicklungen des Strafgefangenen während des Vollzugs, insbesondere die Absolvierung suchttherapeutischer Maßnahmen seit 29. Februar 2024 und der problemlose Ablauf von Vollzugslockerungen in Form von unbewachten Aufenthalten außerhalb der Anstalt nicht unberücksichtigt bleiben können, seien diese (noch) nicht ausreichend, dem negativen Persönlichkeitskalkül etwas Stichhaltiges entgegenzusetzen, um die Zukunftsprognose des Strafgefangenen zu Gunsten einer bedingten Entlassung ausschlagen zu lassen.

Dagegen richtet sich die sogleich nach Bekanntgabe der Entscheidung erhobene (ON 18 S 2) und zu ON 19 ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht stellte im bekämpften Beschluss die für die bedingte Entlassung maßgebliche Norm (§ 46 StGB) die Äußerungen/Stellungnahmen der Anstaltsleitung (ON 4 S 2), des Psychologischen Dienstes (ON 16) und des Sozialen Dienstes (ON 15) sowie der Staatsanwaltschaft, somit die wesentliche Sach- und Rechtslage treffend fest, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl 12 Os 137/07z; RIS-Justiz RS0098568).

A* wurde vom Landesgericht Wiener Neustadt zunächst im Februar 2013 zu AZ ** wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall, 15 StGB idF vor BGBl I 2015/112 zu einer bedingt nachgesehenen 20-monatigen Freiheitsstrafe (ON 11) sowie (nach der im VJ-Register einsehbaren Urteilsausfertigung: nach erneuter Straffälligkeit nur knappe sechs Monate später und damit im raschen Rückfall) im Oktober 2013 zu AZ ** wegen § 107 Abs 1 StGB zu einer bedingten dreimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Innerhalb offener Probezeiten wurde er abermals straffällig und vom Landesgericht Wiener Neustadt im August 2015 zu AZ ** wegen (jeweils idF vor BGBl I 2015/112) §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 „erster und vierter“ Fall, 15 StGB teils als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB, § 241e Abs 1 StGB und §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In einem wurden die beiden offenen Probezeiten auf fünf Jahre verlängert. Dieser Verurteilung lag (nach der im VJ-Register einsehbaren Urteilsausfertigung) u.a. zugrunde, dass er am 23. Februar 2015 B* durch die Aufforderung zur Tat, die Übergabe der Gasdruckpistole und die Verbringung zum Tatort mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dazu bestimmt hat, dass dieser am selben Tag in ** C* mit Gewalt gegen ihre Person, indem er ihr Schläge und Tritte versetzte, sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB), indem er ihr eine Gasdruckpistole vorhielt und sie derart dazu zwang, den Tresor zu öffnen, Bargeld und Gutscheine im Wert von 3.601,48 Euro abnötigte, wobei der Genannte den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte. A* war damals der Suchtgiftszene zuzuordnen und hatte aufgrund seines Suchtgiftkonsums einen erhöhten Geldbedarf, den er aufgrund seiner Beschäftigungslosigkeit nicht zu decken vermochte (ON 6 S 16).

Nach Verbüßung von zwei Dritteln dieser Freiheitsstrafe wurde er am 6. Dezember 2019 zu AZ ** des Landesgerichts Krems an der Donau bedingt entlassen (ON 12). Für die ihm damals erstelle positive Zukunftsprognose war maßgeblich, dass A* eine positive Führung hatte (nämlich auch alle in der Außenstelle durchgeführten Kontrollmaßnahmen in Form von routinemäßigen Harn- und Alkoholkontrollen ohne Vorkommnisse verlaufen waren, er sich seit Dezember 2018 im vorzeitigen Entlassungsvollzug befunden, sämtliche ihm gewährte unbewachte Aufenthalte ohne Beanstandungen absolviert und freiwillig regelmäßig an der tiefenpsychologisch orientierten, offen geführten Gruppentherapie teilgenommen hatte), eine Wohnbestätigung vorlag und ein Arbeitsplatz in Aussicht war.

A* vermochte auch diese Resozialisierungschance nicht für sich nutzen. Vielmehr wurde er beginnend mit August 2020 wiederholt straffällig und hiefür zunächst vom Bezirksgericht Wiener Neustadt am 24. Juni 2021 (rk 31. Jänner 2022) zu AZ ** wegen § 146 StGB zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe (ON 9) und schließlich vom Landesgericht Wiener Neustadt zu AZ ** wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 erster Fall StGB zu einer 24-monatigen Freiheitsstrafe (ON 10) verurteilt, wobei die Taten der letzten Verurteilung teils während anhängigen Rechtsmittelverfahrens bzw. im raschen Rückfall bzw. trotz bevorstehenden Strafvollzugs begangen wurden.

Angesichts der neuerlichen Delinquenz trotz bereits wiederholt gewährter Resozialisierungschancen in Form von bedingten Strafnachsichten, Probezeitverlängerungen,Beigabe eines Bewährungshelfers und bedingter Entlassung (bei annähernd gleich guter Prognose im intramuralen Bereich) sowie des schon zuvor verspürten Haftübels kann nicht davon ausgegangen werden, dass der durch den Strafvollzug eingeleitete Umdenkprozess bereits ausreichend ist, um den Beschwerdeführer im Fall seiner bedingten Entlassung – selbst unter Anordnung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB - gleich wirksam von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten wie der weitere Vollzug. Vielmehr lässt eine Gesamtwürdigung der angesprochenen Aspekte die ihm zu erstellende Kriminalprognose – in Übereinstimmung mit dem Erstgericht - noch negativ ausfallen.

Der gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss gerichteten Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.

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