JudikaturOLG Wien

22Bs182/25p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
08. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Mathes als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Hahn und den Richter Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A* B* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 2. Juni 2025, GZ ** 17, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die am ** geborene A* B* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** die über sie mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Geschworenengericht vom 23. April 2015, AZ **, wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB verhängte Freiheitsstrafe von 16 Jahren. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 4. August 2030, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 4. August 2022 vor, jene für eine bedingte Entlassung nach zwei Drittel der Freiheitsstrafe am 4. April 2025.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung der B* nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aufgrund ihrer ablehnenden Haltung zu der gutachterlich für erforderlich gehaltenen Wohnsitznahme in einer Nachbetreuungsinstitution aus spezialpräventiven Gründen ab.

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Bekanntgabe erhobene Beschwerde (ON 18, 2), die in weiterer Folge nicht schriftlich ausgeführt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß den §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Ist die Annahme berechtigt, dass die bedingte Entlassung in Bezug auf die Abhaltung des Verurteilten von weiterer Straffälligkeit nicht weniger wirksam ist als die weitere Strafverbüßung, sohin zumindest gleiche Wirksamkeit zugebilligt werden kann ist der Rest der Strafe im Regelfall bedingt nachzusehen. Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 leg cit darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach den §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können. Hat der Verurteilte eine Tat unter Einfluss einer Therapiebedürftigkeit indizierenden Besonderheit begangen, kommt der Bereitschaft, eine bereits während der Haft begonnene Behandlung auch in Freiheit fortzusetzen, bei der Prognoseentscheidung gewichtige Bedeutung zu. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus (Jerabek/Ropper in WK 2 § 46 Rz 15, 15/1).

Dem aktuellen Strafvollzug liegt zugrunde, dass A* B* am 21. Juli 2014 in **C* B* durch Versetzen eines Stichs mit einem Messer mit einer Klingenlänge von 20 Zentimeter in den rechten seitlichen Hals Schulterbereich, der bis zum Oberlappen der rechten Lunge reichte und das Lungengewebe, die Brustkorbvorderwand und die Schlüsselbeinschlagader durchtrennte, was zu einem massiven Blutverlust und einem Verbluten nach innen und außen führte, vorsätzlich tötete (ON 7).

Trotz der die bedingte Entlassung befürwortenden Stellungnahmen der Anstaltsleitung (ON 4, 2) sowie des Psychologischen Diensts der Justizanstalt ** (ON 8) liegt derzeit keine günstige Verhaltensprognose vor. Die psychiatrische Sachverständige Dr. D* führte in ihrer Expertise zu den Maßnahmen nach den §§ 50 bis 52 StGB zur Substituierung eines bestehenden Rückfallrisikos insbesondere an, dass der soziale Empfangsraum in einer Nachbetreuungsinstitution (WOBES, pro mente) aufbereitet und im Fall einer Wohnplatzzusage auch die bedingte Entlassung dorthin und nicht in die Familie erfolgen solle (ON 12.3, 28).

Infolge psychiatrischer Stellungnahme (ON 13) und Stellungnahme des Sozialen Betreuungsdienstes der Justizanstalt ** (ON 14), woraus sich insbesondere auch eine rigorose Ablehnung der Wohnsitznahme in einer forensischen Nachbetreuungsinstitution ergibt, hielt die genannte Sachverständige ihr Gutachten vollinhaltlich aufrecht und stellte eine sofortige bedingte Entlassung in Frage. Vielmehr sollte der soziale Empfangsraum noch weiter erprobt und für Therapie und Erwerb sozialer Fertigkeiten genützt werden (ON 15.1, 3).

Das Erstgericht ging daher zu Recht von keiner hinreichend günstigen Zukunftsprognose samt spezialpräventiver Erforderlichkeit der Fortsetzung des Strafvollzugs aus.

Der Beschluss entspricht sohin der Sach und Rechtslage, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

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