30Bs180/25b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richt-erinnen Dr. Steindl und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 16. Juni 2025, GZ **-11, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene polnische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** eine wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 erster und zweiter Fall, 15 StGB (gemeint [vgl. 14 Os 50/18m]: §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall iVm § 130 Abs 1 erster und zweiter Fall), 15 StGB, der Vergehen der Annahme, Weitergabe oder des Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren.
Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 10. August 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 10. August 2025, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 10. Dezember 2025 vorliegen.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Korneuburg als zuständiges Vollzugsgericht - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Korneuburg (ON 1.2) - den Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG zum Hälftestichtag (ON 3) aus generalpräventiven Erwägungen ab (ON 11).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die fristgemäß zu ON 12 eingebrachte und nicht näher ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 133a Abs 2 StVG).
Durch Einführung des § 133a StVG im Rahmen des StRÄG 2008, BGBl I Nr. 109/2007, sollte ein Instrument geschaffen werden, um nicht aufenthaltsverfestigte ausländische Verurteilte nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verhalten zu können und gleichzeitig (durch Vollstreckung der restlichen Strafe, wenn der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder während der Dauer des Aufenthaltsverbots oder Einreiseverbots wieder in das Bundesgebiet zurückkehrt) die Zwecke eines solchen effektiv abzusichern. Bereits in der Regierungsvorlage wurde betont, es sollte - „wie bei der bedingten Entlassung“ - vor Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe ein vorläufiges Absehen vom weiteren Strafvollzug aus den [in Abs 2 der RV] genannten generalpräventiven Bedenken (nämlich „im Hinblick auf die Schwere der Tat“; siehe § 133a Abs 2 StVG idF der RV 302 BlgNr XXIII.GP, 6) gegebenenfalls ausgeschlossen werden können“.
Auch wenn mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 3. April 2025, IFA-Zahl **, gegen den Genannten ein auf sechs Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde (ON 5), der Strafgefangene sich bereit erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung umgehend nachzukommen (ON 3) und der Ausreise auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (ON 4), kommt – wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat - die Anwendung des § 133a StVG schon nach der Hälfte der Strafzeit aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.
Die Anlassverurteilung erfolgte unter anderem, weil A* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei weiteren Mittätern gewerbsmäßig als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung gezielt Fahrzeuge der Marke Mercedes Sprinter, sohin fremde bewegliche Sachen, in einem jedenfalls 5.000 Euro und teils 50.000 Euro übersteigenden Wert in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigten durch Eindringen in ein Transportmittel mit einem nachgemachten Schlüssel bzw. einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmen Werkzeug und teils durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung mit dem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht hat, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit den Mittätern mit Spezialgeräten für Fahrzeuge der Marke Mercedes (sohin auch unter dem Einsatz besonderer Mittel (§ 70 Abs 1 Z 1 StGB), nämlich einem Adapter der Firma C* (Spezialplatine), einem MB KEY PROG2 (MB-Keyprogrammierer) und einem MB-Prog der Firma C* (Hardware zum Programmieren von Mercedes-Schlüsseln), gefälschte Mercedes Fahrzeugschlüsseln programmierte bzw. programmiert hätte sowie mit einem Spezialwerkzeug für Mercedes-Fahrzeuge die Zündschlösser ausbaute bzw. ausgebaut hätte.
Wie das Erstgericht unter Hinweis auf die hg Entscheidung zu AZ 30 Bs 137/25d richtig ausführt, auf dessen Begründung daher zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (RIS-Justiz RS0124017 [T2]), ist im Hinblick auf die Schwere der Tat zu Spruchpunkt A./ (ON 9) ein vorläufiges Absehen vom Vollzug der Strafe gemäß § 133a StVG nicht indiziert. Bereits das dargestellte Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall iVm § 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, 15 StGB weist im konkreten Fall aufgrund der besonderen Tatmodalitäten (Zusammenschluss mit Mittätern zu einer kriminellen Vereinigung zur professionellen Begehung von grenzüberschreitenden Einbruchsdiebstählen in Mercedes-Sprinter [ON 5, 7], Anschaffung von auf die Marke Mercedes spezifizierten Spezialwerkzeugen wie eine Spezialplatine der Firma C* zum Programmieren von Zündschlössern sowie ein Spezialgerät zum Programmieren von Fahrzeugschlüsseln, Beibringung von falschen Kennzeichentafeln für den grenzüberschreitenden Abtransport der gestohlenen Klein-LKW) ein Handlungs , Erfolgs und Gesinnungsunrecht in einer Unwerthöhe auf, die im Wege einer überprüfenden Gesamtbewertung als auffallend zu beurteilen ist und somit eine solche Schwere aufweist, die des konsequenten und im vorliegenden Fall jedenfalls über die Hälfte hinausgehenden Vollzugs der Sanktion bedarf, um potentielle Nachahmungstäter von der Begehung derartiger Straftaten abzuhalten und auch im Sinne positiver Generalprävention die allgemeine Normtreue in der Bevölkerung zu stärken.
Der Beschwerde gegen den sach und rechtsrichtig gefassten Beschluss war daher ein Erfolg zu versagen.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.