JudikaturOLG Wien

30Bs171/25d – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbots nach § 133a StVG über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 10. Juni 2025, GZ **-3, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** eine wegen §§ 27 Abs 1 Z 2 zweiter Fall und Abs 2; 28 Abs 1 erster Satz zweiter Fall; 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG verhängte, mit Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 15. März 2023, AZ *, auf sechs Jahre erhöhte Freiheitsstrafe mit urteilsmäßigem Strafende am 5. Juli 2028.

Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung (ebenso zu berechnen wie jene für eine Anwendung des § 133a StVG; Pieber in Höpfel/Ratz WK 2 StVG § 133a Rz 16) nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 5. Juli 2025, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 5. Juli 2026 erfüllt sein (ON 2.6).

Mit Beschluss vom 16. Mai 2025, GZ **-10.1, (bestätigt mit Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 3. Juni 2025, AZ 30 Bs 139/25y) wies das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht den Antrag des A* auf bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafe ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht den Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug zum Hälfte-Stichtag aus generalpräventiven Gründen ab.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 4), die nicht berechtigt ist.

Gemäß § 133a Abs 1 StVG ist vom weiteren Vollzug einer Freiheitsstrafe vorläufig abzusehen, wenn der Verurteilte die Hälfte der Strafzeit, zumindest aber drei Monate verbüßt hat und (Z 1) gegen ihn ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, (Z 2) er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat unverzüglich nachzukommen und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird und (Z 3) der Ausreise keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.

Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 so lange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Abs 2 leg cit).

Die Verweigerung setzt gewichtige Gründe voraus, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potenziellen Tätern, sondern (im Sinne positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normentreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 46 Rz 16). Spezialpräventive Erwägungen vermögen eine abweisliche Entscheidung nicht zu begründen (aaO Pieber , StVG § 133a Rz 19; RIS-Justiz RS0124405 [T2]).

Mag auch mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 7. April 2023, IFA-Zahl **, ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen worden sein (ON 2.5), sich der Strafgefangene bereit erklärt habe, seiner Ausreiseverpflichtung in sein Heimatland umgehend nachzukommen (ON 2.3), und mögen der Ausreise auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, lehnte das Erstgericht die Anwendung des § 133a StVG zutreffend aus generalpräventiven Gründen ab.

Der vollzugsgegenständlichen Verurteilung liegt zugrunde, dass der bis zu seiner Inhaftierung selbst regelmäßig Suchtgift in erheblichen Mengen konsumierende und eigens zur Tatbegehung von seiner Heimat Serbien nach Österreich eingereiste Strafgefangene im Zeitraum Februar bis Juli 2022 Suchtgift, und zwar überwiegend Heroin, in einem die Grenzmenge das 25-Fache mehrfach übersteigenden Ausmaß an mehrere Abnehmer verkaufte bzw überließ (insgesamt 1388,8 Gramm Heroin mit einer Reinsubstanz von 171,53 Gramm Heroin) und am Tag seiner Festnahme 77,5 Gramm Heroin netto zum Zweck des Weiterverkaufs sowie Suchtmittel zum persönlichen Gebrauch besaß (ON 2.9).

Wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt weisen die konkreten Tatumstände (Einreise nach Österreich zwecks gewinnbringenden Verkaufs von Heroin in einem das 25-fache der Grenzmenge mehrfach übersteigenden Quantums im Zeitraum von fünf Monaten an mehrere Abnehmer) die dem gegenständlichen Strafvollzug zugrundeliegende Delinquenz als eine solche aus, durch die der Rechtsfriede beträchtlich gestört wurde. Eine Fortsetzung des Vollzugs ist daher ausnahmsweise aufgrund der sich gerade im Ausmaß des innerhalb weniger Monate in Verkehr gesetzten Suchtgiftquantums manifestierenden Tatschwere erforderlich, um potenziellen Delinquenten aus dem persönlichen Umfeld des Strafgefangenen nachdrücklich vor Augen zu führen, dass für den Fall einer Betretung und Verurteilung mit spürbaren staatlichen Sanktionen zu rechnen ist. Eine Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt würde dem Auftrag der Strafrechtspflege, die generelle Normentreue in der Bevölkerung zu festigen, zuwiderlaufen und unweigerlich eine Bagatellisierung dieser Form der eine nachhaltige Gesundheitsschädigung vieler Konsumenten bewirkenden Delinquenz zum Ausdruck bringen.

Diesen Erwägungen vermochte der Beschwerdeführer mit der bloßen Behauptung, dass die der Anlassverurteilung zugrunde liegenden Taten den in § 133a Abs 2 StVG genannten Schweregrad nicht erreichen, nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.

Da der angefochtene Beschluss somit der Sach- und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu.

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