32Bs49/25b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* wegen Nichtgewährung des Strafvollzugs in Form des elektronisch überwachten Hausarrests (eüH) über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 18. Dezember 2024, GZ * 5, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde des A* (ON 2.1) gegen den Bescheid der Leiterin der Justizanstalt Feldkirch vom 19. Oktober 2024, GZ **, mit dem sein Antrag auf Vollzug der über ihn mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 18. Oktober 2023 (rechtskräftig seit 24. Oktober 2023), AZ **, verhängten Freiheitsstrafe von sechs Monaten in Form des eüH abgewiesen worden war (ON 3.44), nicht Folge.
Das Vollzugsgericht erachtete die Voraussetzungen nach § 156c Abs 1 Z 2 lit b und Z 4 StVG als nicht gegeben.
Nach inhaltlicher Wiedergabe des bekämpften Bescheids sowie der dagegen erhobenen Beschwerde des Verurteilten (ON 2.1) hielt das Erstgericht fest, dass die Anstaltsleiterin ihre Feststellungen, so auch zum Verfahrenslauf, zur Beschäftigung und zur Missbrauchsprognose aktenkonform und lebensnah getroffen habe. Indem der Beschwerdeführer bloß behaupte, aktiv daran zu arbeiten, eine neue Anstellung zu finden, am 4. November 2024 ein weiteres Vorstellungsgespräch in ** gehabt zu haben, er weiterhin Vorstellungsgespräche und Probearbeiten wahrnehme, sich im gesamten September intensiv um neue Arbeitsmöglichkeiten bemüht und durchschnittlich drei Vorstellungsgespräche pro Woche durchgeführt habe, er vorübergehend auch in einem Arbeitsverhältnis gewesen sei, welches jedoch am 6. Oktober 2024 beendet worden sei, ihm eine Zusage für eine Anstellung bei den B* erteilt worden sei, ihm der Betrieb jedoch kurz vor Arbeitsbeginn abgesagt habe und darüber hinaus versichere, alle relevanten Formulare mehrfach per E Mail an die Stelle „C*“ gesendet zu haben, vermöge er damit keine Bedenken an den von der Anstaltsleiterin getroffenen Feststellungen hervorzurufen, sodass diese die ausdrückliche Billigung des erkennenden Gerichts erfahren würden. Der Senat teile vielmehr die Auffassung der Anstaltsleiterin, dass der Beschwerdeführer das Vorliegen einer geeigneten Beschäftigung (§ 156c Abs 1 Z 2 lit b StVG) nicht bescheinigt habe und keine positive Missbrauchsprognose (§ 156c Abs 1 Z 4 StVG) erstattet werden könne, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen gewesen sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 6), der vorbringt, dass in seinem Fall offenbar falsche Annahmen getroffen worden seien. Es sei behauptet worden, dass er keine geeigneten Nachweise für seine frühere Beschäftigung vorlegen habe können. Er möchte jedoch klarstellen, dass er nachweislich beim Unternehmen D* tätig gewesen sei. Den entsprechenden Lohnnachweis habe er mittlerweile erneut erhalten und könne diesen jederzeit vorlegen. Seine Lohnzettel vom D* habe er bereits zuvor ordnungsgemäß aufbewahrt und an den Verein C* weitergeleitet, wobei es dort leider zu einem Verlust der Unterlagen gekommen sei, was zu den entstandenen Missverständnissen geführt habe. Er sei durchgehend aktiv auf Arbeitssuche, engagiert und motiviert eine neue Anstellung zu finden. Zudem habe er realistische Chancen auf eine Lehrstelle und setze sich intensiv für seine berufliche Zukunft ein. Er ersuche daher um eine faire Berücksichtigung seiner aktuellen Situation. Unter einem wird ein Versicherungsdatenauszug (Stand 31. Jänner 2025), eine Bestätigung des D* vom 13. August 2024, sowie Lohnabrechnungsbelege des D* für den Zeitraum August 2024 (Austritt 27. August 2024), der E* GmbH für den Zeitraum 17. Juni 2024 bis 30. Juni 2024 und der F* GmbH für den Zeitraum 3. Dezember 2024 bis zum Austritt am 6. Dezember 2024 vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 leg. cit. wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, wenn das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.
Die Bewilligung eines Vollzugs im eüH hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 16a Abs 3 StVG, wenn das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen dieser Vollzugsform abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist. Dabei zu treffende Ermessensentscheidungen bewirken gemäß § 16a Abs 2 leg. cit. keine Rechtswidrigkeit, insbesondere, weil die Einschätzung, ob die Gefahr besteht, der Verurteilte werde die Vollzugsform des eüH missbrauchen, eine Prognoseentscheidung darstellt, bei welcher den Strafvollzugsbehörden innerhalb der gesetzlichen Parameter ein Beurteilungsspielraum zukommt.
Wesentliches Element des eüH ist gemäß § 156b Abs 1 Z 2 lit b StVG das Ausüben einer geeigneten Beschäftigung, wobei diese Tätigkeit der Resozialisierung zu dienen hat ( Drexler / Weger, StVG 5 § 156c Rz 10 f mwN). Zum Begriff geeigneter Beschäftigung zählt ua, dass der Strafgefangene mit einer festen Arbeitsstruktur konfrontiert ist. Weiters soll ihm durch verpflichtende Einhaltung bestimmter arbeitsmäßiger Zeitvorgaben ermöglicht werden, eine (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsprozess zu fördern ( Drexler / Weger , aaO Rz 10/3).
Fallkonkret ging das Erstgericht aktenkonform davon aus, dass auch nach dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung eine geeignete Beschäftigung nicht bescheinigt worden sei (vgl BS 9f). Eine geeignete Beschäftigung muss (längstens) zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts für den Zeitpunkt des Haftantritts vorliegen (Walser, Recht und Wirklichkeit des eüH, S 140; OLG Wien AZ 32 Bs 265/24s, AZ 32 Bs 276/24h uva), was dem Umstand geschuldet ist, dass das Erstgericht Neuerungen zu berücksichtigen hat.
Nachdem der Verurteilte in seiner nunmehrigen Beschwerde gar nicht behauptet, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Erstgerichts am 18. Dezember 2024 über eine geeignete Beschäftigung verfügt zu haben, sondern vielmehr nur auf davor eingegangene (in der Folge aber wieder beendete) Beschäftigungsverhältnisse Bezug nimmt, begegnet die Annahme des Erstgerichts, wonach die Voraussetzung des § 156c Abs 1 Z 2 lit b StVG nicht gegeben sei, keinen Bedenken.
Da die in §§ 156b und 156c StVG genannten Voraussetzungen für die Gewährung des eüH nach den Intentionen des Gesetzgebers kumulativ vorliegen müssen und bereits das Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen zur Ablehnung des Antrags führt, war dem Rechtsmittel bereits mangels Vorliegens der Voraussetzung des § 156c Abs 1 Z 2 lit b StVG ein Erfolg zu versagen, sodass sich ein Eingehen auf das weitere - auf die zur Missbrauchsprognose (§ 156c Abs 1 Z 4 StVG) getroffene Ermessensentscheidung des Vollzugsgerichts bezogene - Beschwerdevorbringen erübrigt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.