17Bs141/25x – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Schneider Reich als Vorsitzende sowie den Richter Ing.Mag. Kaml und die Richterin Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 2. Juni 2025, GZ ** 14, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die bedingte Entlassung der A* gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 10. August 2025 angeordnet.
Gemäß § 48 Abs 1 StGB wird die Probezeit mit drei Jahren bestimmt.
Gemäß §§ 50 Abs 1, 51 Abs 1, 2 und 3 StGB wird/werden A* für die Dauer der Probezeit
1. Bewährungshilfe angeordnet und 2. die Weisungen erteilt,
- im betreuten Übergangswohnheim des Vereins B* in **, ** C*, zu wohnen;
- sich einer regelmäßigen psychiatrischen/psychotherapeutischen Behandlung (wenn möglich bei der Konziliarärztin des Vereins, Dr. D* in C*) zu unterziehen
und die Einhaltung der Weisungen vierteljährlich dem Gericht durch Übermittlung von Bestätigungen nachzuweisen.
Text
Begründung:
Die am ** geborene österreichische Staatsbürgerin A* verbüßt in der Justizanstalt ** im Erstvollzug die über sie mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 5. Dezember 2024 (Rechtskraft 10. Dezember 2024), AZ **, wegen §§ 28a Abs 1, zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG uaD verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren.
Das errechnete Strafende fällt auf den 10. April 2026, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung zur Hälfte lagen am 10. April 2025 vor, Zwei Dritte Stichtag nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG ist der 10. August 2025.
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems a.d. Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung der A* zum Zwei Drittel Stichtag aus spezialpräventiven Gründen ab, wogegen sich ihre unausgeführte Beschwerde (ON 15) richtet, der im Ergebnis Berechtigung zukommt.
Nach § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten bei Vorliegen der zeitlichen Voraussetzungen der Rest der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Dabei ist abzuwägen, ob der Verurteilte durch die bedingte Entlassung (samt deren begleitenden Maßnahmen) weniger wirksam von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird als durch den weiteren Strafvollzug samt Entlassung nach Verbüßung der Strafe (ohne begleitende Maßnahmen). Ist die Annahme berechtigt, dass die bedingte Entlassung in Bezug auf die Abhaltung des Verurteilten von weiterer Straffälligkeit nicht weniger wirksam ist als die weitere Strafverbüßung sohin zumindest gleiche Wirksamkeit zugebilligt werden kann ist der Rest der Strafe im Regelfall bedingt nachzusehen. Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist nach Abs 4 darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch die Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben, bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können (Jerabek/Ropper in WK StGB § 46 Rz 15, 15/1).
Der Anlassverurteilung liegen Verbrechen des Suchtgifthandels in einer das 25 fache der Grenzmenge übersteigenden Menge zugrunde, indem A* zwischen August 2023 und 10. April 2024 bei fünf Beschaffungsfahrten aus der Tschechischen Republik in die Republik Österreich zumindest 783,3 Gramm Crystal Meth mit einem Reinheitsgehalt von 76 % Metamphetamin (59,5 fache der Grenzmenge) mit dem PKW über die Staatsgrenze verbrachte und hievon ca zwei Drittel an zahlreiche Abnehmer großteils gewinnbringend überließ. Davor weist sie bereits drei Vorstrafen, davon eine spezifisch einschlägige aus Juli 2020 auf, wo sie zu 10 Monaten bedingter Freiheitsstrafe unter Anordnung von Bewährungshilfe verurteilt wurde, die Strafe ist mittlerweile auch endgültig nachgesehen.
Die Anstaltsleitung (siehe ON 2) äußerte sich positiv über die Strafgefangene, die im Kreativbetrieb der Justizanstalt ** beschäftigt sei, ihre Führung und Arbeitsleistung werde als sehr gut bezeichnet. Auch seien ihr bereits drei mit Freiheit verbundene Vollzugslockerungen in Form von unbewachten Aufenthalten außerhalb der Anstalt gewährt worden, wobei es bis dato zu keinen Beanstandungen gekommen sei. Trotz einer Ordnungswidrigkeit im August 2024 (- wegen nicht ordnungsgemäß überlassener Gegenstände wurde sie mit einer Geldbuße von EUR 20,-- bestraft -) werde eine bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe insbesondere auch im Hinblick auf den Erstvollzug befürwortet.
Die Verurteilte selbst legt unwiderlegbar und glaubhaft dar, ihre Taten zu bereuen, von bisher schlechter Gesellschaft abkehren zu wollen und nunmehr über eine Wohnunterkunft beim Verein B* im Bezirk C* zu verfügen, wobei sie auch Unterstützung durch ihre Familie habe und für ihren Sohn da sein wolle. Dazu legt sie eine Bestätigung des genannten Vereins B* vom 8. April 2025 (ON 3 S 3) vor, wonach ihr ein Übergangswohnplatz nach einer bedingten Entlassung, und zwar unter der Bedingung der Einhaltung obiger Weisungen und der Weisung zur Durchführung von Drogenscreenings, im Idealfall in vorgegebenen Intervallen, jedenfalls jedoch im Verdachtsfall, angeboten werde.
A* hat den Behandlungsweisungen ausdrücklich zugestimmt (ON 5 im Bs-Akt). An dieser Stelle ist anzumerken, dass eine gerichtliche Weisung, den Nachweis der Drogenfreiheit („Drogenscreenings“) zu erbringen, inhaltlich als Auftrag zu verstehen wäre, innerhalb der Probezeit keine (gleichartige) neue strafbare Handlung zu begehen, und daher unzulässig ist (RIS-Justiz RS0092261; RS0092285[T3]; Schroll/Oshidari in WK-StGB § 51 Rz 6). Freiwillig und in Absprache mit dem Verein (um den Wohnplatz nicht zu gefährden) könnte A* solche „Drogenscreenings“ natürlich absolvieren.
Verkannt wird nicht, dass es sich hier um ein nicht zu verharmlosendes Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz in Bezug auf eine große Menge der gefährlichen Droge Crystal Meth handelt, das eine besonders hohe Sozialschädlichkeit aufweist. Jedoch ist aufgrund des nunmehr weitgehend gesicherten sozialen Umfelds der Verurteilten, des Umdenkprozesses aufgrund der bis zur bedingten Entlassung 16 monatigen Haft im Erstvollzug und der mit diesem Beschluss erteilten Weisungen und angeordneten Bewährungshilfe von einer positiven Veränderung der Verhältnisse bzw der Möglichkeit des Ausgleichs negativer Faktoren auszugehen und dass somit der spezialpräventiv nötige Effekt eingetreten ist, um der Verurteilten das Unrecht ihrer Taten und deren Folgen deutlich vor Augen zu führen und sie von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten, wozu die für eine Probezeit von drei Jahren in Schwebe gehaltene Reststrafe von acht Monaten ausreichend Anreiz bieten wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.