20Bs182/25y – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Neubauer als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Wolfrum, LL.M., und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 3. Juni 2025, GZ ** 8, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird mit der Maßgabe, dass der Antrag auf bedingte Entlassung ab-, nicht zurückgewiesen wird, nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** eine über sie mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Dezember 2024 zu AZ ** wegen § 27a Abs 2a SMG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten mit errechnetem Strafende am 10. September 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG waren am 25. April 2025 erfüllt, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG liegen seit 10. Juni 2025 vor.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht Krems a.d. Donau als zuständiges Vollzugsgericht den Antrag der Genannten auf bedingte Entlassung unter Verweis auf res iudicata zurück, da über die bedingte Entlassung zum Zwei Drittel Stichtag bereits mit Beschluss vom 25. März 2025 zu GZ ** des Landesgerichts Krems a.d. Donau (ON 7) entschieden wurde und seither keine wesentliche Änderung der entscheidungsrelevanten Umstände eingetreten sei.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die umgehend nach Zustellung des Beschlusses erhobene, unausgeführt gebliebene Beschwerde der Strafgefangenen (ON 9), der im Ergebnis keine Berechtigung zukommt.
Vorauszuschicken ist, dass auch ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, grundsätzlich Einmaligkeitswirkung entfaltet, sodass ein Entlassungsantrag nicht beliebig oft wiederholt werden kann. Allerdings wohnt ablehnenden Entscheidungen über die bedingte Entlassung die Umstandsklausel ( clausula rebus sic stantibus) inne. Eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände die vorliegend in der wesentlichen Änderung des Ausmaßes der verbüßten Strafe zu erblicken ist erlaubt trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung. Als Faustregel kann daher gelten, dass der Verurteilte sofern er sich nur auf das Ausmaß der verbüßten Strafe stützt und kein sonstiges substantiiertes neues Vorbringen erstattet für jedes Jahr der verhängten Freiheitsstrafe einen Monat (also zB bei einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren fünf Monate), gerechnet ab der letzten gerichtlichen Entscheidung, zuzuwarten hat, bevor er einen neuen, meritorisch zu erledigenden Antrag auf bedingte Entlassung stellen kann (vgl etwa OLG Wien 20 Bs 155/20w; 20 Bs 153/25h; Pieber in WK 2 StVG § 152 Rz 33; Drexler/Weger , StVG 5 § 152a Rz 5).
Da fallbezogen seit der letzten Entscheidung des Vollzugsgerichts, mit der die bedingte Entlassung der Strafgefangenen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 2 StVG abgelehnt wurde (25. März 2025 ON 7), bis zur neuerlichen Antragstellung durch die Verurteilte am 28. Mai 2025 (ON 3) mehr als zwei Monate (und nicht wie vom Vollzugsgericht angeführt ein Monat) verstrichen sind, liegen die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung der zeitlichen Umstände fallkonkret vor.
Der somit zulässigen Beschwerde kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 2 leg.cit. ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Die Anwendung der Zwei Drittel Entlassung soll nach erkennbarer Intention des StRÄG 2008 der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper , WK 2 § 46 Rz 17).
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Wie im der Beschwerdeführerin zugegangenen Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 27. März 2025 (ON 7) zutreffend ausgeführt auf den identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl 12 Os 137/07z; RIS Justiz RS0098568), scheitert eine bedingte Entlassung fallkonkret an erheblichen spezialpräventiven Bedenken, die sich aus dem massiv getrübten Vorleben der Strafgefangenen (ON 5) im Zusammenhalt dem raschen Rückfall in einschlägige Delinquenz ungeachtet der bereits wiederholten Erfahrung des Haftübels zu AZ **, AZ ** (Punkt 8. und 10. der Strafregisterauskunft ON 5) sowie dem Rückfall während offener Probezeit zu AZ ** des Bezirksgerichts Hernals, ergeben.
Dem Rechtsmittel war daher mit der Maßgabe, dass der Antrag der Strafgefangenen anstelle von zurückzuweisen abzuweisen war, kein Erfolg beschieden.