Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider-Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 6. Juni 2025, GZ **-12, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, dass der Antrag des A* auf bedingte Entlassung gemäß § 152 Abs 1 Z 2 StVG zurück- und nicht abgewiesen wird.
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** unmittelbar aufeinanderfolgend zwei Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von elf Monaten, nämlich eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. April 2025, AZ B*, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung verhängte neunmonatige Freiheitsstrafe sowie eine mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 4. Dezember 2024, AZ C*, wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB verhängte zweimonatige Freiheitsstrafe (vgl den Strafantrittsbericht vom 10. Juni 2025 in ON 29.1 des dg Verfahrens; zur Zulässigkeit von Neuerungen im Beschwerdeverfahren siehe Stricker, LiK-StPO § 89 StPO Rz 22).
Das errechnete Strafende fällt (nunmehr) auf den 27. Jänner 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 12. August 2025 und jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 7. Oktober 2025 eintreten (ON 14.2, 1 f).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht – (noch) ausgehend von einem Hälftestichtag am 12. Juli 2025 und einem Zwei-Drittel-Stichtag am 27. August 2025 - aus spezialpräventiven Gründen eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 und 2 StVG ab (ON 12).
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach deren Kundmachung am 10. Juni 2025 erhobene (ON 13, 1), in weiterer Folge zu ON 17 ausgeführte Beschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Initial ist auszuführen, dass das Gericht gemäß § 152 Abs 1 vorletzter Satz StVG in seiner Entscheidung einen Zeitpunkt für die bedingte Entlassung festsetzen kann, der bis zu drei Monate nach der Entscheidung liegen darf. Eine Beschlussfassung mehr als drei Monate vor dem in Betracht kommenden Zeitpunkt ist sohin ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Entscheidung über die bedingte Entlassung erst zulässig, wenn die zeitlichen Voraussetzungen in die Nähe gerückt sind ( Pieber, WK² StVG § 152 Rz 17; ( Drexler/Weger , StVG 5 § 152 Rz 5 mwN). Der Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung zum Zwei-Drittel-Stichtag am 7. Oktober 2025 war folglich zurückzuweisen.
Im Übrigen ist einem Verurteilten gemäß § 46 Abs 1 StGB, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 46 Rz 15/1).
Nach § 46 Abs 2 StGB ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Fallkonkret bestehen, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, spezialpräventive Hindernisse, die eine bedingte Entlassung des Strafgefangenen zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausschließen. Dieser weist nämlich zu den Anlassverurteilungen rückreichend in das Jahr 2009 bereits fünf Vorverurteilungen auf, darunter – unter Berücksichtigung der zueinander im Verhältnis von §§ 31, 40 StGB stehenden Verurteilungen – drei einschlägige Vorstrafen teils wegen der Schwerstkriminalität zuzuordnender Delikte des (schweren) Raubes (vgl die Strafregisterauskunft ON 3). Weder ihm gewährte Rechtswohltaten teilbedingter Strafnachsicht oder bedingter Entlassung unter Anordnung von Bewährungshilfe noch der bereits wiederholte Vollzug selbst längerer Freiheitsstrafen (zuletzt bis 17. Jänner 2024) vermochten ihn von der Begehung der dem gegenständlichen Vollzug zugrundeliegenden Tathandlungen abzuhalten.
Ungeachtet dessen hat er schon am 3. April 2024 – sohin im raschen Rückfall – das dem vollzugsgegenständlichen Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, AZ C*, zugrungeliegende Vergehen der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB begangen, indem er in einer Gemeinschaftsdusche vor dem Opfer onanierte. Trotz der deshalb am 4. Dezember 2024 erfolgten (erstinstanzlichen) Verurteilung, bedrohte er wiederum bereits am 27. Februar 2025 zunächst zwei Angestellte eines Supermarktes verbal mit einer Verletzung am Körper, um diese zur Öffnung einer weiteren Kassa zu bewegen (Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB), und anschließend eine der beiden mit einer Verletzung am Körper, indem er eine abgebrochene Glasflasche in der Hand haltend äußerte, er werde sie umbringen (§ 107 Abs 1 StGB; vgl ON 4).
Zutreffend erwog daher bereits das Erstgericht, dass das über viele Jahre wiederholt gesetzte kriminelle Verhalten des Beschwerdeführers dessen massive kriminelle Energie aufzeigt, der durch die bislang erfolgten staatlichen Reaktionen nicht wirksam begegnet werden konnte.
Wenngleich der Beschwerdeführer im Falle seiner Entlassung über eine Unterkunft verfügt (wie im Übrigen schon vor seiner neuerlichen Inhaftierung [vgl ON 4 iVm ON 42.1 in AZ B* des Landesgerichts für Strafsachen Wien]) und – wie von ihm behauptet – einen Arbeitsplatz in Aussicht habe, ist eine maßgebliche Änderung der Verhältnisse seit der Tatbegehung aufgrund der Kürze der bisherigen Anhaltung nicht anzunehmen und steht die schon in der Vergangenheit mehrfach gezeigte Resozialisierungsresistenz des Beschwerdeführers der gesetzlich geforderten Annahme, er werde – auch unter Berücksichtigung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB - durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von einer erneuten Straffälligkeit abgehalten, unumstößlich entgegen.
Diesem Kalkül vermag der Strafgefangene mit dem Verweis auf das Ableben seiner Großeltern sowie darauf, er müsse nun die geerbte Landwirtschaft führen (ON 17), nichts Substantielles entgegenzusetzen, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.
Gegen diesen Beschluss steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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