JudikaturOLG Wien

19Bs154/25y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Baumgartner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Wilder und Mag. Körber als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache der A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 2. Juni 2025, GZ **-12, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

In Stattgebung der Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die am ** geborene österreichische Staatsbürgerin A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** zwei Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von 20 Jahren und sieben Monaten.

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 28. Mai 2030. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 12. Februar 2020 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG sind seit 18. Juli 2023 erfüllt.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 12) lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als örtlich zuständiges Vollzugsgericht den Antrag der Verurteilten auf bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung erhobene (ON 13 S 2), unausgeführt gebliebene Beschwerde der Strafgefangenen, die sich als berechtigt erweist.

Der Erstrichter begründete das Unterbleiben der von der Rechtsmittelwerberin beantragten Anhörung (vgl ON 6; ON 4 S 2) damit, dass „eine (neuerliche – 9.6.2023, B*) Anhörung schon wegen der getrübten Führung der Antragstellerin nicht notwendig“ gewesen sei (BS 1).

Gemäß § 152a Abs 1 StVG hat das Gericht vor der Entscheidung über eine bedingte Entlassung den Strafgefangenen zu hören, es sei denn, dass eine solche Anhörung nach den Umständen des Falles nicht erforderlich erscheint. Beantragt der Strafgefangene zum Zweck einer bedingten Entlassung zum ersten Mal selbst seine Anhörung, so darf diese nur unterbleiben, wenn das Gericht die Entlassung bewilligt.

Das Recht, seine Anhörung zu verlangen, steht dem Strafgefangenen einmal zu. Es bleibt unberührt , wenn ihn das Gericht aus eigenem anhört oder er seine Anhörung zuvor aus einem anderen Anlass beantragt hat ( Pieber in Höpfel/Ratz , WK² StVG § 152a Rz 2).

Fallbezogen unterließ es der Erstrichter vor seiner Entscheidung, den Vorakt über die Ablehnung der bedingten Entlassung zum zitierten AZ B* des Landesgerichts Wiener Neustadt beizuschaffen. Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem VJ-Register zu AZ B* des Landesgerichts Wiener Neustadt ist erkennbar, ob die in diesem Verfahren laut VJ-Register für den 9. Juni 2023 anberaumte Anhörung tatsächlich stattfand und ob diese aufgrund eines Antrags der Strafgefangenen oder von Amts wegen durchgeführt wurde.

Zufolge Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlage war der angefochtene Beschluss sohin gemäß § 89 Abs 2a Z 3 zweiter Fall StPO zu kassieren und dem Erstgericht die Ergänzung des Verfahrens durch Beischaffung des genannten Akts über die bedingte Entlassung vor neuerlicher Beschlussfassung aufzutragen. Sollte sich zeigen, dass die Anhörung im Verfahren AZ B* des Landesgerichts Wiener Neustadt nicht über Antrag der Beschwerdeführerin, sondern aus eigenem erfolgte, wird vor der neuerlichen Entscheidung über dessen Antrag auf bedingte Entlassung eine Anhörung durchzuführen sein.

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