JudikaturOLG Wien

20Bs171/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Neubauer in der Strafsache gegen A* wegen § 83 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 1. Juni 2025, GZ **-8, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* im Ermittlungsverfahren gemäß § 196a Abs 1 StPO auf 150 Euro erhöht wird.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

Begründung:

Das gegen A* zu AZ ** der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 StGB geführte Ermittlungsverfahren wurde von der Anklagebehörde am 27. Februar 2025 gemäß § 190 StPO eingestellt (ON 1.3).

Dem Verfahren lag der Vorwurf zugrunde, A* habe B* am 11. Jänner 2025 durch Versetzen eines Schlages (leicht) am Körper verletzt.

Mit Antrag vom 13. Mai 2025 (ON 7.2) begehrte A* einen Kostenbeitrag nach § 196a StPO in Höhe von 5.370.74 Euro unter Vorlage eines Kostenverzeichnisses in dieser Höhe, das auch einen 50%igen Erfolgszuschlag und einen Inflationszuschlag von 34,5% enthält.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den vom Bund zu leistenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 196a Abs 1 StPO mit 100,-- Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des A* (ON 9.2), der im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zukommt.

Nach § 196a Abs 1 StPO hat der Bund, wenn ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 StPO oder § 190 StPO eingestellt wird, dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer dem Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen. Für die konkrete Bemessung dieses mit 6.000 Euro als Höchstsatz festgelegten Pauschalbeitrags ( Lendl in WK StPO § 393a Rz 3/1, Rz 9ff) bieten die Materialien zum neu gefassten § 196a StPO (2557 der Beilagen 27. GP Regierungsvorlage Erläuterungen) eine Orientierungshilfe für die unabhängige Rechtsprechung. Beispielhaft wird dargestellt, dass ein sogenanntes Standardverfahren der Stufe 1, das unter Heranziehung der Kostenansätze der allgemeinen Honorar Kriterien (AHK) rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe, einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst. Für Verfahren, die in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallen, wird angesichts der zu erwartenden, im Regelfall geringeren Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer in diesem Sinn bei gleichem Höchstsatz im Gesetz eine Reduktion der Ausgangsbasis angezeigt erscheinen, sodass hier als Richtwert die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin 1.500 Euro angemessen scheint (aaO 2557 der Beilagen 27. GP, 5).

Dabei ist zu beachten, dass grundsätzlich an der Bemessung des Kostenbeitrags in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten wird, somit weiterhin kein vollständiger Ersatz der Verteidigerkosten stattfindet, sondern ein angemessener Beitrag dazu geleistet wird.

In Anwendung der genannten Kriterien ist dem Erstgericht zwar beizupflichten, dass das gegenständliches Ermittlungsverfahren sowohl einen weit unterdurchschnittlichen Umfang (3 Ordnungsnummern bis zur Einstellung) als auch eine sehr geringe Dauer (zwei Wochen ab Einlangen des Abschlussberichtes) aufweist, allerdings übersieht die Argumentation, dass an notwendigen und zweckmäßigen Verteidigungsleistungen lediglich zwei E-Mails an die PI C* angefallen seien, nämlich die E-Mail vom 3. Februar 2025 beinhaltetend einen Antrag auf Einvernahme des Zeugen D* und die E-Mail vom 5. Februar 2025, beinhaltend eine Stellungnahme des Beschuldigten (ON 2.5), dass diesen Eingaben eine Besprechung mit dem Mandanten zur Erörterung des Sachverhalts voranging.

Im Rahmen der zweckmäßigen Verteidigung wurde im Vollmachtsnamen eine Stellungnahme gegenüber der Kriminalpolizei abgegeben, wobei der darin enthaltene Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen D* für die Einstellung des Ermittlungsverfahrens (mit-)ausschlaggebend war.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider ging der Umfang des schnell erfassbaren, relevanten Akteninhalts in keinster Weise über einen durchschnittlichen, in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fallenden Vergleichsfall hinaus, wobei dem Erstgericht auch beizupflichten ist, dass die Vollmachtsbekanntgabe gegenüber der Staatsanwaltschaft vom 10. März 2025 mit Blick auf die bereits am 27. Februar 2025 erfolgte Einstellung des Ermittlungsverfahrens (ON 1.3) unbeachtlich ist (zum Kostenbestimmungsantrag siehe Lendl, aaO Rz 23). Ein Erfolgszuschlag ist bei der Bemessung des Beitrags bereits nach den Materialien (EBRV 2557 BlgNR 27. GP 5) nicht zu berücksichtigen (vgl. Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 31. Juli 2024, GZ 2024-0.561.623, 6).

In Ansehung der oben angeführten notwendigen und zweckmäßigen Verteidigungshandlungen erweist sich der vom Erstgericht mit 100 Euro festgesetzte Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung als etwas zu gering bemessen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Der Ausschluss weiterer Rechtsmittel folgt aus § 89 Abs 6 StPO.

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