JudikaturOLG Wien

20Bs101/25m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen § 107 Abs 1 StGB über dessen Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. März 2025, GZ **, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Jilke, im Beisein der Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M., sowie des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. Johannes Fouchs durchgeführten Berufungsverhandlung am 17. Juni 2025 zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und dafür zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen á EUR 18, , im Nichteinbringungsfall zu 80 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 11. Februar 2025 in ** B* gefährlich mit zumindest einer Verletzung an seinem Körper sowie am Körper seiner Sympathiepersonen bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu ihm sinngemäß äußerte: „Ich bringe dich um du Tschusch und deine Kinder auch.“

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht keinen Umstand als erschwerend, als mildernd dagegen den ordentlichen Lebenswandel.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe (ON 14.1), der kein Erfolg beschieden ist.

Mit Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) kritisiert der Angeklagte, dass das Erstgericht das in der Hauptverhandlung hervorgekommene Beweisergebnis, wonach sich der Angeklagte über das Parkverhalten des Zeugen B* geärgert habe, stillschweigend übergangen habe. Dies deute darauf hin, dass der Angeklagte die Drohung lediglich aus Ärger ausgesprochen habe und nicht in der Absicht, B* in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Diesmal auf § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO gestützt bringt der Angeklagte vor, das Gericht habe überhaupt nicht begründet, warum es davon ausgehe, dass aufgrund eines vom Zeugen B* vom Angeklagten geschossenen Fotos der Angeklagte den Zeugen B* auch gesehen haben musste.

Dem ist zunächst grundsätzlich entgegenzuhalten, dass Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) nur der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen, also über schuld oder subsumtionsrelevante Tatumstände ist (RIS Justiz RS0106268).

Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03; SSt 2003/93; RIS Justiz RS0118316).

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS Justiz RS0116732 und RS0118317).

Im Bezug auf alle Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS Justiz RS0119370).

Dem Angeklagten ist zunächst entgegenzuhalten, dass das von ihm ins Spiel gebrachte Motiv des Ärgers die vom Erstgericht festgestellte Absicht, den Zeugen B* in Furcht und Unruhe zu versetzen, keinesfalls ausschließt, vielmehr ein logisches Motiv dafür liefert. Im Übrigen richtet sich die vom Angeklagten geäußerte Kritik in Wahrheit gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung, im Sinne obzitierter Kriterien jedoch im Nichtigkeitsverfahren verfehlt.

Den vom Angeklagten kritisierten Schluss des Erstgerichts vom Fotografieren des Angeklagten durch den Zeugen B* auf das Erkennen des Zeugen B* durch den Angeklagten ist einwandfreies Ergebnis logischen Denkens. Dass das Erstgericht die anderslautende Verantwortung des Angeklagten nicht für wahr hielt, ist als Akt freier richterlicher Beweiswürdigung mit Nichtigkeit nicht aufzugreifen.

Soweit sich die Berufung wegen Schuld auf eben dieses Foto und den vom Erstgericht daraus gezogenen Schlüssen bezieht, ist zunächst auf die Ausführungen zur Mängelrüge zu verweisen. Überdies ist das Erstgericht bei mehreren denkbaren Geschehensvarianten keineswegs gehalten, sich die für den Angeklagten günstigste der sich anbietenden Varianten zu Eigen zu machen, es kann sich vielmehr jede Meinung bilden, von der es überzeugt ist und die den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung nicht widerspricht. Unter diesem Aspekt ist der vom Erstgericht gezogene Schluss keinesfalls zu beanstanden.

Gleiches gilt auch für die vom Angeklagten thematisierte zeitliche Verzögerung der vom Tatopfer erstattenen Anzeige. Damit hat sich das Erstgericht ausführlich auseinandergesetzt (US 4), daraus nachvollziehbar aber nicht auf die Unglaubwürdigkeit dieses Zeugen geschlossen. Letztlich hat die Erstrichterin die zur Verfügung stehenden Beweise vollständig und unter Einbeziehung des von allen Vernommenen gewonnenen Eindrucks mit sehr ausführlicher und lebensnaher Begründung einer denkrichtigen und überzeugenden Würdigung unterzogen und insbesondere auch dargelegt, wie sie zu den Feststellungen objektiver und subjektiver Natur gelangte und weshalb sie der Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben schenkte. Die vom Angeklagten begehrten Schlüsse, so etwa auch das von ihm konstruierte Motiv für eine Falschaussage des Zeugen B*, sind keineswegs zwingender Natur. Bei der von der Erstrichterin angestellten vernetzten Betrachtungsweise mit Blick auf die angenommene Vorgeschichte und der überzeugenden Begründung bestehen auch unter Einbeziehung der Erwägungen des Angeklagten in seiner Schuldberufung keine Zweifel an der Richtigkeit der vom Erstgericht angenommenen Tatsachen.

Letztlich scheitert auch die Berufung wegen Strafe. Angesichts der wenn auch nicht rechtskräftigen - Verurteilung des Angeklagten wegen Sachbeschädigung (ebenfalls zum Nachteil des Zeugen B*) hat die Erstrichterin mit der Verhängung einer Geldstrafe eine ohnehin wohlwollende Entscheidung zu Gunsten des Angeklagten getroffen, der sich auch durch die Höhe der Tagessätze nicht beschwert erachten kann. Dass die Erstrichterin dem Angeklagten eine (teil)bedingte Nachsicht der Geldstrafe verwehrte, ist vor allem dem Umstand der Wirkungslosigkeit - delinquierte A* doch während laufenden Strafverfahrens gegen dasselbe Tatopfer - der Verurteilung wegen Sachbeschädigung geschuldet.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

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