31Bs372/23t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Krenn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Mag. Frigo als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 28. Mai 2025, GZ **, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am ** in ** geborene ukrainische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 12. Februar 2025, rechtskräftig am selben Tag, AZ **, wegen des vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangenen Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, 15 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten.
Das Strafende fällt unter Berücksichtigung der Vorhaft und gemäß § 148 Abs 2 StVG auf den 22. April 2026.
Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach der Hälfte der Strafzeit werden am 22. Juli 2025 erfüllt sein, jene nach zwei Dritteln der Strafzeit werden am 22. Oktober 2025 vorliegen.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 10) lehnte das Landesgericht Korneuburg als zuständiges Vollzugsgericht - nach Anhörung des Strafgefangenen (ON 9) - und Einholung einer ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Korneuburg (ON 1.2) sowie der befürwortenden Stellungnahme des Anstaltsleiters der Justizanstalt ** (ON 2, 2) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen zum Hälftestichtag aus spezial- und generalpräventiven Gründen ab.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich die unmittelbar nach Verkündung der Entscheidung erhobene (ON 9), in der Folge ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 10), der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach § 46 Abs 4 StGB ist insbesondere zu beachten, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Bei der zu erstellenden Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in die Erwägungen einzubeziehen ( Jerabek/Ropper , WK 2 StGB § 46 Rz 15/1).
In Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe wegen einer als junger Erwachsener begangenen Tat verbüßt, haben - wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt - gemäß §§ 17 iVm § 19 Abs 2 JGG generalpräventive Erwägungen außer Acht zu bleiben.
Trotz des Umstandes, dass der bisher gerichtlich nicht vorbestrafte Strafgefangene sich erstmals im Vollzug einer Freiheitsstrafe befindet, ist aufgrund der besonderen Konstellation des vorliegenden Falles und seiner finanziellen Notlage mangels legaler Beschäftigung von der im Gesetz geforderten günstigen Zukunftsprognose aus spezialpräventiven Aspekten nicht auszugehen, zumal der gegenständlichen Verurteilung ein Suchtgiftverbrechen zugrunde liegt, bei dem der Strafgefangene am 11. Oktober 2024 in ** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich rund 20 kg Cannabiskraut (beinhaltend den Wirkstoff Delta-9-THC mit einer Reinsubstanzgehalt von 281 Gramm sowie den Wirkstoff THCA mit einem Reinsubstanzgehalt von 3.700 Gramm) im Flugzeug von Thailand/** aus- und nach Österreich/** einführte, sowie von Österreich/** nach Deutschland/** auszuführen versuchte, indem er es in vakuumverpackten Plastikbeuteln in seinem Koffer versteckt aus Thailand/** bis zum Flughafen ** transportierte, wobei die Ausfuhr nach ** scheiterte, weil der Koffer im Zuge einer Gepäckskontrolle sichergestellt wurde.
Wenngleich der Beschwerdeführer als Kriegsflüchtling in Geldnot gewesen sei und keine Remuneration für seine Tat erhalten habe, manifestiert sich dennoch in seiner Vorgehensweise eine nicht unbeträchtliche kriminelle Energie und eine tief verwurzelte Negativeinstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft, insbesondere der körperlichen Integrität Dritter, die einer bedingten Entlassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt entgegensteht.
Mit Blick auf diese Umstände ist - trotz der guten Führung des Strafgefangenen, seiner bisher gerichtlichen Unbescholtenheit und der Tatbegehung unter 21 Jahren - nicht davon auszugehen, dass die bisher in Strafhaft zugebrachte Zeit bereits ausgereicht hat, um dem Delinquenten das Unrecht seiner Tat ausreichend vor Augen zu führen und ihn zu einem künftigen deliktsfreien Lebenswandel zu veranlassen, zumal sich seine persönlichen Verhältnisse und seine finanzielle Lage seit der Tatbegehung nicht geändert haben. Vielmehr kann die angestrebte Korrektur dieses in Freiheit auftretenden Charakterdefizit bei A* nur durch den Effekt des weiteren Vollzugs mit einiger Aussicht auf Erfolg bewirkt werden.
An dieser Einschätzung vermag auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Wohnplatzzusage in Spanien nichts zu ändern, zumal diese lediglich behauptet, aber nicht bescheinigt wurde.
Bei einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere der Art der Tat, seines privaten Umfelds sowie seiner Aussicht auf ein redliches Fortkommen, ist derzeit von keiner günstigen Zukunftsprognose auszugehen, die die Annahme rechtfertigt, der Strafgefangene werde durch eine bedingte Entlassung und Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Beigebung von Bewährungshilfe nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten, sodass die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit nicht erfüllt sind.
Dies um so mehr, als die Auferlegung und Kontrolle der Einhaltung von Weisungen und aufgrund des auch dokumentierten Vorhabens des Strafgefangenen, Österreich zu verlassen, aus praktischen Gründen kaum durchführbar wäre.
Der Beschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen.