20Bs136/25h – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 25. März 2025, GZ **-15.4, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Jilke, im Beisein der Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Eva Salfelner, LL.M., sowie in Anwesenheit des Angeklagten A* und dessen Verteidiger Mag. Harald Schuster durchgeführten Berufungsverhandlung am 17. Juni 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Weiters wurde er gemäß § 369 Abs 1 StPO iVm § 366 Abs 2 StPO verpflichtet, den Privatbeteiligten B* GmbH 21.654,15 Euro, C* GmbH 7.460,53 Euro und D* 500 Euro binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in ** und ** als angestellter Autohändler der B* GmbH und der C* GmbH
I./ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, die Geschäftsführung der B* GmbH durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorlage inhaltlich unrichtiger Kaufanbote von Kunden, zu Handlungen, nämlich zum Abschluss nachgenannter Kaufverträge, verleitet, die die genannten Gesellschaften am Vermögen schädigten, und zwar
a) am 29. Juli 2023 zum Verkauf eines ** um 62.618 Euro, indem er für das Eintauschfahrzeug der Kundin E* 24.000 Euro vereinbarte und ihr eine kostenfreies Jahresservice zusicherte, im zur Unterfertigung vorgelegten Kaufvertrag jedoch die Jahresservicevereinbarung nicht festhielt und den Wert des Eintauschfahrzeuges mit 23.000 Euro auswies (Schaden: 1.220,15 Euro);
b) am 3. Juni 2023 zum Verkauf eines ** um 35.638 Euro, indem er mit dem Kunden D* tatsächlich einen Kaufpreis von 33.638 Euro vereinbarte, im zur Unterfertigung vorgelegten Kaufvertrag jedoch einen Kaufpreis von 35.638 Euro vermerkte (Schaden: 2.000 Euro);
c) am 14. Juni 2023 zum Verkauf eines ** um 47.421 Euro, indem er unterschiedliche, nämlich einen um 3.000 Euro höheren Kaufpreis, im zur Unterfertigung vorgelegten Kaufvertrag eintrug (Schaden: 3.000 Euro);
d) am 17. Juni 2023 zum Verkauf eines ** um 56.300 Euro, indem er dem Kunden F* GmbH auch den Verkauf von Alu-Winterkompletträder im Wert von 1.944 Euro zusicherte, im zur Unterfertigung vorgelegten Kaufvertrag jedoch diese Zusatzvereinbarung nicht auswies (Schaden: 1.944 Euro);
wobei er den Betrug mit einem 5.000 Euro übersteigenden Schaden sowie dadurch beging, indem er zur Täuschung verfälschte Urkunden benutzte, und den schweren Betrug nach § 147 Abs 1 StGB gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) beging;
II./ Güter, die ihm von Kunden der Gesellschaften anvertraut worden waren, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder den Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
a) am 20. April 2023 die Baranzahlung der Kunden G* und H* I* über 12.000 Euro, indem er das Geld nicht an seinen Arbeitgeber, die B* GmbH, weitergab, sondern für sich behielt;
b) am 1. August 2023 ein Eintauschfahrzeug des Kunden J* AG der Marke ** im Wert von 1.990 Euro, indem er den PKW nicht an die B* GmbH übergab;
c) am 3. September 2024 den Barkaufpreis der Kundin K* über 4.470,53 Euro, indem er sich das Geld auf sein Privatkonto überweisen ließ und nicht an die C* GmbH weiterleitete;
d) am 17. September 2024 das Eintauschfahrzeug des Kunden Ing. L* der Marke **, Baujahr 2013, im Wert von 2.990 Euro, indem er den PKW nicht an die C* GmbH übergab;
wobei er Güter veruntreute, deren Wert 5.000 Euro übersteigt.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die einschlägige Vorstrafe, die dreifache Qualifikation, eine die Wertgrenze von 5.000 Euro mehrfach überschreitende Vermögensschädigung, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie die innerhalb offener Probezeit begangenen Straftaten als erschwerend, hingegen das teilweise reumütige Geständnis als mildernd.
Die Anklagebehörde strebt mit ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe eine Erhöhung der Freiheitsstrafe, allenfalls unter Ausschaltung der Anwendung des § 43a Abs 3 StGB an (ON 1.10; ON 16).
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters, wobei das Gericht die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen hat. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte. Im Allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können. Belange der Generalprävention sind bei der auszumessenden Strafe ebenso zu berücksichtigen.
Die vom Erstgericht zur Darstellung gebrachten besonderen Strafzumessungsgründe sind zum Nachteil des Angeklagten dahingehend zu korrigieren, dass die Tatwiederholung in einem Zeitraum von 16 Monaten aggravierend ins Gewicht fällt, zumal diese, mag sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation gehört und daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe nicht außer Betracht bleiben kann. Die Berücksichtigung dieses Erschwerungsgrundes verstößt deshalb auch bei Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (vgl RIS-Justiz RS0091375).
Mildernd ist nur die Ablegung eines reumütigen Geständnisses oder einer Aussage, durch die wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen wurde, ohne dass darin ein Geständnis zu erblicken ist. Ein bloßes Tatsachengeständnis, also das Zugeben bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens, wirkt nicht mildernd (Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4 § 34 Rz 26). Fallkonkret lässt sich das von Seiten des Erstgerichts als mildernd gewertete teilweise reumütige Geständnis des Angeklagten mit dem Akteninhalt nicht in Einklang bringen, zog er es doch im Ermittlungsverfahren vor, sich einer Aussage zu enthalten (ON 5.4) sich B* doch vor der Haft- und Rechtschutzrichterin komplett leugnend (ON 23) und bekannte er sich in der Hauptverhandlung zwar eingangs formell teilweise schuldig (ON 15.3, 3), machte aber sofort und wiederholt Einschränkungen wie „Wenn man da falsche Preislisten hat, dann passiert genau das, was mir passiert ist, dann verwendet man falsche Kaufpreise im Beratungsgespräch.“ (ON 15.3, 5), „Also ich bin der Meinung in diesem Fall mich erinnern zu können, dass ich das mit dem Geschäftsführer abgesprochen habe.“ (ON 15.3, 6), „Mh. Ich weiß es wirklich nicht mehr.“ (ON 15.3, 8), „Das ist jetzt dieser Fall der falschen Preisliste.“ (ON 15.3, 10), „ich glaube einfach, dass ich da meiner Sorgfaltspflicht als Verkäufer nicht nachgegangen bin“ (ON 15.3, 12), „Ich habe mich total verrechnet.“ (ON 15.3, 13), „Das Ganze, es wird mir ja vorgeworfen, dass ich das alles mit Vorsatz mache, dass ich mit Vorsatz getäuscht habe.“ .. „Es ist halt oft stressig gewesen, ja, war halt ein bisschen überfordert und dann sind halt Fehler passiert, die nicht hätten passieren dürfen.“ .. „In dem Moment natürlich nicht. Im Nachgang natürlich sofort ja. (ON 15.3, 15f), „Also ich habe mir sicher keine EUR 12.000,-- eingesteckt. Also sicher nicht. (ON 15.3, 18), usw. Somit hat dieser Milderungsgrund zu entfallen. Mit Blick darauf, dass die Angaben des Angeklagten zum Sachverhalt an ihrer Bedeutung für die Beweisführung zu messen sind (Ebner in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 34 Rz 38), ist in der Verantwortung des A* evidenterweise auch keinerlei Beitrag zur Wahrheitsfindung zu erkennen. Vielmehr erschloss sich die eindeutige Beweislage aus den Ermittlungsergebnissen.
Im Übrigen spricht auch die Planung der Taten und die professionelle Vorgehensweise trotz der im engsten Sinn einschlägigen Vorstrafe (vgl. OLG Wien, 19 Bs 21/21h: Zueignung von 6.000 Euro, indem er als Autoverkäufer der M* GmbH diesen Betrag für sich behielt, anstatt ihn der Käuferin zurückzuerstatten) für eine besonders ausgeprägte Gleichgültigkeit gegenüber fremdem Vermögen.
Da sich die Schuld nicht allein nach dem Grad der ablehnenden Einstellung des Rechtsbrechers gegenüber den rechtlich geschützten Werten, sondern nach dem Gewicht des rechtsfehlerhaften Verhaltens und der Schwere der verschuldeten Rechtsgutbeeinträchtigung bemisst ( Leukauf/Steininger/Tipold , StGB 4 § 32 Rz 6), erweist sich bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren unter Berücksichtigung der dargelegten besonderen Strafzumessungsparameter und der allgemein nach § 32 StGB anzustellenden Erwägungen mit Blick auf die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tathandlungen die vom Erstgericht verhängte Sanktion als der personalen Täterschuld und dem Unrechtsgehalt der Taten gerade noch entsprechend und nicht korrekturbedürftig. Gleichermaßen ist gerade noch davon auszugehen, dass der nunmehrige Vollzug nur eines Teils der Strafe genügen werde, um A* von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Freiheitsstrafe wird auch Belangen der Generalprävention noch hinreichend gerecht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.