JudikaturOLG Wien

20Bs162/25g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreise oder Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 22. Mai 2025, GZ ** 4.1, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Text

Der am ** geborene ungarische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 20. August 2024, AZ **, wegen des Verbrechens nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 1 erster und zweiter, Abs 2 erster und zweiter Fall StGB und zweier Vergehen nach § 229 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren mit errechnetem Strafende am 8. Jänner 2027.

Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 10. Juli 2025 vorliegen, zwei Drittel der Sanktion wird der Strafgefangene am 10. Jänner 2026 verbüßt haben.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Wiener Neustadt als zuständiges Vollzugsgericht den Antrag des A* auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Einreise oder Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG zum Hälfte Stichtag unter Hinweis auf die Schwere der verurteilten Tat und generalpräventive Erfordernisse ab.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des Strafgefangenen (ON 5), mit der er vorbringt, die Formalvoraussetzungen für das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG zu erfüllen.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 133a Abs 1 StVG ist, wenn ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate verbüßt hat, vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2), und der Ausreise keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (Z 3).

Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Abs 2).

Gegen den Strafgefangenen liegt zur Zahl ** des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl ein mit Bescheid vom 22. November 2024 erlassenes, mit acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot vor, wobei sich der Strafgefangene in seinem Antrag bereit erklärte, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat unverzüglich nachzukommen (ON 2.4; ON 2.7).

Ungeachtet des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen des § 133 Abs 2 StVG lehnte das Erstgericht den Antrag auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug zum frühestmöglichen Zeitpunkt schon aus generalpräventiven Gründen ab.

Dem vollzugsgegenständlichen Urteil liegen unzählige, im Zeitraum zwischen Mai 2023 und Jänner 2024 im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, die auf die Begehung von Einbruchsdiebstählen und primär auf die Erbeutung und den anschließenden Verkauf von Fahrrädern spezialisiert ist und die in wechselnden personellen Zusammensetzungen und in einer vorab besprochenen, arbeitsteiligen Weise agierte, begangene, gewerbsmäßige Einbruchsdiebstähle zugrunde (ON 2.8). In dieser mehrfach qualifizierten Tathandlung mit auffällig hohem Gesinnungs , Handlungs und Erfolgsunwert manifestiert sich im Wege einer Gesamtbewertung eine als auffallend zu beurteilende Unwerthöhe (Schwere der Tat).

Derartige gegen fremdes Vermögen gerichtete Delinquenz durch Kriminaltouristen begründet einen besonders hohen sozialen Störwert, weshalb es mit Blick auf die Untolerierbarkeit derartiger Handlungen ausnahmsweise des weiteren Vollzugs auch über die Hälfte der zu verbüßenden Strafzeit hinaus bedarf, um potentielle weitere Straftäter von der Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen abzuhalten. Gerade der vorliegenden besonders schädlichen Kriminalitätsform ist angemessen entgegenzutreten und würde ein stark verkürzter Strafvollzug dazu führen, dass Personen aus dem Umfeld des Verurteilten gerade mit fremder Staatsangehörigkeit mit einem frühestmöglichen Absehen vom weiteren Strafvollzug rechnen, wodurch die Hemmschwelle zur Straffälligkeit leichter überwunden würde, als bei einem die Proportionen von Schuldgehalt und Strafhöhe wahrenden Strafvollzug.

Diesen generalpräventiven Erfordernissen hat die Beschwerde des A* nichts Stichhaltiges entgegensetzen. Da der angefochtene Beschluss der Sach und Rechtslage entspricht, war ihr ein Erfolg zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).

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