18Bs131/25h – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. November 2024, GZ **-93, nach der am 5. Juni 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Frohner, im Beisein der Richterinnen Mag. Primer und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Strnad, des Angeklagten A* und seines Verteidigers MMag. Dr. Damir Hajnovic durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Text
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** in ** geborene ungarische Staatsangehörige A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB (I) sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 „erster“, zweiter, dritter und fünfter Fall, Abs 4 erster Fall StGB (II) schuldig erkannt und hiefür unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung und Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in **
I./ vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain mit zumindest 40 % Reinsubstanz Cocain, in einer das 25- Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen (1–6 und 8–11) und durch die im Urteil beschriebene Weise zu verschaffen versucht (7), und zwar
1) am 5. September 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* sieben Kilogramm,
2) am 25. September 2020 fünf Kilogramm,
3) am 5. Oktober 2020 sechs Kilogramm,
4) am 9. oder am 10. Oktober 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* fünfzehn Kilogramm,
5) am 3. November 2020 und am 4. November 2020 insgesamt sieben Kilogramm,
6) am 13. November 2020 fünf Kilogramm,
7) am 21. November 2020 eine nicht mehr feststellbare Menge,
8) am 24. November 2020 zwei Kilogramm,
9) am 20. Dezember 2020 sechs Kilogramm,
10) am 29. September 2020 sechs Kilogramm und
11) am 7. Dezember 2020 ein Kilogramm sowie
II./ Vermögensbestandteile in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Wert „erworben“, sonst an sich gebracht, besessen und einem anderen übertragen, wobei er zur Zeit des Erlangens wusste, dass diese aus einer kriminellen Tätigkeit anderer, nämlich aus Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 und 4 SMG des abgesondert verfolgten B* und seiner Mittäter, stammen, indem er
1) am 12. Juni 2020 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten B* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) 150.000 Euro an einen anderen übergab,
2) am 18. Juni 2020 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten B* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) 99.840 Euro von einem anderen übernahm,
3) am 29. Juli 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* 19.050 Euro von einem anderen übernahm,
4) am 28. August 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* 80.000 Euro an einen anderen übergab,
5) am 29. September 2020 126.525 Euro von einem anderen übernahm,
6) am 30. September 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* 150.000 Euro an einen anderen übergab,
7) am 20. Oktober 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* 80.000 Euro von einem anderen übernahm,
8) am 30. Oktober 2020 im Auftrag des abgesondert verfolgten B* 12.000 Euro von einem anderen übernahm,
9) am 5. November 2020 einen nicht mehr feststellbaren Geldbetrag von einem anderen übernahm,
10) am 18. November 2020 80.000 Euro von einem anderen übernahm,
11) am 27. November 2020 145.000 Euro von einem anderen übernahm,
12) am 3. Dezember 2020 41.250 Euro von einem anderen übernahm,
13) am 3. November 2020 37.500 Euro von einem anderen übernahm,
14) am 1. Dezember 2020 10.000 Euro vom abgesondert verfolgten C* übernahm,
15) am 7. Dezember 2020 im Rahmen der zu I/11 umschriebenen Übergabe 4.000 Euro dem abgesondert verfolgten C* übergab und
16) am 14. Dezember 2020 10.000 Euro vom abgesondert verfolgten C* übernahm.
Bei der Strafbemessung wertete das Kollegialgericht das mehrfache Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge zu I./, das mehrfache Übersteigen der Wertgrenze des § 165 Abs 4 erster Fall StGB zu II./ und das Zusammentreffen von zwei Verbrechen als erschwerend, hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd.
Nach Zurückweisung der gegen dieses Urteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten (und Aufhebung des Verfallsausspruchs) mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 30. April 2025, GZ 13 Os 7/25s-4, ist nunmehr über dessen fristgerecht angemeldete (ON 85), rechtzeitig zu ON 96 zur Ausführung gelangte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Die Strafzumessungslage ist zunächst dahin zu präzisieren, dass das 25-fache der Grenzmenge insgesamt um deutlich mehr als das 60-Fache (I./) und die Wertgrenze des § 165 Abs 4 erster Fall StGB um das 20-Fache (II./) überschritten wurde. Auch aggraviert im Rahmen des § 32 StGB der Umstand, dass der Angeklagte aus reinem Gewinnstreben („zur Aufbesserung seiner finanziellen Situation und Erhöhung seines Lebensstandards“ [vgl US 5]) handelte (RIS-Justiz RS0088292).
Dem Angeklagten, der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Strafnachsicht anstrebt, gelingt es nicht, weitere für ihn günstige Strafbemessungsgründe zur Darstellung zu bringen.
Dem Monitum des Berufungswerbers, das Erstgericht habe den bisher ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, „offensichtlich“ zu gering gewichtet (ON 96, 22 f), ist entgegen zu halten, dass das Erstgericht die angenommenen Milderungsgründe (wobei es nur bei Punkt I./7./ beim Versuch geblieben ist) mit den vorliegenden Erschwerungsgründen, insbesondere der exorbitant hohen Suchtgiftmenge (I./) und den hohen Vermögensbestandteilen (II./), zutreffend gegeneinander abgewogen hat.
Der reklamierte Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 6 StGB liegt nicht vor. Als untergeordnete Tatbeteiligung im Sinne dieser Bestimmung ist nur ein Verhalten strafmildernd, welches nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich ist. Dies trifft etwa auf an sich nicht notwendige, aber noch in einer kausalen Beziehung stehende Aufpasserdienste zu ( Riffel, WK 2 § 34 Rz 16). Mag der Angeklagte innerhalb der Gruppierung (wobei die Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG ohnehin nicht angenommen wurde) auch nur als „Läufer“ fungiert haben, war er in sämtlichen Fällen derjenige, der das Suchtgift (und zwar zumindest 60 Kilogramm Kokain mit einer Reinsubstanz von zumindest 40% Cocain) anderen überlassen bzw verschafft hat (Punkte I./1–6 und 8–11) und hiedurch eine Gefahr für die Gesundheit anderer geschaffen hat. Die Tatbegehung bei der Geldwäscherei erfolgte in Bezug auf Vermögensbestandteile von über 1.000.000 Euro. Damit kann angesichts der offensichtlichen Erheblichkeit der Tathandlungen des Berufungswerbers – seinem Verständnis zuwider – von einer untergeordneten Beteiligung aber keine Rede sein.
Die in der Berufungsverhandlung angesprochenen vollzugsspezifischen Nachteile der unterhaltsberechtigten Angehörigen und das mit der Verbüßung einer Freiheitsstrafe verbundene seelische Leid dieser Personengruppe sind bei der Strafzumessung nicht zu beachten (vgl RIS-Justiz RS0090905).
Unter Berücksichtigung der teilweise präzisierten bzw. ergänzten Strafzumessungslage sowie allgemeiner Erwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB sowie Belangen der im Suchtmittelbereich so wesentlichen Generalprävention (vgl RIS-Justiz RS0090592 [T2], RS0090600), erweist sich bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe die vom Erstgericht mit nicht einmal der Hälfte der Strafobergrenze ausgemessene Sanktion vor allem im Hinblick auf die exorbitant hohe Suchtgiftmenge ohnehin als moderat und ist einer Reduktion nicht zugänglich.
Der Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.