JudikaturOLG Wien

18Bs19/25p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Heindl und Mag. Lehr als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* B* und einen weiteren Angeklagten wegen § 156 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über den Einspruch des C* gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 3. Jänner 2025, GZ **, GZ **-56 des Landesgerichts St. Pölten, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Einspruch wird abgewiesen .

Die Anklageschrift ist rechtswirksam.

Begründung

Text

Mit obgenannter Anklageschrift (ON 56) legt die Staatsanwaltschaft St. Pölten unter anderem dem am ** geborenen C* das Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 12 zweiter bzw dritter Fall, 156 Abs 1 StGB ( II./ ), das Vergehen des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung nach § 153d Abs 1 StGB ( III./1./ ) sowie das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB ( III./2./ ) zur Last.

Konkret sollen in D* und anderen Orten im Bundesgebiet bzw in E*

Gegen diese Anklageschrift richtet sich der rechtzeitige, aus den Gründen des § 212 Z 2 und 3 StPO erhobene Einspruch des C* (ON 59), mit dem er begehrt, das Oberlandesgericht Wien möge „der Anklage nicht Folge geben“ und „die Einstellung des Verfahrens verfügen“, in eventu die Anklageschrift „zur Durchführung eines weiteren Ermittlungs- bzw Beweisverfahrens an die StA St. Pölten zurückverweisen“.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsbehelf kommt keine Berechtigung zu.

Im Einspruchsverfahren ist – neben der Prüfung, ob Rechtsfragen durch die Anklagebehörde richtig gelöst wurden, nämlich ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat mit gerichtlicher Strafe bedroht ist und kein sonstiger prozessualer Grund vorliegt, der eine Verurteilung ausschließt (§ 212 Z 1 StPO), ob die Anklageschrift an wesentlichen formellen Mängeln leidet (§ 212 Z 4 iVm § 211 StPO), ob die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts besteht (§ 212 Z 5 und 6 StPO), ob der nach dem Gesetz erforderliche Antrag eines hiezu Berechtigten vorliegt (§ 212 Z 7 StPO) und ob die Staatsanwaltschaft das Verfahren zu Unrecht nachträglich gemäß § 205 Abs 2 StPO oder nach § 38 Abs 1 oder 1a SMG fortgesetzt hat (§ 212 Z 8 StPO) – zum Tatverdacht zu prüfen, ob genügend Gründe vorhanden sind, den Angeklagten der ihm angelasteten Straftat für verdächtig zu halten, und ob der Sachverhalt für eine Anklageerhebung hinreichend geklärt ist (§ 212 Z 2 und 3 StPO), sohin ob die Anklageschrift den im Verfahren entscheidungswesentlichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit den Erhebungsergebnissen zur Darstellung bringt und ob die aus den objektiven Unterlagen gezogenen Schlüsse der Anklagebehörde und die daran geknüpften Darlegungen zur objektiven und subjektiven Tatseite denkrichtig und möglich sind oder ob der Einspruchswerber Umstände aufzeigt, die zu einem logisch nicht lösbaren Widerspruch führen.

Mit seiner Begründung darf das Oberlandesgericht der Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache jedenfalls nicht vorgreifen (§ 215 Abs 5 StPO).

Wie die Oberstaatsanwaltschaft Wien in ihrer Stellungnahme vom 28. Jänner 2025 zutreffend ausführt, liegen gegenständlich sämtliche für die Erhebung der Anklage gegen C* erforderlichen Voraussetzungen vor.

Zur Dringlichkeit und zum Gewicht des Tatverdachts kann zunächst auf die ausführliche Begründung der Anklageschrift (ON 56, 6 ff) verwiesen werden, in der - gegliedert nach den einzelnen Fakten und unter Bezugnahme auf einschlägige Fundstellen im Akt - die vom Landeskriminalamt **, GZ **, umfangreich zusammengetragenen Ermittlungsergebnisse zur Darstellung gebracht wurden. Die Vielzahl an belastenden Umständen, allen voran die den Zweitangeklagten massiv belastenden Angaben des Erstangeklagten, legen den (zumindest einfachen) Verdacht nahe, der Zweitangeklagte habe die ihm zur Last gelegten Taten gemeinsam mit dem Erstangeklagten bzw als Bestimmungs- oder Beitragstäter zu dessen Taten in objektiver und in subjektiver Hinsicht begangen.

Zu den Fakten I./1./a./ sowie II./:

Dass die B* GmbH, als dessen Geschäftsführer der Erstangeklagte seit 8. Juli 2020 fungierte (siehe Firmenbuchauszug ON 6.17), über kein nennenswertes Bankguthaben verfügt habe, sich die wesentlichen Einzahlungen aus den COFAG-Förderungen zusammengesetzt hätten und praktisch alle Bareinzahlungen meist innerhalb sehr kurzer Zeit ab Eingang wieder behoben worden seien, geht aus dem nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen MMag. Dr. Q* genauso hervor wie der Umstand, dass der Saldo aus den Barentnahmen und den Bareinlagen im Kalenderjahr 2020 minus EUR 9.510,-- sowie im Kalenderjahr 2021 EUR 58.510,--, in Summe daher EUR 49.000,--, betragen habe (ON 45.2, 100 ff). Aus dem Gutachten ergibt sich auch, dass die Barentnahmen nicht dokumentiert worden seien, somit weder Rechnungen noch sonstige Belege oder Urkunden (Kassabücher, Kassazettel usw) vorgelegen seien, sodass zur Feststellung, wofür die Barentnahmen vom Bankkonto verwendet worden seien, nicht – wie sonst üblich – auf die zur Dokumentation solcher Geschäftsfälle geführten Urkunden zurückgegriffen habe werden können (ON 45.2, 102).

Befragt zum Verbleib dieser Barentnahmen vom Konto der B* GmbH führte der Erstangeklagte aus, dass er dem Zweitangeklagten einmal EUR 8.000,--, einmal EUR 800,-- und einmal EUR 300,-- (insgesamt sohin EUR 9.100,--) in bar gegeben habe (ON 35.3, 7). Als Grund dafür nannte der Erstangeklagte private Schulden, die er beim Zweitangeklagten gehabt habe und die er ihm zurückzahlen habe müssen (ON 6.8, 6; ON 6.9, 4). Die Höhe dieser Schulden bezifferte der Erstangeklagte mit rund EUR 58.000,-- bis 60.000,--; diese würden daher rühren, dass der Zweitangeklagte ihm anlässlich der Insolvenz eines früheren Unternehmens bzw im Zusammenhang mit einem vormaligen Lokal in R* Geld geborgt habe (ON 35.3, 5). Ebenso sagte der Erstangeklagte aus, dass er Barentnahmen aus der B* GmbH getätigt habe, um Mitarbeitern, die der Zweitangeklagte von ihm übernommen habe, hin und wieder Geld zuzustecken, weil ihm die Leute leidgetan hätten, weil sie vom Zweitangeklagten kein Geld bekommen hätten (ON 35.3, 5).

Die Mitarbeiter bestätigten, dass sie vom Erstangeklagten auch noch im Zeitraum ab April 2021 hin und wieder einige hundert Euro in bar ausgezahlt bekommen hätten (vgl etwa die Aussagen des L* M* ON 6.11, 4, oder des O* M* ON 6.12, 4).

Die Vermutung, dass der Zweitangeklagte über die prekären finanziellen Verhältnisse des Erstangeklagten und dessen Unternehmen B* GmbH Bescheid wusste, lässt sich zweifellos daraus ableiten, dass der Zweitangeklagte – wie dieser selbst auch einräumt – mit seinem Unternehmen S* KG für die Lohnverrechnung, Buchhaltung und Unternehmensberatung der B* GmbH zuständig und überdies mit dem Erstangeklagten befreundet war und somit detaillierte Einblicke in dessen (schlechte) finanzielle Verhältnisse sowie Kenntnisse von dessen Neigung zum Glücksspiel hatte.

Der Erstangeklagte deponierte bei mehreren Befragungen, dass ihn der Zweitangeklagte stets gedrängt hätte, die Schulden bei ihm endlich zurückzuzahlen, woraus wiederum berechtigt abzuleiten ist, dass der Zweitangeklagte es billigend in Kauf nahm, dass der Erstangeklagte Mittel der B* GmbH zur Begleichung seiner privaten Schulden verwendete, dies insbesondere auch deshalb, weil der Erstangeklagte gar kein privates Konto besaß, sondern sämtliche Zahlungen, und zwar auch solche, die ihn als Privatperson betrafen, über das Konto der B* GmbH abwickelte (vgl dazu die Aussage des Erstangeklagten [ON 6.9, 4], wonach er kein privates Konto gehabt habe, sondern alles über das Konto der B* GmbH gelaufen sei, dort seien alle Zahlungen, also private Zahlungen und solche, die seine Firma betreffen, vermischt gewesen).

Diese Beweisergebnisse berechtigen (zumindest mit einfacher Wahrscheinlichkeit) zur Vermutung, dass der Zweitangeklagte den Erstangeklagten zur Begleichung von privaten Schulden bzw Bezahlung der Dienstnehmer der F* GmbH Co KG drängte, obwohl er in Kenntnis der Herkunft der Mittel war und es dabei billigend in Kauf nahm, dass dadurch Bestandteile des Vermögens der B* GmbH verringert wurden und die Befriedigung deren Gläubiger geschmälert oder vereitelt wurde.

Wenn der Zweitangeklagte nunmehr in seinem Einspruch vorbringt, die Angaben des Erstangeklagten seien nicht überprüfbar und er bestreite, jemals Teilbeträge erhalten zu haben, ist ihm zunächst zu erwidern, dass er anlässlich seiner polizeilichen Befragung selbst einräumte, dass der Erstangeklagte sowohl als Privatperson als auch als Unternehmen B* GmbH bei ihm Schulden in der Höhe von rund EUR 70.000,-- gehabt hätte, es dem Erstangeklagten jedoch nicht gelungen sei, sämtliche Schulden bei ihm zurückzuzahlen, sondern dass aktuell immer noch EUR 35.000,-- offen seien (ON 6.6, 5). Der Einspruchswerber legte somit explizit offen, dass die Schulden nicht nur Unternehmensschulden, sondern auch Privatschulden gewesen seien und eine teilweise Rückzahlung erfolgt sei.

Dass der Zweitangeklagte – wie er vorbringt – nicht gewusst habe, woher das Geld komme, und in gutem Glauben davon ausgehen habe können, dass die B* GmbH gut floriere, weil es ihm auch nicht zumutbar gewesen sei, auf „Spurensuche“ zu gehen, woher die Barmittel stammen würden und wie die B* GmbH wirtschaften würde, ist schon angesichts der unbestrittenen Involvierung des Zweitangeklagten in die Finanzgebarung der B* GmbH wenig glaubwürdig. Den Beteuerungen des Einspruchswerbers, er sei zu keinem Zeitpunkt über den nunmehr bekanntermaßen schlechten finanziellen Status der B* GmbH informiert gewesen und habe lediglich bruchstückhaft Buchhaltungsunterlagen ohne größeren Kontext eingesehen, sind die diametral gegenläufigen Depositionen des Erstangeklagten entgegenzuhalten, wonach sein Freund, der Zweitangeklagte, gemeinsam mit T* die Buchhaltung seiner Firma gemacht habe (ON 6.7, 4). Alles was mit COVID und allen Anträgen zu tun habe, habe stets „sein Steuerberater Herr C*“ gemacht, der habe auch alle Mitarbeiter angemeldet und alle diese Sachen gemacht (ON 6.8, 4). Vereinbart sei laut Erstangeklagtem gewesen, dass der Zweitangeklagte die gesamte Abwicklung der Rechnungen sowie das Rechnungswesen, also Lohnsteuer, laufende Buchhaltung, die An- und Abmeldung von Mitarbeitern und die Umsatzsteuererklärungen, übernehme und er selbst hauptsächlich für das Lokal und die Sandwiches zuständig sei. Auf die Frage, wie die Rechnungen bezahlt worden seien, gab der Erstangeklagte an, dass er diese per E-Mail erhalten habe und sowohl er als auch der Zweitangeklagte Zugriff auf diese Adresse gehabt hätten. Der Zweitangeklagte habe die Rechnungen (beispielsweise jene von **) vom Bankkonto des Erstangeklagten bezahlt, er habe Zugriff auf das Bankkonto via Online-Banking gehabt. Er selbst habe das nie gemacht, er habe kein Geld überwiesen. Die Barbelege habe er zum Steuerberater gebracht oder der Zweitangeklagte habe sie im Lokal abgeholt. Die täglichen Umsätze seien aus der Kassa ausgedruckt und am Ende des Monats dem Steuerberater oder Herrn C* übergeben worden. Es seien immer beide zusammen im Steuerberatungsbüro gewesen. Die ganzen Buchhaltungsaufzeichnungen habe immer Herr C* gemacht. Buchhaltungskonten oder sonstige Auswertungen oder Steuererklärungen habe er von ihm nie bekommen, das habe alles Herr C* gemacht. Wenn er die Aufforderung vom Finanzamt bekommen habe, den Jahresabschluss zu erstellen, habe er die Aufforderung Herrn T* oder Herrn C* gegeben, die hätten das dann gemacht und dem Finanzamt geschickt. Er selbst habe die Abschlüsse unterschrieben, aber nicht verstanden. Er wisse nur, dass ein Jahresabschluss für das Finanzamt notwendig sei (ON 35.3, 4).

Die im Einspruch darüber hinaus angestellten Spekulationen über andere Geschehensvarianten und Deutungsmöglichkeiten verkennen, dass - wie oben dargetan - die abschließende Beweiswürdigung, wie sich der Sachverhalt letztlich wirklich zugetragen hat, der Hauptverhandlung vorbehalten bleibt und im Einspruchsverfahren nur zu prüfen ist, ob die aus den objektiven Unterlagen gezogenen Schlüsse der Anklagebehörde und die daran geknüpften Darlegungen zur objektiven und subjektiven Tatseite denkrichtig und möglich sind und vom Gewicht der be- und entlastenden Indizien her bei der Gegenüberstellung mit einfacher Wahrscheinlichkeit ein Schuldspruch zu erwarten ist, welche Voraussetzungen aufgrund der angeführten Beweismittel vorliegend erfüllt sind.

Zu den Fakten I./1./c./ und II./:

Dass es Überweisungen vom Konto der B* GmbH an den Zweitangeklagten in der Höhe von EUR 10.000,-- am 4. März 2021 und EUR 800,-- am 12. Mai 2021 gegeben hat, ist objektiviert und wird auch vom Zweitangeklagten selbst zugestanden (ON 2.9). Der Sachverständige führte dazu aus, dass durch diese Überweisung in der Höhe von EUR 10.800,-- der Deckungsfonds der Gläubiger der B* GmbH reduziert worden sei, wenn die Beweiswürdigung zum Ergebnis gelange, dass der Erstangeklagte diesen Betrag dem Zweitangeklagten zur Rückführung des Privatdarlehens übermittelt habe (ON 45.2, 118).

Zum Einwand des Zweitangeklagten, er habe diverse Geldbeträge auch an die B* GmbH verliehen und habe von einer Zahlungsunfähigkeit derselben nichts mitbekommen, ist erneut auf das oben zu I./1./a./ und II./ Gesagte zu verweisen, wonach – nach den Angaben des Erstangeklagten – schlüssig gefolgert werden kann, dass dieser (auch bzw vor allem) private Schulden beim Zweitangeklagten gehabt habe, wobei jener immer wieder darauf gedrängt habe, dass der Erstangeklagte seine Schulden begleiche, und der Zweitangeklagte durch seine Tätigkeit für die B* GmbH einen vollständigen Überblick über deren Finanzlage gehabt habe.

Zusammengefasst bildet die Beweislage auch zu diesen Fakten sohin ein ausreichendes Substrat für die in der Anklage gezogene Schlussfolgerung, wobei die Würdigung der gegenläufigen Beweise letztgültig in der Hauptverhandlung vorzunehmen sein wird.

Zu den Fakten I./1./d./ und II./:

Die der Anklage zugrunde gelegte Vermutung, dass der Erstangeklagte im April 2021 die Geschäftseinrichtung und die Betriebs- und Geschäftsausstattung des Geschäftslokals in D*, G*, im Wert von rund EUR 50.000,-- an die I* GmbH übertragen habe, ohne eine Ablöse erhalten bzw dem Vermögen der B* GmbH zugeführt zu haben, wird wiederum gestützt durch die Angaben des Erstangeklagten, der aussagte, dass er im April 2021 in der G* aufgehört und den Betrieb an C* übergeben habe. Es sei ein Vertrag gemacht worden, ab dann sei nur mehr C* verantwortlich gewesen (ON 6.7). Anlässlich einer späteren polizeilichen Vernehmung konkretisierte der Erstangeklagte über näheres Nachfragen die Hintergründe dergestalt, dass der Zweitangeklagte zu ihm gekommen sei und ihn aufgefordert habe, entweder sofort alle Schulden zurückzuzahlen oder das Lokal an ihn zu übertragen. Da der Erstangeklagte die offenen Forderungen in Höhe von EUR 30.000,-- nicht begleichen habe können, habe er ihm gesagt, dass er sich halt das Lokal nehmen solle (ON 35.3, 5).

Aus einer vom Erstangeklagten vorgelegten „ Nebenvereinbarung zum Abtretungsanbot über sämtliche Anteile der I* GmbH vom heutigen Tag “ geht hervor, dass zwischen den beiden Angeklagten unter anderem festgehalten wurde (ON 6.9, 6 f):

In diesem Zusammenhang anerkennt A* B*, dass das Lokal in der G*/Ecke H*, D* im Eigentum der I* GmbH, FN ** ist und bestätigt die vereinbarte Ablösen für Geschäftseinrichtungen der beiden Geschäftslokale G*/Ecke H*, D* und **, ** R* an ihn vollständig bezahlt wurden und die I* GmbH uneingeschränkt darüber verfügen darf, insbesondere auch berechtigt ist, diese Lokale zur Gänze oder zum Teil weiterzuveräußern.

Die Vertragsteile stellen einvernehmlich fest, dass A* B* von der F* GmbH Co KG, FN **, als Mitarbeiter der vorgenannten Lokale für Hilfsarbeiten (Reinigung, Essensauslieferung, etc.) eingestellt wird.

[...]

Der gegenständliche Wert für das Geschäftslokal G*/H*, D* wird von den Vertragsparteien auf etwa € 50.000,-- geschätzt (dies beinhaltet unter anderem Lüftung, Kühlung, Geschäftsausstattung, Kundenstock, Warenbestand. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass die Firma I* GmbH gegenwärtig und künftig uneingeschränkt über diese Vermögenswerte verfügen darf, somit auch Veränderungen vornehmen kann bzw. das Lokal untervermieten oder veräußern darf. Allfällige Verkaufserlöse gehen vollständig an die I* GmbH.

Nach den Angaben des Erstangeklagten erfolgte die Übertragung der Geschäftseinrichtung sohin zur Schuldentilgung, ohne dass tatsächlich eine Ablöse geflossen sei.

Nach dem logisch deduzierten Sachverständigengutachten sei auf dieser Basis feststellbar, dass Betriebs- und Geschäftsausstattung zum Vermögen der B* GmbH gehört hätten und der Wert dieser Ausstattung mit EUR 50.000,-- bewertet worden sei, ein Zahlungsmittelzufluss für die Übertragung dieses Vermögens aber nicht objektivierbar sei. Durch das Ausscheiden der Einrichtung sei das Vermögen der B* GmbH und somit der zur Befriedigung der Gläubiger der B* GmbH zur Verfügung stehende Deckungsfonds in Höhe von EUR 50.000,-- verringert und in dieser Höhe die Befriedigung der Gläubiger der B* GmbH geschmälert worden (ON 45.2, 107).

Wenn der Einspruchswerber nunmehr behauptet, die B* GmbH sei zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin der Betriebs- und Geschäftsausstattung gewesen, sondern die vormalige Eigentümerin, die B* KG , ein früheres Unternehmen des Erstangeklagten, habe dem Zweitangeklagten die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung bereits zu einem früheren Zeitpunkt und einem angemessenen marktüblichen Preis veräußert, woraufhin die B* GmbH diese Ausstattung vom Zweitangeklagten (lediglich) gepachtet habe, ist ihm erneut zu erwidern, dass er mit diesem Einwand die Reichweite des Anklageeinspruchs verkennt. Damit wird nämlich kein Einspruchsgrund geltend gemacht, sondern lediglich die von den Belastungen durch den Erstangeklagten abweichende Geschehensvariante des Zweitangeklagten zur Darstellung gebracht, über deren Glaubwürdigkeit durch den Schöffensenat in der Hauptverhandlung zu befinden sein wird, der die unterschiedlichen Beweismittel nach seiner Überzeugungskraft zu gewichten haben wird.

Zu den Fakten III./1./ und III./2./a./:

Die Verdachtslage dazu ergibt sich zunächst aus dem Dienstnehmerverzeichnis der Österreichischen Gesundheitskasse (ON 45.3, 7 f), aus dem sich im Zusammenhalt mit den einschlägigen Passagen aus der Expertise (ON 45.2, 38 f) ableiten lässt, dass die Dienstverhältnisse der in der Anklage genannten Personen erst zu einem Zeitpunkt begründet worden seien, als der Unternehmensbetrieb der B* GmbH bereits beendet gewesen sei und die B* GmbH während ihres Bestehens die geschuldeten Beiträge der Dienstnehmer zur Sozialversicherung nicht geleistet habe. Dies betrifft die Dienstnehmer J*, K* B*, L* M*, N* M* und O* M*, deren Forderungen laut Bericht des Insolvenzverwalters von 7. Oktober 2022 (ON 2.5, 2) im Insolvenzverfahren über das Vermögen der B* GmbH anerkannt und vom Insolvenzgeldfonds beglichen worden sind.

Nach den Angaben des Erstangeklagten habe sich ab April 2021 ausschließlich der Zweitangeklagte um das Geschäft gekümmert. Ab diesem Zeitpunkt sei das Geschäft von der F* GmbH Co KG bzw dessen Geschäftsführer C* und nicht mehr von der B* GmbH geführt worden. Auf die Frage, warum er dann noch manchmal Lohn an diese Mitarbeiter ausgezahlt habe, gab er an, dass er das nicht wisse. Das müsse Herr C* wissen, er habe immer alle Anmeldungen und Abmeldungen von Mitarbeitern gemacht. Nach dem Umbau hätte er selbst als Koch und seine vormaligen Mitarbeiter, nämlich K* B*, P*, J* und die zwei M*-Brüder sowie der M*-Vater, dort gearbeitet, genauso wie vor dem Umbau (ON 6.8, 5 f). Anlässlich seiner Einvernahme am 22. Juli 2024 deponierte der Erstangeklagte erneut, dass nach der Übertragung des Lokals an C* die B* GmbH nichts mehr gemacht habe, sondern „aus“ gewesen sei. Er sei als Koch angestellt worden und die die anderen Mitarbeitern hätten auch dort gearbeitet. Er habe den Mitarbeitern dann zwar noch hin und wieder Geld aus der eigenen Tasche gegeben, das aber nur, weil er dumm gewesen sei und sie ihm leid getan hätten, weil sie vom Zweitangeklagten nicht bezahlt worden seien (ON 35.3, 5).

Der Zweitangeklagte selbst räumte zwar ein, dass der Pachtvertrag mit der B* GmbH aufgelöst, das Geschäftslokal ab Februar 2021 auf seine Kosten umgestaltet und Mitte April 2021 unter dem Namen „U*“ von ihm mit der F* GmbH Co KG wiedereröffnet worden sei, beteuerte aber, dass es sich um einen Schnellimbiss mit seinem eigenen Personal gehandelt habe. Zum Teil habe er dafür Mitarbeiter aus V* dafür herangezogen. Darüber hinaus seien nur der Erstangeklagte als Koch und er selbst dort tätig gewesen. Andere Personen seien nicht fix angestellt, sondern mit Werkvertrag tätig gewesen. Die Namen und Daten dieser Mitarbeiter wolle er aber nicht nennen. Mit Sicherheit könne er aber sagen, dass die Personen, die bei der B* GmbH angestellt gewesen seien, nicht in seinem Geschäftslokal gearbeitet hätten. Er sei mehrmals wöchentlich dort gewesen und könne das daher ausschließen. Seine eigenen Mitarbeiter wolle er nicht als Entlastungszeugen nennen (ON 6.6, 4 f).

Abgesehen von der gegenläufigen Darstellung des Erstangeklagten stehen die Angaben des Zweitangeklagten auch im Widerspruch zu den Aussagen der als Zeugen befragten Dienstnehmer, die allesamt angaben, auch nach April 2021 weiterhin im selben Lokal gearbeitet und auch weiterhin vom Erstangeklagten hin und wieder Teile des Lohns in bar erhalten zu haben (ON 6.10, 6.11, 6.12, 7.3, 8.3, 8.4 und 8.5).

Im Übrigen belegen die vom Zweitangeklagten selbst vorgelegten Screenshots aus einer WhatsApp-Kommunikation zwischen ihm und dem Erstangeklagten (ON 16.5, 12), dass der Zweitangeklagte immer wieder Dienstnehmer auf die B* GmbH angemeldet hat, nachdem das Lokal schon von der F* GmbH Co KG übernommen worden war.

All diese Beweismittel legen die Annahme nahe, dass die Anmeldungen der Dienstnehmer bei der B* GmbH von beiden Angeklagten kollusiv in dem Wissen und Wollen vorgenommen wurden, dass Sozialversicherungsbeiträge für diese Dienstnehmer nicht (vollständig) geleistet werden würden. Nach ihrem Plan sollte die Österreichische Gesundheitskasse als Beitragsgläubigerin überdies bewusst und gewollt sowie in Bereicherungsabsicht im Dunkeln darüber gelassen werden, dass wirkliche Dienstgeberin die F* GmbH Co KG ist, wodurch es der Beitragsgläubigerin verunmöglicht wurde, die Beiträge bei der wahren Dienstgeberin einzuheben, was einen Vermögensschaden von über EUR 5.000,-- bei der Österreichischen Gesundheitskasse bewirkt hat.

Der Einspruchswerber wendet hiezu ein, dass die Dienstnehmer selbst ausgesagt hätten, weiterhin bei der B* GmbH beschäftigt gewesen zu sein und ihre Forderungen auch im dortigen Insolvenzverfahren angemeldet hätten, was darauf hindeute, dass sie nicht für ihn tätig gewesen seien. Dem ist zu erwidern, dass die Dienstnehmer unisono angaben, weiterhin im Lokal in der G* tätig gewesen zu sein, das selbst nach den Angaben des Zweitangeklagten ab April 2021 von ihm bzw seiner Gesellschaft betrieben worden sei, sodass der Schluss naheliegt, dass die – oft mehrheitlich der deutschen Sprache nicht mächtigen Dienstnehmer (manche von ihnen sind nach eigenen Angaben Analphabeten) - über die wahren Verhältnisse im Dunkeln gelassen wurden und keinen genauen Überblick darüber hatten, wer von den beiden Angeklagten, die beide nach ihren übereinstimmenden Depositionen immer wieder im Lokal anwesend waren, der „Chef“ gewesen ist.

Wenn der Einspruchswerber weiter ins Treffen führt, es sei richtig, dass er die Anmeldungen für die B* GmbH durchgeführt habe, er habe jedoch nichts von der schlechten finanziellen Situation dieser Gesellschaft wissen können, ist er auf die oben dargestellten, dieser Version widerstreitenden Beweisergebnisse zu verweisen.

Mit dem Hinweis auf die mangelnde Plausibilität mancher Zeugenaussagen und der Spekulation über andere Geschehensvarianten, die ein malversives Zusammenwirken des Erstangeklagten mit den Dienstnehmern nahelegen, wird wiederum kein Einspruchsgrund geltend gemacht.

Dem Einwand, es sei zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts dringend geboten, hier „intensiver die angeführten Personen zu befragen“, und zwar dazu, wie sich diese über einen Zeitraum von zehn Monaten hinweg (März 2021 bis Dezember 2021) ihren Lebensunterhalt hätten leisten können, obwohl diese angeblich nur so bruchstückhaft bezahlt worden seien, ist zu erwidern, dass darin ein iSd § 212 Z 3 StPO relevanter Stoffsammlungsmangel nicht erblickt werden kann. Sämtliche Dienstnehmer (mit Ausnahme jener, die trotz intensiver Suche nicht greifbar waren) wurden zum bestehenden Sachverhalt befragt, insbesondere auch dazu, warum sie so lange weitergearbeitet hätten, obwohl sie keinen Lohn bekommen hätten, und wovon sie in dieser Zeit ihren Lebensunterhalt bestritten hätten (vgl exemplarisch dazu die Befragung des O* M* ON 6.12, 5 f, wonach dieser angab, dass er nicht den ganzen Lohn, aber immer ein paar hundert Euro bekommen habe, die ihm der Erstangeklagte zwischendurch gegeben habe. Der Erstangeklagte habe ihn immer vertröstet, dass er irgendwann den Rest bezahlen werde. Ende Oktober 2021 habe er dann genug davon gehabt und sich eine andere Arbeit gesucht. Er habe in dieser Zeit nur von dem Geld gelebt, das ihm der Erstangeklagte gegeben habe, und das sei sich ausgegangen. Er habe noch ein bisschen nebenbei in V* gearbeitet, und zwar für ein bis zwei Tage pro Woche. Das sei in einem Lokal im 18. Bezirk gewesen. Weitere zwei Tage sei er in einem Restaurant als Küchengehilfe tätig gewesen). Auch gab etwa L* M* genau zu diesen Fragen an, dass ihn der Erstangeklagte immer wieder vertröstet habe. Dieser habe gesagt er habe kein Geld und wenn er eines habe, dann gebe er ihm den ganzen Lohn. Er sei mit ein paar hundert Euro ausgekommen, sonst habe er keine anderen Einnahmen gehabt (ON 6.11, 5).

Allfällige weitere Fragen oder Vorhalte seitens des Zweitangeklagten können im Übrigen de facto verzögerungsfrei in der Hauptverhandlung gestellt/gemacht werden.

Das Vorbringen im Anklageeinspruch, dass die Österreichische Gesundheitskasse offenbar selbst davon ausgehe, dass die B* GmbH die Beitragsschuldnerin sei, da diese andernfalls schon längst Schritte zur Beitragseinhebung bei der wahren Schuldnerin hätte setzen müssen, überzeugt nicht, da ja gerade Teil des Anklagevorwurfs ist, dass die Österreichische Gesundheitskasse diesbezüglich in die Irre geführt worden sei, indem ihr wahrheitswidrig vorgegaukelt worden sei, dass die Dienstnehmer bei der B* GmbH beschäftigt seien, welcher Umstand nunmehr in der Hauptverhandlung zu klären sein wird. (Ein Privatbeteiligtenanschluss durch die Österreichische Gesundheitskasse ist bereits erfolgt [ON 40.4].)

Der Beteuerung des Zweitangeklagten, er habe bei der Anmeldung der Dienstnehmer nach April 2021 für die B* GmbH ja nicht wissen können, ob diese nicht etwa an einem anderen Standort ein Gewerbe betreibe, und es sei zu vermuten, dass die B* GmbH in einem Einkaufszentrum in D* namens „W*“ weiterhin aktiv gewesen sei (siehe dazu auch die Stellungnahme des Zweitangeklagten ON 16.5, 5, samt Lichtbildern ON 16.5, 12 f), widerspricht das Erhebungsergebnis der Polizei, wonach an dieser Örtlichkeit zu keiner Zeit eine aktive Tätigkeit des Erstangeklagten bzw der B* GmbH habe festgestellt werden können. Auch der Erstangeklagte gab - konfrontiert mit diesen Depositionen des Zweitangeklagten - bei seiner polizeilichen Vernehmung an, dass es zwar richtig sei, dass er mit dem Besitzer eines Lokals im W* über eine allfällige Anmietung gesprochen habe, dass es dazu aber nie gekommen sei. Das habe er dem Zweitangeklagten auch mitgeteilt, sodass dieser definitiv gewusst habe, dass das Geschäft im W* nicht von ihm bzw der B* GmbH übernommen werde. Überdies habe er das Geschäft im W* überhaupt nicht mit der B* GmbH betreiben wollen, wenn überhaupt, dann hätte er das mit einem „neuen Namen“ gemacht, nämlich mit seinem Namen als Einzelunternehmen, und das habe der Zweitangeklagte auch genau gewusst (ON 35.3, 5).

Die von der Anklagebehörde aus den Beweisergebnissen gezogenen Schlussfolgerungen zu diesen Fakten sind daher ebenfalls nicht zu beanstanden.

Zum Faktum III./2./b./:

Diesbezüglich konnte sich die Anklagebehörde auf das Sachverständigengutachten stützen, in dem die Anträge der B* GmbH an die COFAG AG samt Auszahlungen anschaulich aufgelistet sind (ON 45.2, 57 f). Daraus ist ersichtlich, dass für die Monate März 2021 und April 2021 jeweils ein Ausfallbonus in Höhe von EUR 5.070,97 sowie ein Vorschuss auf den Fixkostenzuschuss in Höhe von EUR 2.535,48 ausbezahlt worden sind. Desgleichen ist objektiviert, dass für Juni 2021 ein Ausfallbonus in Höhe von EUR 1.474,52 bezahlt worden ist. Weitere Fixkostenzuschüsse wurden am 16. Juli 2021 (EUR 7.569,22) und am 12. November 2021 (EUR 3.847,63) ausbezahlt.

Da Voraussetzung für die Anspruchsberechtigung ist, dass das Fördergelder beanspruchende Unternehmen eine operative Tätigkeit entfaltet, was nach der Beweislage für die B* GmbH nach Februar 2021 mutmaßlich nicht mehr der Fall war, ist die Schlussfolgerung berechtigt, dass bei der Antragstellung über diesen Umstand wissentlich und willentlich und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz getäuscht wurde, um Verfügungsberechtigte der COFAG zur Auszahlung von Coronahilfen zu veranlassen, wodurch ein Vermögensschaden in dieser Höhe bewirkt wurde. Ein Motiv hiefür könnte die vom Insolvenzverwalter ins Treffen geführte Vermutung sein, über den Weiterbetrieb der B* GmbH COVID-Hilfen zu vereinnahmen, um auf diesem unlauteren Weg Mittel für die F* GmbH Co KG zu lukrieren.

Der Erstangeklagte gab dazu an, dass der Zweitangeklagte alle Angelegenheiten und Anträge im Zusammenhang mit COVID erledigt habe, er selbst wisse gar nicht, wie man so etwas mache, er kenne die Zugangsdaten für Finanz-Online gar nicht, habe auch keinen Computer. Konkret befragt, wer die Zugangsdaten der B* GmbH für Finanz-Online gehabt und die Anträge bezüglich Ausfallbonus, Fixkostenzuschuss und Lockdown-Umsatzersatz gestellt bzw die im Programm vorgegebenen Masken befüllt habe, sagte der Erstangeklagte aus, dass er gar nicht genau wisse, wer das gemacht habe oder den Antrag gestellt habe, es müsse der Zweitangeklagte wissen (ON 6.8, 3 f). Anlässlich einer weiteren polizeilichen Befragung räumte der Erstangeklagte ein, dass es sein könne, dass COVID-Hilfen im Gesamtumfang von EUR 54.997,85 auf das Konto der B* GmbH geflossen seien, wenn das so am Kontoauszug stehe, dann sei das ok. Auf den Vorhalt, dass das Geld der Corona-Hilfe stets unmittelbar darauf in bar abgehoben worden sei, schilderte der Erstangeklagte, dass er damit immer Schulden bezahlt habe, zum Teil beim Zweitangeklagten, zum Teil habe er auch sehr viel im Casino verspielt. Er sei in ** und in ** spielen gewesen und habe viel Geld verloren. Er habe sein ganzes Leben lang immer Geld verloren und immer irgendwelche Schulden bezahlt (ON 6.9, 4).

Umfangreiche Erhebungen der Polizei dazu ergaben, dass ein Steuerberater namens Mag. X* „nur“ die Anmeldung für die COFAG bestätigte, wobei ihm dafür „nur“ die Umsatzsteuervoranmeldung für Mai bis Oktober 2020 zur Verfügung gestanden sei (ON 6.2, 5). Bei der zuständigen Referentin von Finanz-Online konnte eruiert werden, dass die Anträge jeweils über eine Eingabemaske erfolgt seien. Laut Sachverhaltsdarstellung und Berichten des Masseverwalters sei der entsprechende Schriftverkehr zwischen der COFAG AG und der B* GmbH über Mag. C* geführt worden, was dieser in seiner Stellungnahme auch bestätigte, wobei er bestritt, die Förderungsanträge gestellt zu haben (ON 28.2, 3; ON 16.5).

Wie aus dem Zwischenbericht ON 28.2 ferner hervorgeht, habe eruiert werden könne, dass die Anträge immer von der IP-Adresse ** aus gestellt worden seien. Bei dieser IP-Adresse handle es sich um ein privates Netzwerk „**“, ein bestimmter PC, von welchem aus das Login erfolgt sei, habe nicht ermittelt werden können (ON 28.2, 3).

Trotz Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Masseverwalter Dr. Y* und den Erstangeklagten wollte der Steuerberater Mag. X* keine Aussage machen und berief sich auf seine Verschwiegenheitsverpflichtung als Steuerberater (ON 31.3, 31.4 und 31.5).

Diese Ermittlungen berechtigen sohin zur Vermutung, der Erst- und Zweitangeklagte hätten im obbeschriebenen Sinn zusammengewirkt, um für die nicht mehr tätige B* GmbH unrechtmäßiger Weise Corona-Hilfen zu beziehen, um so an Geldmittel zu gelangen.

Der Einwand im Anklageeinspruch, von diesem Vorwurf sei Abstand zu nehmen gewesen, da die Täterschaft nicht exakt feststellbar sei, zumal in der Anklageschrift selbst ausgeführt werde, dass nicht eruierbar gewesen sei, wer von den beiden Angeklagten die Anträge tatsächlich eingebracht habe, verkennt erneut das Beweismaß für eine Anklageerhebung (mehr als fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist [ Birklbauer , WK-StPO § 212 Rz 15]).

Ergänzend sei zur implizierten Geltendmachung des Einspruchsgrundes des § 212 Z 1 StPO angemerkt, dass das von der Anklagebehörde beschriebene Tatgeschehen eine in die Zuständigkeit des Schöffengerichts zu subsumierende strafbare Handlung darstellt. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Tat in der Anklageschrift allein würde die Zulässigkeit der Anklage (iSd § 212 Z 1 StPO) nicht hindern, sofern bei rechtsrichtiger Beurteilung nur irgendein anderer gerichtlich strafbarer Tatbestand erfüllt ist ( Birklbauer , WK-StPO § 212 Rz 4). Die materielle Subsumtion in der Anklage ist vom Oberlandesgericht im Zuge seiner Einspruchsentscheidung nicht zu ändern (RIS-Justiz RS0097881). Aus den Ermittlungsergebnissen ergibt sich zumindest der Verdacht einer Bestimmungs- bzw Beitragshandlung zu beiden Angeklagten. Aufgrund der Gleichwertigkeit der verschiedenen Täterschaftsformen (RIS-Justiz RS0117604) stellt die Qualifikation des Tatgeschehens zu beiden Angeklagten als unmittelbare Täterschaft aber jedenfalls keinen beachtlichen Mangel dar. Ein Anklagehindernis iSd § 212 Z 1 StPO liegt somit nicht vor.

Die weiteren Beteuerungen im Einspruch, der Zweitangeklagte habe keine Fördergelder für die B* GmbH beantragt und die Angaben des Erstangeklagten, wonach er keinen Computer bedienen könne, seien reine Schutzbehauptungen, wiederholen lediglich die schon im Ermittlungsverfahren gewählte Verantwortungslinie des Zweitangeklagten, die nicht geeignet ist, die belastenden Indizien so auszuräumen, dass eine Anklageerhebung unzulässig wäre.

Richtig ist der Hinweis, dass nicht der Zweitangeklagte, sondern vielmehr der Erstangeklagte die Buchhaltungsunterlagen mit der Begründung nicht habe übermitteln können, dass er diese im Keller einer früheren Wohnung aufbewahrt habe und diese vom Hausbesitzer weggeworfen worden seien (ON 6.9, 4); insofern ist die Begründung der Anklage mit einem Zitatfehler behaftet (ON 56, 20). Dies ist jedoch rechtlich irrelevant, da lediglich entscheidend ist, ob die Summe der belastenden Umstände jene der entlastenden Parameter überwiegen, was gegenständlich der Fall ist.

Sohin ist unter Würdigung sämtlicher Umstände bei lebensnaher Betrachtung mit zumindest einfacher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, der Zweitangeklagte habe in Absprache mit dem Erstangeklagten die Corona-Anträge in Kenntnis der mangelnden Voraussetzungen hiefür gestellt, da der Zweitangeklagte angesichts seiner Bildung und Vorerfahrung mutmaßlich über die entsprechenden Kenntnisse verfügte, während der Erstangeklagte, der der deutschen Sprache nicht mächtig und nach eigenen Angaben niemals eine Schule besucht hat, somit mit den Fachausdrücken und der Eingabemaske allenfalls überfordert gewesen sein könnte.

Die sohin schlüssig zusammengefasste Verdachtslage in objektiver Hinsicht indiziert auch hier wiederum die subjektive Tatseite. Insbesondere konnte sich die Anklagebehörde dabei auch auf den Umstand stützen, dass vom Zusammenwirken des Erst- und Zweitangeklagten beide profitierten, indem der Erstangeklagte seine (auch privaten) Schulden dadurch zumindest teilweise begleichen konnte und der Zweitangeklagte zum einen in den Genuss der Rückzahlungen des Erstangeklagten und zum anderen der Dienstleistungen der offiziell auf die B* GmbH angemeldeten Dienstnehmer in dem von ihm übernommenen Geschäftslokal kam, für die er weder Lohn- noch Sozialversicherungskosten tragen musste. Aus der wiederholten Antragstellung samt Auszahlung, den finanziellen Nöten des Erstangeklagten bzw der B* GmbH und dem Interesse beider Angeklagten an der Tilgung der Schulden des Erstangeklagten beim Zweitangeklagten lässt sich – im Zusammenhalt mit dem zu III./2./a./ angeklagten Betrugsfaktum - zwanglos auch die Vermutung ableiten, die Angeklagten hätten in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung von solchen – teils schweren - Betrugshandlungen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, das nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von EUR 400,- übersteigt.

Durch die mehrmalige Einvernahme beider Angeklagten, die Vernehmung sämtlicher (greifbarer) Dienstnehmer der B* GmbH und eines Mitarbeiters des Zweitangeklagten als Zeugen (ON 19.3), die Einholung des Gutachtens des Sachverständigen MMag. Dr. Q* (ON 45.2) und durch zahlreiche weitere Erhebungen zur Abklärung der Plausibilität sämtlicher Aussagen wurden – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft - die für die Entscheidung über die Erhebung der Anklage erforderlichen Beweise aufgenommen, sodass eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung nach den im Einspruchsverfahren geltenden Maßstäben nicht vorliegt.

Zum einspruchsgegenständlichen Antrag auf Einvernahme des Zeugen Z* ist auszuführen, dass derzeit nicht ersichtlich ist, was konkret dieser Zeuge zum Beweis wofür beitragen kann, zumal lediglich ausgeführt ist, dass dieser in seiner Eigenschaft als Buchhalter des Buchhaltungsunternehmens des Zweitangeklagten (S* KG) einen detaillierten Einblick in die finanzielle Gebarung der B* GmbH habe. Dem Zweitangeklagten steht es naturgemäß frei, in der Hauptverhandlung einen substantiierten Beweisantrag iSd § 55 StPO zu stellen, eine nach § 212 Z 3 StPO relevante Mangelhaftigkeit bei der Stoffsammlung vermag dadurch nicht aufgezeigt werden.

Zusammenfassend lässt sich ausführen, dass die Anklageschrift den entscheidungswesentlichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit den Erhebungsergebnissen zur Darstellung gebracht hat, wobei die von der Anklagebehörde gezogenen Schlüsse zur objektiven und subjektiven Tatseite denkrichtig und möglich sind und die für die Anklageerhebung ausreichende einfache Verurteilungswahrscheinlichkeit gegeben ist. Ob letztlich die Beweismittel ausreichen werden, den Einspruchswerber der ihm angelasteten strafbaren Handlungen mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit zu überführen, muss der Entscheidung des nach den Grundsätzen der Unmittelbarkeit, Mündlichkeit und freien Beweiswürdigung erkennenden Schöffengerichts vorbehalten bleiben, der vorzugreifen im Einspruchsverfahren nicht zulässig ist ( Birklbauer , WK-StPO § 215 Rz 25).

Das Schöffengericht wird dabei die Angeklagten mit den gegen sie sprechenden Belastungen, insbesondere auch mit den Schuldzuweisungen durch den jeweiligen Mitangeklagten, zu konfrontieren und sich einen persönlichen Eindruck von den Angeklagten zu verschaffen haben. Auch die Vorwürfe nach der Anklageerhebung (der Erstangeklagte behauptete zuletzt in einem Mail an die zuständige Staatsanwältin, dass ihm der Zweitangeklagte – unter Androhung, dass er vor Gericht ohnehin verlieren werde - ein Flugticket besorgt und ihm EUR 10.000,-- in bar gegeben habe, damit er das Land verlasse und nach Afghanistan zurückfliege, wobei der Erstangeklagte zum Beleg dafür Screenshots mit einem dicken Bündel an Banknoten im Wert von je EUR 200,-- und ein Flugticket von ** nach BA* sowie von BA* nach ** übermittelte [ON 63.1 bis ON 63.5]) werden dabei einer kritischen Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt zu unterziehen sein.

Da somit die Einspruchsgründe des § 212 Z 2 und 3 StPO und auch keine anderen Einspruchsgründe verwirklicht wurden und daher keiner der Fälle des § 215 Abs 2 bis 4 StPO vorliegt, ist der Einspruch nach § 215 Abs 6 StPO abzuweisen und gleichzeitig die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen.

Rückverweise