JudikaturOLG Wien

31Bs144/25s – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Angeklagten wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 131 erster Fall, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Mai 2025, GZ **-129, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. April 2025 wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 131 erster Fall, 15 StGB; §§ 148a Abs 1 und 3, 15 StGB; § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt (ON 120.1).

Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat A* – soweit für diese Entscheidung wesentlich - am 14. April 2024 in ** eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert einem anderen mit dem Vorsatz weggenommen sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei unbekannten Mittäterinnen (§ 12 StGB) B* 6.000 Euro Bargeld, wobei er, auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten, indem er, nachdem ihn B* mit dem Diebstahl konfrontierte und die Herausgabe des Geldes forderte, diesen aus dem Taxi, mit dem die Täter flüchten wollten, zerrte und ihn mehrmals mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch dieser Hämatome im Bereich des linken Auges und des rechten Oberarms, eine Prellung der Nase und eine Verletzung der Zunge und der Oberlippe erlitt und die Täter flüchten konnten (I./A./1./).

Mit Eingaben vom 14. April 2025 (ON 121.2) und – infolge Zurückziehung einer zwischenzeitig eingebrachten Berufungsanmeldung (ON 122 und ON 123) – vom 7. Mai 2025 (ON 128.2) beantragte der Verurteilte einen Strafaufschub nach § 39 SMG.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag ab und begründete dies mit der Erforderlichkeit des Vollzugs der Freiheitsstrafe im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Täters.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 132.2), in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass die Verurteilung nicht wegen Straftaten erfolgte, die unter Anwendung erheblicher Gewalt gegen Personen begangen worden seien.

Gemäß § 39 Abs 1 SMG ist der Vollzug einer wegen einer Straftat, die mit der Beschaffung von Suchtmitteln in Zusammenhang steht, verhängten Geldstrafe oder drei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe nach Anhörung der Staatsanwaltschaft für die Dauer von höchstens zwei Jahren aufzuschieben, wenn der Verurteilte an Suchtmittel gewöhnt ist und sich bereit erklärt, sich einer notwendigen und zweckmäßigen, ihm nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme, gegebenenfalls einschließlich einer bis zu sechs Monate dauernden stationären Aufnahme, zu unterziehen (Z 1), und im Fall der Verurteilung zu einer 18 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe wegen einer Straftat, die mit der Beschaffung von Suchtmitteln in Zusammenhang steht, der Vollzug der Freiheitsstrafe nicht im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Täters geboten erscheint, insbesondere weil die Verurteilung wegen Straftaten erfolgt ist, die unter Anwendung erheblicher Gewalt gegen Personen begangen worden sind (Z 2).

Gefährlichkeit ist nach § 39 Abs 1 Z 2 SMG insbesondere dann anzunehmen, wenn die Straftat mit erheblicher Gewalt gegen Personen begangen wurde, wenn also intensiv (brutal) auf den Körper eines Opfers eingewirkt wurde. Vorstrafen wegen Gewaltdelikten sind bei der Beurteilung der Gefährlichkeit des Täters ins Kalkül zu ziehen (vgl Schwaighofer in Höpfel/Ratz, WK 2 SMG § 39 Rz 22). Erhebliche Gewalt ist dann anzunehmen, wenn der Täter bei einem Angriff auf die Person des Opfers beachtliche physische Kraft in vehementer Weise einsetzt, wobei die Belastung des Opfers im Vergleich zu Durchschnittsfällen nicht als geringfügig einzustufen ist. Ob dies zutrifft, ist nach einem objektiv-individualisierenden (strengen) Maßstab unter Berücksichtigung aller konkreten Fallgegebenheiten, wie etwa auch des körperlichen Zustandes des Angegriffenen, zu beurteilen. Insbesondere (Faust-)Schläge gegen den Kopf gehen stets mit einer erhöhten Gefährdung des Opfers einher (RIS-Justiz RS0094427 [insb T15]; vgl auch Burgstaller/Schütz aaO StGB § 84 Rz 63).

Der Verurteilung wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 131 erster Fall, 15 StGB liegt – soweit für diese Entscheidung wesentlich - zugrunde, dass der Angeklagte den alkoholisierten B* zunächst aus einem Taxi zerrte, in das sich der Bestohlene setzte, um die Herausgabe der ihm gestohlenen 6.000 Euro zu erzwingen, und ihm sodann mehrmals mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch B* Hämatome im Bereich des linken Auges und des rechten Oberarms, eine Prellung der Nase und eine blutende Verletzung der Zunge und der Oberlippe erlitt (vgl US 6 sowie die Lichtbildbeilagen ON 31.10, 11 ff und ON 31.20).

Rechtliche Beurteilung

Aufgrund der Heftigkeit des konkreten Angriffs und der konkreten Folgen, ging das Erstgericht zurecht von einer erheblichen Gewaltanwendung im Sinne des § 39 Abs 1 Z 2 SMG aus. Für die Gefährlichkeit des Täters spricht zudem seine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung mit der Folge dauernder erheblicher Entstellung oder Behinderung in Deutschland im Jahr 2014 (ON 80.2, 4 ff [entspricht ON 91.2, 7 ff]), die seine rücksichtslose Gewaltbereitschaft bestätigt.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

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