20Bs150/25t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 6. Mai 2025, GZ **, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** eine über ihn mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Mai 2019, AZ **, wegen § 233 Abs 1 Z 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, eine mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 28. Mai 2021, AZ ** wegen §§ 164 Abs 1, Abs 3, Abs 4 zweiter und dritter Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren, eine mit Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 9. November 2022, AZ ** wegen § 146 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten sowie eine mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. April 2023, AZ ** wegen § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 3 erster Fall SMG verhängte Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten, insgesamt sohin Freiheitsstrafen in der Dauer von 6 Jahren und drei Monaten mit errechnetem Strafende am 30. Juli 2027.
Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 14. Juni 2024 vor, zwei Drittel der Sanktion wird der Strafgefangene am 29. Juni 2025 verbüßt haben.
Mit dem angefochtenen Beschluss (richtig) vom 29. April 2025 - nicht wie aus der Beschlussausfertigung vermerkt vom 6. Mai 2025 - (ON 13) versagte das Vollzugsgericht nach Durchführung einer Anhörung (ON 12) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen zum Zwei-Drittel-Stichtag in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft, jedoch in Abweichung der Äußerung des Anstaltsleiters (ON 2), aus spezialpräventiven Erwägungen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Beschlussbekanntgabe erhobene (ON 12), zu ON 14 im Zweifel rechtzeitig ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass er durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch den weiteren Vollzug der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (Jerabek/Ropper, WK 2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand bedacht zu nehmen, in wie weit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, das der Verurteilte durch die bedingte Entlassung allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Nach dem StrÄG 2008 soll die Anwendung des § 46 Abs 1 StGB nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe aus Sicht des Gesetzgebers der Regelfall sein, die vollständige Verbüßung hingegen auf (Ausnahme ) Fälle evidenten Rückfallsrisiko des Rechtsbrechers beschränkt bleiben (Jerabek/Ropper, WK 2 StGB § 46 RZ 17).
Von solch einem Ausnahmefall evidenten Rückfallsrisikos ist gegenständlich wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt jedoch auszugehen. So weist der Beschwerdeführer unter Außerachtlassung der vier nunmehr in Vollzug stehenden Freiheitsstrafen fünf, bis in das Jahr 2012 zurückreichende einschlägige Vorverurteilungen auf, wobei ihn weder die in der Vergangenheit wiederholt gewährte Unterstützung durch einen Bewährungshelfer (AZ ** des Landesgerichts St. Pölten; AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien), noch die wiederholte Erfahrung des Haftübels (AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien und ** des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien) von der erneuten, wiederholten Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten vermochte.
Da bereits mehrmals gewährter Resozialisierungschancen in Form bedingter Strafnachsichten, Anordnung von Bewährungshilfe und die wiederholte Erfahrung des Haftübels bislang nicht deliktsverhindernd war, ist das Kalkül des Erstgerichts nicht zu beanstanden. Die individualpräventiven Vorbehalte werden nämlich auch durch das Vollzugsverhalten des Strafgefangenen unterstrichen, über den im laufenden Strafvollzug bislang vier Ordnungsstrafen - darunter wegen positiver Drogentests sowohl in der Justizanstalt ** als auch in der Justizanstalt ** (vgl ON 10) - verhängt wurden.
Die erfolgreiche Absolvierung der Berufsausbildung für Metalltechniker und die äußerst zufriedenstellende Arbeitsleistung (ON 2) sind zwar positiv zu veranschlagen, mit Blick auf insgesamt vier Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz (ON 5) und der Verhängung zweier Ordnungsstrafen wegen Drogenkonsums (ON 10), erscheint im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass A* zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien bereits in den Genuss einer bedingten Strafnachsicht nach Absolvierung einer Suchtmitteltherapie gemäß § 40 Abs 1 SMG kam, eine bedingte Entlassung aktuell verfrüht, führt doch der Strafgefangene selbst aus, ungeachtet des über sechs Jahre währenden Strafvollzugs (erst) seit fast zwei Jahren „clean“ zu sein.
Da der angefochtene Beschluss der Sach und Rechtslage entspricht, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.