31Bs147/25g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache des A* wegen § 288 Abs 1, Abs 4 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. Mai 2025, GZ ** 88, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 2 StPO haftet der Antragsteller auch für die durch sein erfolgloses Begehren um Wiederaufnahme des Verfahrens verursachten Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Begründung:
Text
A* wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. März 2024, abgeändert durch Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 5. Dezember 2024 zu **, wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 22.3; ON 59).
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er am 25. Juli 2023 in ** vor der Kriminalpolizei, nämlich vor den ermittelnden Polizeibeamten der Polizeiinspektion **, als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, nämlich im Ermittlungsverfahren gegen B* durch die sinngemäße wahrheitswidrige Aussage, dass der Genannte ihm einen – zu einer Prellung führenden – Faustschlag versetzte und zu ihm sagte, dass er ihn abschlachten werde, wenn er nicht bei eingeschaltetem Mobiltelefon und laufender Videoaufnahme aussage, dass das Unternehmen des B* korrekt sei und er es war, der den Genannten bedroht habe.
Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2024 (ON 73; ergänzt ON 74) beantragte der Verurteilte die Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, dass die Zeugin C* in persönlichem und privatem Kontakt mit Herrn B* sei, wogegen sie bei Gericht angegeben hätte, dass sie Herr B* nur als Chef kenne und privat nicht. Sie hätten vor der Datenschutzbehörde sogar den gleichen Anwalt. Der ganze Akt liege schon als Beschwerde in Straßburg (Menschenrechte). In weiteren Eingaben wiederholte der Verurteilte, dass er aus seiner Sicht zu Unrecht verurteilt worden sei und legte unter anderem dazu die Gewerbeanmeldung sowie Eingaben an die MA ** und Korrespondenz mit der GKK vor.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag auf Wiederaufnahme im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass keiner der im Gesetz aufgelisteten Wiederaufnahmsgründe vorliege, da der Beschuldigte lediglich behauptete unschuldig zu sein, aber keine neuen Beweismittel oder Tatsachen vorbringe.
Auf die nunmehr neuerlich vorgelegten Urkunden betreffend die Zeugin C* habe das Oberlandesgericht in seinem Urteil bereits Bezug genommen (ON 59,10), die Beweiswürdigung der Erstrichterin vermöge diese Urkunde nicht zu erschüttern, letztlich komme dem Umstand, dass C* „am 1. Juli 2023 nicht als für die D* arbeitend gemeldet“ gewesen sei, von vornherein keine Eignung zu, unter Beweis zu stellen, dass sich die Genannte am 1. Juli 2023 nicht im Bereich des ** aufgehalten hätte.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Verurteilten (ON 91; 92), in der er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und die erstgerichtliche Beweiswürdigung kritisiert.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Der Wiederaufnahmewerber bezeichnet zwar keinen der in § 353 StPO angeführten Fälle ausdrücklich, bezieht sich inhaltlich jedoch offenbar auf § 353 Z 1 und Z 2 StPO.
Nach § 353 StPO kann der rechtskräftig Verurteilte die Wiederaufnahme des Strafverfahrens selbst nach vollzogener Strafe unter anderem dann verlangen, wenn die Verurteilung durch die Straftat einer dritten Person, wie etwa einer falschen Beweisaussage, veranlasst wurde (Z 1) oder wenn er neue Tatsachen oder Beweismittel beibringt, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet erscheinen, seine Freisprechung oder die Verurteilung wegen einer unter ein milderes Strafgesetz fallenden Handlung zu begründen (Z 2).
Nach § 353 Z 1 StPO ist erforderlich, dass die Verurteilung durch die Straftat einer dritten Person, wie etwa einer falschen Beweisaussage, veranlasst wurde. Eine Beweisaussage ist falsch, wenn der Inhalt der Aussage vom tatsächlich Wahrgenommenen abweicht ( Lewisch in Fuchs/Ratz , WK StPO § 353 Rz 19). Die bloße Behauptung eines falschen Zeugnisses genügt aber zur Wiederaufnahme nicht ( Mayerhofer/Hollaender , StPO 5 § 353 E 5). Die Wiederaufnahme gemäß Z 1 erfordert, dass der Antragsteller sowohl das Vorliegen der entsprechenden Handlung als auch deren möglichen Einfluss auf die Verurteilung aufzeigt.
Tatsachen im Sinne von § 353 Z 2 StPO bezeichnen strafbarkeitsrelevante reale Umstände. Keine Tatsachen hingegen sind Wertungen, Spekulationen oder Erwägungen zur Beweiswürdigung des Richters ( Lewisch in Fuchs/Ratz , WK StPO § 353 Rz 34 und 39).
Die Prüfung der Eignung zur Erschütterung der Beweisgrundlagen nimmt die Rechtsprechung im Sinne der Relevanzprüfung von Beweisanträgen in der Hauptverhandlung vor. Einem Wiederaufnahmeantrag ist dann stattzugeben, wenn es sich nicht ausschließen lässt, dass man auf Grundlage der neu beigebrachten Tatsachen/Beweise zu einer anderen Beurteilung der Beweisfrage gelangt ( Lewisch aaO § 353 Rz 62). Allerdings nimmt die Rechtsprechung für sich ein gewisses Mindestmaß an Beweiswürdigung in Anspruch, das es den Wiederaufnahmegerichten erlaubt, sehr wohl eine Wertung vorzunehmen, denn sonst müsste bei jeder Beibringung von neuen Tatsachen oder Beweismitteln, welche die, wenn auch noch so entfernte, Möglichkeit in sich schließen, dass ihre Berücksichtigung im Fall der Wiederaufnahme zu einem anderen als dem bisherigen Ergebnis führen könnte, dem Wiederaufnahmeantrag stattgegeben werden ( Lewisch aaO § 353 Rz 67). Aus der Weiterleitung von Nachrichten durch C* an das Tatopfer (ihren Vorgesetzten) ist ebensowenig wie aus der vorgelegten Korrespondenz mit der GKK (zur fehlenden sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung der Genannten und eines weiteren Zeugen), der Finanzpolizei und der österreichischen Datenschutzbehörde auf eine falsche Beweisaussage zu schließen und mangelt es dem Beweismittel-Vorbringen insgesamt an der Eignung, einen Freispruch zu begründen.
Die überdies beantragten Beweiserhebungen („von Finanzpolizei Aussage von Geschäftsführer von Firma D*, was C* betrifft. Um zu Beweisen, dass sie nicht gearbeitet hat“ – ON 91,2) sind nicht Gegenstand dieses Wiederaufnahmeverfahrens. Denn das Thema eines solchen Verfahrens wird durch den Antrag des Wiederaufnahmswerbers determiniert, weshalb etwa auch eine amtswegige Wiederaufnahme im Gesetz nicht vorgesehen ist (siehe § 354 StPO). Nur die vom Antragsteller im Antrag beigebrachten neuen Tatsachen oder Beweismittel sind Gegenstand der Entscheidungskompetenz des über die Wiederaufnahme entscheidenden Gerichtes.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.