JudikaturOLG Wien

32Bs64/25h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 2, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 2 erster und zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 26. November 2024, GZ **-53.3, sowie deren Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO nach der am 2.6.2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Seidl, im Beisein der Richterinnen Mag. Wolfrum, LL.M. und Mag. Marchart als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Dr. Lechner, des Angeklagten A* sowie seiner Verteidigerin Dr. Karma Hohl durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Zusatzfreiheitsstrafe auf 18 Monate erhöht.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

II. den

Beschluss

gefasst:

Aus Anlass der Abänderung der über A* verhängten Freiheitsstrafe werden die gemäß § 494a StPO gefassten Beschlüsse aufgehoben und wie folgt entschieden:

Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO werden die A*

- mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 9. Februar 2023, AZ **, gewährte bedingte Strafnachsicht sowie

- mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. Februar 2023, AZ **, gewährte bedingte Entlassung widerrufen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Beschwerde auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (I.) sowie des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 2, 130 Abs 1 erster und Abs 2 erster und zweiter Fall StGB (II.) schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 10. Juli 2024, AZ ** (rechtskräftig seit 16. Juli 2024), und Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 130 Abs 2 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

Gemäß § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB wurde ein Betrag von 19.000 Euro für verfallen erklärt.

Weiters widerrief das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die A* mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 21. Februar 2023 zu AZ ** gewährte bedingte Entlassung. Hingegen sah es gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der ihm mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 9. Februar 2023, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsicht ab.

Demnach hat der Angeklagte in **

I. fremde Sachen beschädigt, und zwar

1. im Zeitraum zwischen 16. Mai 2024 und 21. Mai 2024 durch Durchtrennung einer Stromleitung mit einem Werkzeug, wodurch die Stromleitung wertmindernd beschädigt wurde;

2. am 30. Mai 2024 durch Aufbrechen eines Stromkastens und Durchtrennen eines Starkstromkabels mit einer Blechschere, wodurch der Stromkasten und das Stromkabel wertmindernd beschädigt wurden;

II. fremde bewegliche Sachen in einem jeweils 5.000 Euro übersteigenden Wert gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 StGB) mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannten weggenommen, und zwar

1. im Zeitraum zwischen 16. Mai 2024 und 21. Mai 2024 der B* AG, indem er, nachdem er die Stromzufuhr zum Lagerplatz durch die unter I. 1. angeführte Tathandlung unterbrochen hatte, einen den Lagerplatz einfriedenden Maschendrahtzaun mit einer Höhe von rund 120 cm überkletterte, somit durch Einsteigen in einen Lagerplatz, und zumindest 1.800 Kilogramm Altkupfer mit einem Wert von zumindest 7.200 Euro wegnahm, sowie zwei Gebäudecontainer und einen Güterwaggon unter Zuhilfenahme je eines Werkzeugs aufbrach, somit durch Einbrechen in Gebäude und ein Transportmittel, daraus jedoch nichts wegnahm;

2. am 30. Mai 2024 der B* AG, indem er, nachdem er die Stromzufuhr zum Gelände durch die unter I. 2. angeführte Tathandlung unterbrochen hatte, somit unter Einsatz eines Mittels, das eine wiederkehrende Begehung solcher Diebstähle nahelegt, indem er die Scheiben der Eingangstüren eines Bürocontainers sowie eines Bürowaggons unter Zuhilfenahme eines Werkzeugs einschlug, somit durch Einbruch in ein Gebäude und ein Transportmittel, daraus einen Akku-Bohr-Schrauber ** im Wert von zumindest 600 Euro, einen Akku-Bohrhammer ** im Wert von zumindest 600 Euro, einen Industriestaubsauger im Wert von zumindest 600 Euro sowie Kupferkabeln und weitere Materialien im Wert von zumindest 3.000 Euro an sich nahm und im Bürowaggon eine Handkasse mittels eines in einer Box getrennt verwahrt gewesenen und eigenmächtig an sich genommenen Schlüssels aufsperrte, somit durch Öffnen eines Behältnisses mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel, und aus dieser 7.000 Euro Bargeld an sich nahm.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht unter Berücksichtigung des Bedachtnahmeurteils die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die mehrfache Deliktsqualifikation, die Mehrzahl an Diebstahls- und Sachbeschädigungsfakten und die Tatbegehung während des laufenden Strafverfahrens zu AZ ** des Landesgerichts Klagenfurt als erschwerend, als mildernd hingegen das teilweise reumütige Geständnis und den Umstand, dass die Tathandlungen teilweise im Versuchsstadium verblieben sind.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 1.34) Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Strafe, die zu ON 58 zur Ausführung gelangte. Gegen den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht richtet sich deren Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

Das von der Staatsanwaltschaft als erschwerend reklamierte mehrfache Übersteigen der Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 5 StGB ist zwar nicht als besonderer Erschwerungsgrund, jedoch im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB aggravierend zu berücksichtigen (vgl RIS-Justiz RS0091126; Riffel in WK 2 StGB § 32 Rz 77). Gleiches gilt für die Tatbegehung während offener Probezeiten (RIS-Justiz RS0090597).

Weiters fällt – wie von der Staatsanwaltschaft moniert - auch erschwerend ins Gewicht, dass die vom Erstgericht ohnedies als erschwerend gewertete Tatbegehung während des laufenden Strafverfahrens zu AZ ** des Landesgerichts Klagenfurt durch sehr knapp nach der erstinstanzlichen Verurteilung am 23. April 2024 und der am 2. Mai 2024 gegen gelindere Mittel stattgefundenen Entlassung aus der Untersuchungshaft (vgl ON 36 f in diesem Verfahren) gesetzte Tatangriffe zwischen 21. und 30. Mai 2024 erfolgte.

Darüberhinaus war nicht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei, sondern mit drei Vergehen als erschwerend zu werten, weil die zusammenhängenden Urteile selbstständig bleiben (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 31 Rz 14).

Dass der Angeklagte bereits mehrfach einschlägig vorbestraft ist, hat das Erstgericht ohnedies berücksichtigt.

Bei objektiver Abwägung der solcherart zum Nachteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungslage erweist sich - ausgehend von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe - die vom Erstgericht verhängte Unrechtsfolge selbst mit Blick auf die zu Recht erfolgte Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 10. Juli 2024, AZ **, als zu niedrig bemessen, zumal der Angeklagte neben der in Österreich erfolgten einschlägigen Vorverurteilung durch das Landesgericht Klagenfurt vom 9. Februar 2023, AZ **, in Serbien bereits weitere zahlreiche bis ins Jahr 2005 zurückreichende einschlägige Vorverurteilungen aufweist (vgl vom Oberlandesgericht Wien im Rechtshilfeweg beigeschaffter Auszug aus dem serbischen Strafregister vom 25. März 2025), was von einem verfestigten Manko in Ansehung der Achtung von fremdem Eigentum zeugt.

Da es sich bei Beschlüssen gemäß § 494a StPO um bedingte Beschlüsse handelt, deren rechtlicher Bestand von der Rechtskraft des Urteils abhängig ist, das den Anlass für die Beschlussfassung bildet, bedingt jede Abänderung oder Aufhebung des Strafausspruchs der Anlassverurteilung durch das Rechtsmittelgericht - unabhängig davon, ob auch sie angefochten wurden - deren Aufhebung (RIS-Justiz RS0101886, RS0100194; 12 Os 85/19w; Jerabek/Ropper , aaO § 498 Rz 8). Demgemäß war neuerlich originär über den allfälligen Widerruf der dem Angeklagten gewährten bedingten Strafnachsicht sowie der gewährten bedingten Entlassung zu entscheiden.

Fallkonkret war der Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt am 9. Februar 2023, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsicht und auch der mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt am 21. Februar 2023, AZ **, gewährten bedingten Entlassung geboten, um ein künftiges Wohlverhalten einigermaßen wirksam sicherzustellen, weil der Angeklagte die ihm bislang in Österreich und Serbien gebotenen zahlreichen Resozialisierungschancen gerade nicht für ein normangepasstes Leben zu nützen verstand, sondern trotz offener Probezeiten und bereits mehrfachem Verspüren des Haftübels nunmehr wiederum in mehreren Tatangriffen einschlägig delinquierte.

Mit ihrer Beschwerde war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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