32Bs84/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht vom 11. Februar 2025, GZ **-11, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .
B e g r ü n d u n g:
Text
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht eine (am 3. Dezember 2024 eingelangte) Beschwerde des A* (ON 1) gegen die Mitteilung des Leiters des forensisch-therapeutischen Zentrums (FTZ) B* vom 19. November 2024, ** (ON 5 S 19ff), wonach aufgrund der Eingabe des Beschwerdeführers vom 7. Oktober 2024 (ON 5 S 15ff) keine aufsichtsbehördlichen Maßnahmen angezeigt sind, als unzulässig zurück.
Begründend führte das Erstgericht aus, dass Aufsichtsbeschwerden gemäß § 122 StVG nicht mit Bescheid erledigt zu werden brauchen, sodass Beschwerden gegen die Ablehnung einer aufsichtsbehördlichen Verfügung ohne Rücksicht auf die Form der Erledigung zurückzuweisen seien. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richte sich gegen die Mitteilung des Leiters des FTZ B* vom 19. November 2024, dem Beschwerdeführer verkündet am 27. November 2024, dass sich dieser zu einer begehrten aufsichtsbehördlichen Verfügung nicht veranlasst finde, sodass mit deren Zurückweisung vorzugehen gewesen sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* vom 3. März 2025 (ON 13), in der dieser neuerlich ausführt, dass das Gericht nach geltender Rechtslage den Willen des Beschwerdeführers zu erforschen habe und klar sei, dass er seine subjektiv-öffentlichen Rechte gewahrt sehen wolle. Er werde von Frau C* behandelt, dass dies schon das Rechtsgut der Menschenunwürdigkeit erreiche, wie sie ihn und seine Anliegen behandle, sei an Zynismus nicht mehr zu überbieten. Der Anstaltsleiter habe nicht versucht, den Grund der Beschwerde zu erheben, was der Lebensrealität folgend auch nicht anders zu erwarten sei. Zumindest das Gericht wäre aber zwingend zur Willenserforschung aufgerufen gewesen. Er habe die Beschwerde nicht aus Spaß verfasst, sondern weil Frau C* ihn menschenunwürdig und abwertend behandle wie einen Untermenschen. Damit werde sogar der Straftatbestand der menschenunwürdigen Behandlung erfüllt. Das Gericht wäre sogar amtswegig dazu angehalten diesen Umstand als Mobbing zu titulieren und demgemäß auch strafrechtlich zu ahnden.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.
Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
Gemäß § 16 Abs 3 StVG entscheidet das Vollzugsgericht über Beschwerden (1.) gegen eine Entscheidung oder Anordnung des Anstaltsleiters, (2.) wegen Verletzung eines subjektiven Rechts durch ein Verhalten des Anstaltsleiters und (3.) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter.
Über Beschwerden gegen das Verhalten von Strafvollzugsbediensteten oder deren Anordnungen hat gemäß § 121 Abs 1 StVG hingegen der Anstaltsleiter zu entscheiden. Eine direkte Anrufung des Vollzugsgerichts in dieser Angelegenheit ist nicht zulässig ( Pieber in WK 2 StVG § 121 Rz 1; OLG Wien * ua). Erst ein allfälliges Beschwerdeerkenntnis des Anstaltsleiters über eine Administrativbeschwerde des Strafgefangenen ermöglicht einen Rechtszug zum Vollzugsgericht.
Demgegenüber erfordern Aufsichtsbeschwerden gemäß § 122 StVG keine Erledigung mit Bescheid, vielmehr fehlt einer Mitteilung der Behörde, dass sie sich zu einer begehrten aufsichtsbehördlichen Verfügung nicht veranlasst gefunden habe, jeder rechtsgestaltende oder feststellende Inhalt. Da unter dieser Voraussetzung selbst die Wahl der äußeren Form eines Bescheides nicht zu einer Verletzung subjektiver Rechte führen würde, sind Beschwerden gegen die Ablehnung einer aufsichtsbehördlichen Verfügung ohne Rücksicht auf die Form der Erledigung zurückzuweisen ( Drexler/Weger , StVG 5 § 122 Rz 4).
In Fällen, in denen fraglich ist, welchen Rechtsbehelfes sich der Strafgefangene bedient, ist für die Qualifizierung eines Anbringens als Administrativbeschwerde oder als Aufsichtsbeschwerde deren Inhalt entscheidend. Dabei handelt es sich um eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Es kommt darauf an, ob der Beschwerdeführer erkennbar darauf abzielt, dass eine jeweils bereits individuell eingetretene Rechtsverletzung bescheidmäßig festgestellt wird, oder ob er damit die Einleitung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen durch die übergeordnete Behörde anstrebt, um etwa künftige allgemeine Missstände abzustellen oder generelle Anordnungen für den Strafvollzug zu bekämpfen. Es kommt nicht darauf an, ob die Behauptung der Verletzung subjektiver Rechte letztlich zu Recht besteht oder nicht. Eine Beschwerde darf aber auch nicht schon allein deshalb, weil das damit verfolgte Anliegen auch subjektiv-öffentliche Rechte der Strafgefangenen betreffen könnte, als Administrativbeschwerde verstanden werden. Wird nur ganz allgemein beantragt, (vermeintlichen) Missständen ein Ende zu bereiten und keine bestimmte Betroffenheit des Strafgefangenen in seinen konkreten Rechten iSd § 120 Abs 1 geltend gemacht, handelt es sich um eine Aufsichtsbeschwerde iSd § 122 ( Drexler/Weger, StVG 5 § 120 Rz 7f mwN).
Im Gegensatz zu fristgebundenen, nämlich spätestens am 14. Tag nach Verkündung bzw Zustellung der Entscheidung oder Bekanntwerden des Beschwerdegrundes (§ 120 Abs 2) zu erhebenden, Administrativbeschwerden nach § 120 können Aufsichtsbeschwerden nach § 122 jederzeit erhoben werden ( Drexler/Weger, StVG 5 § 120 Rz 15/1)
Fallkonkret brachte A* in seiner Beschwerde vom 7. Oktober 2024 (ON 5 S 15ff) zusammengefasst vor, dass es im Zusammenhang mit einer durchgeführten Reparatur seines Laptops Anfang Mai 2024 zu Problemen gekommen sei, weil bei Retournierung eine Schraube sowie zwei Kabel gefehlt hätten, wobei (Anm: die stellvertretende Leitbedienerin) Insp. C* sich trotz Zusage nicht darum gekümmert habe. Nach etwa einem Monat habe er sich an den Justizwachebaemten Herrn D* gewandt, der nichts davon gewusst habe. Die fehlende Schraube sei erst nach Monaten gekommen und seine Kabel habe er bis heute nicht. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass Frau C* ihre Position schamlos ausnutze und jeden für dumm verkaufe. Ihre abwertende, diskriminierende und menschenverachtende Art gegenüber Insassen sei nicht zu tolerieren. Sie nehme vielen die Freude am Laptop. Auch ändere sie willkürlich ohne Aushang und ohne Bescheid zu geben die Regeln. Sie sei seiner Meinung nach für ihre Position nicht geeignet und verbreite negative Stimmung.
Soweit sich der Beschwerdeführer damit auf konkrete Vorkommnisse im Zusammenhang mit seinem Laptop bezieht, welche sich im Mai 2024 ereignet haben sollen, kann dahin gestellt bleiben, ob damit die konkrete Verletzung in einem subjektiv-öffentlichen Recht geltend gemacht werden soll, zumal diese Vorkommnisse schon im Hinblick darauf, dass sie dem Beschwerdeführer - seinen eigenen Ausführungen folgend - bereits seit Mai 2024 bekannt waren, sohin die 14-tägige Frist zur Erhebung einer Administrativbeschwerde zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 7. Oktober 2024 jedenfalls bereits verstrichen war, nur noch einer Relevierung im Rahmen einer (nicht fristgebundenen) Aufsichtsbeschwerde zugänglich sind.
Mit seinen übrigen Ausführungen – sowohl in der verfahrenseinleitenden Beschwerde vom 7. Oktober 2024 (ON 5 S 15ff), als auch in der (undatierten am 3. Dezember eingelangten) an das Vollzugsgericht gerichteten Beschwerde (ON 1) und der Stellungnahme vom 16. Dezember 2024 (ON 7) macht der Beschwerdeführer keine bereits eingetretene Verletzung eines ihm zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechts (im Sinne des StVG) geltend, sondern kritisiert vielmehr ganz allgemein und ohne Bezugnahme auf konkrete ihn betreffende Vorfälle das Verhalten der Justizwachebeamtin Insp. C* und deren seines Erachtens nach fehlende Eignung für ihre Position.
Solcherart wurde sein Anbringen vom Anstaltsleiter inhaltlich zu Recht als (bloße) Aufsichtsbeschwerde qualifiziert (vgl Drexler/Weger , StVG 5 § 120 Rz 7).
Die gegen die - als aufsichtsbehördliche Erledigung anzusehende - Mitteilung des Leiters des FTZ B* vom 19. November 2024 (ON 15 S 19ff) gerichtete Beschwerde des A* (ON 1) wurde vom Landesgericht Linz als Vollzugsgericht daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Da der angefochtene Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.