32Bs77/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht vom 11. Februar 2025, GZ *-13, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Landesgericht Linz als Vollzugsgericht eine Beschwerde des A* vom 14. November 2024 (ON 1), in der dieser – soweit für dieses Verfahren relevant – die Verweigerung von Schreibhilfe gemäß § 89 Abs 3 StVG monierte, nicht Folge.
Begründend führte das Erstgericht – soweit relevant - wortwörtlich aus wie folgt:
Im FTZ ** werden die Insassen, und somit auch der Beschwerdeführer, wenn sie Probleme haben, schriftliche Ansuchen zu formulieren, von den Abteilungsbeamten und den Betreuungsdiensten unterstützt. Davon abgesehen, besteht für alle Insassen, somit auch für den Beschwerdeführer, die Möglichkeit, Anliegen mündlich während des regelmäßig stattfindenden Rapports vorzubringen. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im FTZ ** die Leistung von Schreibhilfe durch einen Strafvollzugsbediensteten verwehrt worden wäre oder wird.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die in Klammern angeführten unbedenklichen Beweismittel. Was die vom Beschwerdeführer behauptete Verweigerung der Leistung von Schreibhilfe durch einen Strafvollzugsbediensteten betrifft, konnte nur eine Negativfeststellung getroffen werden. Denn zum einen führte der Anstaltsleiter in seiner Stellungnahme glaubhaft und im Einklang mit der gerichtlichen Erfahrung aus, dass sämtliche Insassen des FTZ **, sohin auch der Beschwerdeführer, von den Abteilungsbeamten und den Betreuungsdiensten unterstützt werden, wenn sie beim Formulieren von Ansuchen, demnach also beim Verfassen schriftlicher Eingaben, Probleme haben. Zum anderen fällt auf, dass der Beschwerdeführer selbst gar nicht konkret behauptete, etwa im Rahmen des Rapports oder direkt Abteilungsbeamte oder Angehörige der Betreuungsdienste zu einem bestimmten Zeitpunkt und Zweck vergeblich um Schreibhilfe ersucht zu haben bzw dass er keine konkrete Situation schilderte, in der ihm die Leistung von Schreibhilfe verwehrt worden wäre. Dementsprechend konnte auch bei Durchsicht des gesamten Handakts des Beschwerdeführers kein StVG-Form Nr.11-Ansuchen gefunden werden, in dem dieser um Schreibhilfe ersucht hätte (Bericht des FTZ ** vom 10.02.2025 zu *). Insgesamt ergibt sich daher der Eindruck, dass die unsubstantiierte Behauptung des Beschwerdeführers nur vorgeschoben ist, um das offensichtlich vom Beschwerdeführer gewünschte Verfassen von Eingaben durch einen Mitinsassen für ihn zu rechtfertigen.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:
Gemäß § 89 Abs 3 StVG ist Strafgefangenen, die nicht lesen und schreiben können, durch einen Strafvollzugsbediensteten Hilfe zu leisten. § 89 ist auf alle Insassen der Justizanstalten bzw forensisch-therapeutischen Zentren anzuwenden, demnach auch auf gemäß § 21 Abs 2 StGB Untergebrachte. Abs 3 begründet ein subjektiv-öffentliches Recht und ist auch auf Fälle anzuwenden, in denen die Verwendung einer Fremdsprache nicht zulässig und der Strafgefangene der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist ( Drexler/Weger , StVG 5 § 89 Rz 1). Da eine Verletzung des subjektiv-öffentlichen Rechts des Beschwerdeführers auf Schreibhilfe vorliegend jedoch nicht erweislich ist, war der Beschwerde keine Folge zu geben.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (ON 15 S 3ff), in der dieser zunächst – wie bereits in seiner verfahrenseinleitenden Beschwerde (ON 1) sowie in seinen weiteren Stellungnahmen (ON 7 und 9) - darauf verweist, dass ihm Schreibhilfe durch einen Mitgefangenen geleistet worden sei. Die Angaben des Gerichtes und des Anstaltsleiters würden völlig an der Lebensrealität vorbei gehen, denn würden die Abteilungsbeamten über ausreichend Zeit und Muße verfügen, die Eingaben zu verfassen, so wären 90 % der Eingaben nicht nötig, da die Probleme der Beschwerde gar nicht auftreten würden. Gleichzeitig zeige der Anstaltsleiter selbst in seinen Eingaben, warum er nur mündliche Angaben haben wolle, denn die könne er abstreiten so wie hier, wenn er sage, es würde keine Ansuchen nach § 119 StVG in mündlicher Form bei ihm vorliegen, dies sei klar, denn wo nichts Schriftliches existiere, könne auch nichts gefunden werden, und sohin glaube das Gericht nur den komischen Aussagen des Anstaltsleiters. Somit sei offenkundig bewiesen, warum der Anstaltsleiter keinen Raport abhalte und die von ihm vorgeschobene Mag. B* ihm erzähle, was sie wolle, ohne dass der Anstaltsleiter die in schriftlicher Form notwendigen Unterlagen jemals ausfertigen lasse. Genauso sei die Behauptung, die Betreuungsdienste würden Schreibhilfe leisten, hirnrissig, denn diese seien nur auf schriftliche Ansuchen erreichbar und würden erst Wochen oder gar erst Monate später erscheinen, wenn alle Fristen bereits abgelaufen seien und die Schreibhilfe sinnlos sei. Daher würden alle Schriftsätze beginnend mit ON 1 und hier speziell der Beschluss des LG Linz zum integralen Beweismittel in allen Verfahren und Verfahrensschritten erhoben. Dies mache es notwendig, der Beschwerde stattzugeben und klare Regeln anzuordnen, wie der Rapport und wie die Mitteilungen des Anstaltsleiters beschaffen zu sein hätten, um seine subjektiv-öffentlichen Rechte wiederherzustellen und die Schreibhilfe nicht mehr in Anspruch nehmen zu müssen, sondern diese Leistung von Betreuungsdiensten zu erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen iSd Gesetzes geübt hat. Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
Wie vom Vollzugsgericht ins Treffen geführt, normiert § 89 Abs 3 StVG, dass Strafgefangenen ebenso wie in einem FTZ Untergebrachten, die nicht lesen und schreiben können, von einem Strafvollzugsbediensteten Schreibhilfe zu leisten ist. § 89 Abs 3 begründet ein subjektiv-öffentliches Recht und ist auch auf Fälle anzuwenden, in denen die Verwendung einer Fremdsprache nicht zulässig und der Strafgefangene der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist ( Drexler/Weger, StVG 5 § 89 Rz 1).
Mit seinen in der nunmehrigen Beschwerde ebenso wie in sämtlichen bisherigen Eingaben lediglich pauschal gehaltenen Behauptungen, wonach keine Schreibhilfe gewährt werde sowie zur seiner Ansicht nach (zusammengefasst) fehlenden Vertrauenswürdigkeit des Anstaltsleiters vermag der Beschwerdeführer die schlüssigen Annahmen des Erstgerichts, das ausgehend von den nachvollziehbaren Stellungnahmen des Leiters des FTZ **, wonach zum einen Schreibhilfe bei Bedarf grundsätzlich von den Abteilungsbeamten und den Betreuungsdiensten geleistet werde und im Übrigen Anliegen mündlich vorgebracht werden könnten (ON 6 S 3), und zum anderen nach Durchsicht des Handaktes des Insassen im FTZ ** ein StVG-Form Nr. 11 Ansuchen um Schreibhilfe des A* nicht aktenkundig sei (ON 12 S 1), sowie auch nach eingehender Auseinandersetzung mit den Eingaben des Beschwerdeführers selbst, der – wie vom Erstgericht aktenkonform erwogen – keine einzige Situation schildert, in welcher ihm trotz eines entsprechenden mündlichen oder schriftlichen Ersuchens die Leistung von Schreibhilfe verwehrt worden wäre, schloss, dass eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Gewährung von Schreibhilfe nicht erweislich sei, nicht in Frage zu stellen.
Da der Entscheidung auch sonst keine offenkundige, von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeit anhaftet (vgl Pieber in WK² StVG § 121b Rz 4), war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.