JudikaturOLG Wien

32Bs65/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Marchart und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht vom 11. Februar 2025, GZ **-8, nach § 121b Abs 2 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Landesgericht Linz als Vollzugsgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Mit dem bekämpften Beschluss gab das Landesgericht Linz als Vollzugsgericht einer Beschwerde des A* vom 26. November 2024 (ON 1.1 S 9ff) gegen den Bescheid des Leiters der Justizanstalt B* vom 21. November 2024 (ON 1.1 S 79ff) nicht Folge.

Begründend hielt das Vollzugsgericht – soweit relevant - wortwörtlich fest:

A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt C* einen aus der Verurteilung des Landesgerichtes Feldkirch zu ** (in Verbindung mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck zu **) wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach den §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Jahren sowie dem aufgrund des mit diesem Urteil ausgesprochenen Widerrufs der bedingten Entlassung zu ** LG Steyr zu vollziehenden Strafrest von 10 Monaten und der Verurteilung des Landesgerichtes St. Pölten vom 24.05.2024 zu D*, rechtskräftig seit 17.09.2024, wegen der Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten gebildeten Strafblock. Dem Schuldspruch des erstgenannten Urteils wegen schwerer Erpressung liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer (damals noch als E* F*) in ** im Zeitraum vom 12.04.2018 bis zum 04.05.2018 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, den G* F* durch gefährliche Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und der gesellschaftlichen Stellung, zu einer Handlung, nämlich der Übergabe von EUR 65.000,00 zu nötigen versuchte, indem er ihm mehrere Schreiben mit dem sinngemäßen Inhalt übermittelte, wenn er ihm nicht EUR 65.000,00 übergebe, werde er gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch Anzeige wegen schweren Betrugs, Abgabenhinterziehung, illegaler Prostitution, Menschenhandel und Drogenhandel erstatten, da er unter anderem seine Ex-Frau bei der Scheidung um mehr als EUR 300.000,00 betrogen und als Unternehmer über einen Zeitraum von 30 Jahren Steuern hinterzogen habe, und dass mit dem gegen ihn dadurch eingeleiteten Strafverfahren hohe Kosten verbunden seien, er zu hohen Schadenersatzzahlungen, Geldstrafen und mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werde, seine sämtlichen Vermögenswerte exekutiert und das Haus versteigert würden, wodurch er mit seiner jetzigen Familie mittellos auf der Straße sitzen und beim Gericht und beim Finanzamt einen so hohen Schuldenberg haben werde, dass er bis an sein Lebensende auf das Existenzminimum gepfändet werde, dass es ihn sohin schlussendlich gesellschaftlich und wirtschaftlich ruinieren werde.

Nach dem Inhalt des zuletzt ergangenen Schuldspruchs wegen der Verbrechen der Verleumdung (D* LG St. Pölten) hat A* in ** nachgenannte Personen dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigt, obwohl er wusste, dass die Verdächtigung falsch ist, nämlich nachgenannte Justizwachbeamte der Justizanstalt H* jeweils des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1; 313 StGB sowie des Quälen oder Vernachlässigen eines Gefangenen nach § 312 Abs 1 StGB, sohin eines mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung und zwar

A. am 6. Oktober 2022 I* und J*, indem er in Schreiben anführte, diese hätten ihn am 6. Oktober 2022 massiv misshandelt und gequält, indem sie grundlos, sinnlos und brutal und „wie von Sinnen“ auf ihn eingeschlagen, sowie ihm die Arme verdreht hätten um ihm größtmögliche Schmerzen zuzufügen,

B. am 7. Oktober 2022 I*, J* und K*, indem er in Schreiben anführte, diese hätten ihn am 7. Oktober 2022 massiv misshandelt und gequält, indem sie grundlos und sinnlos exzessive Gewalt angewendet, ihm auf „brutalste“ Weise die Arme auseinander gerissen und ihm Arme, Hände und Finger verdreht und verboten hätten, um ihm größtmögliche Schmerzen und Qualen zuzufügen, sowie auf seine Arme und Beine gestiegen zu sein, nachdem er auf dem Boden lag, wobei ein Justizwachebeamter ihm in den Rücken trat,

C. am 8. und 9. Oktober 2022 L*, M*, N* und O*, indem er in Schreiben anführte, diese hätten ihn am 8. Oktober 2022 attackiert, misshandelt und gequält, unnötig seine Arme gezerrt und gequetscht, ihn mehrfach in den Rücken geboxt und gezwickt und seinen Nacken verdreht und ihn gezwickt, dies ausschließlich um ihm Schmerzen und Qualen zuzufügen,

E. am 10. und 11. Oktober 2022 K*, N*, P* und Q*, indem er in Schreiben anführte, diese hätten in am 10. Oktober 2022 attackiert, massiv misshandelt und gequält, seine Arme auseinandergerissen und verdreht um ihm größtmöglichen Schmerz zuzufügen, ihn gewürgt, gegen die Wand gedrückt und versucht seinen Kopf gegen die Wand zu „knallen“ und zu „rammen“ und ihn letztlich in seinen Haftraum „geschmissen“.

Im Rahmen der Beweiswürdigung beurteilte das Gericht die Ausführungen des Angeklagten zu den von ihm (fälschlich) behaupteten Misshandlungen durch Justizwachebeamte der Justizanstalt H* als unglaubwürdig und überschießend provozierend. Bemerkenswert erschien, dass A* bei seiner Einvernahme in der Hauptverhandlung selbst angab, er habe sich die Freiheit genommen, das Verhalten (der Justizwachebeamten), das er moniere, zu „interpretieren“. Diese mehrfach von ihm erwähnte „Interpretation“ des Sachverhalts (nämlich des Geschehensablaufs bei der mehrfachen zwangsweisen Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Haftraum bei Belagsverweigerungen), in Zusammenschau mit den gegenteiligen Zeugenaussagen, ließ nach Ansicht des Gerichts nur den Schluss zu, dass es sich bei dieser „Interpretation“ um ein Verdrehen des Sachverhalts seitens A* handelte, das eine gewisse Dynamik bei ihm entwickelte (Urteil vom 24.05.2024 zu ** LG St. Pölten).

Die Hälfte des nun vollzugsgegenständlichen Haftblocks war am 02.06.2023 vollzogen, zwei Drittel waren am 01.06.2024 verbüßt. Das errechnete Strafende fällt auf den 02.06.2026. Der Beschwerdeführer wurde ab Ende Mai 2024 zunächst als „Passant“ und wenig später aufgrund einer Vollzugsortsänderung regulär zum weiteren Vollzug der Freiheitsstrafen bis zum 11.09.2024 in der Justizanstalt B* angehalten (IVV-Auszug ON 2).

Von 03.06.2024 bis 11.09.2024 war A* im Haftraum ** der Abteilung ** untergebracht. Dort stand ihm kein Kühlschrank zur Kühlung von Lebensmitteln zur Verfügung (unstrittig).

Im Zeitraum von 28.08.2024 bis 10.09.2024 wurde das Abendessen in der Justizanstalt B* frühestens ab 16:30 Uhr ausgegeben. Dabei handelte es sich um folgende Gerichte/Lebensmittel:

28.08.2024: Topfenstrudel mit Blätterteig, Puddingbecher

29.08.2024: Topfenaufstrich mit Knoblauch

30.08.2024: Wiener oder Putenextrawurst oder Käse, Essiggurke, Krapfen

31.08.2024: Kümmelbraten kalt oder Geflügel kalt oder Camembert, Gemüse/Rohkost

01.09.2024: Eiaufstrich, Gemüse/Rohkost

02.09.2024: Essigwurst (Knacker) oder Gemüse-Käse-Salat

03.09.2024: Milchgrieß, Kompott mit Obst

04.09.2024: Apfelstrudel mit Blätterteig, Vanillesauce

05.09.2024: Linsensalat oder Schmelzkäse, Vollkorngebäck

06.09.2024: Krakauer oder Putenschinken oder Käse, Butter, Gemüse/Rohkost

07.09.2024: Topfenaufstrich mit Paprika, Essiggurke

08.09.2024: Streichwurst oder Schmelzkäse, Essiggurke

09.09.2024: Schmelzkäse, Gemüse/Rohkost

10.09.2024: Extrawurst oder Tomaten-Basilikum-Aufstrich, Essiggurke

(Speisepläne der JA B* 2024, AS 19 bis 50 in ON 1.1).

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich im Wesentlichen auf die in Klammern angeführten unbedenklichen Beweismittel sowie, was die Feststellung zum frühesten Zeitpunkt der Abendessensausgabe im vom Beschwerdeführer monierten Zeitraum von 28.08.2024 bis 10.09.2024 betrifft, auf folgende

Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer behauptete in seiner an den Anstaltsleiter gerichteten Beschwerde über das Verhalten von Strafvollzugsbediensteten vom 11.09.2024 (AS 3 bis 6 in ON 1.1), das Abendessen sei in der Justizanstalt B* viel zu früh ausgegeben worden, und legte dazu eine offenkundig von ihm selbst verfasste „Auflistung, zu welcher Uhrzeit das Abendessen in der JA B* vom 01. August 2024 bis 10. September 2024 ausgegeben wurde.“ vor. Daraus ergibt sich für den Zeitraum von 28.08.2024 bis 10.09.2024 der späteste Zeitpunkt der Abendessensausgabe mit 16:40 Uhr (am 28.08.2024), der früheste mit 15:30 Uhr (am 29.08.2024), an den übrigen Tagen liegen die Zeiten zwischen 15:50 Uhr und 16:30

Uhr (AS 7 in ON 1.1). Durchaus nachvollziehbar legte demgegenüber der Anstaltsleiter dar, dass zwar seitens der Justizanstalt B* die genauen Zeitpunkte der Abendessensausgabe an den in Rede stehenden Tagen nicht mehr eruiert werden können, dass aber generell davon auszugehen sei, dass das Abendessen entsprechend der Dienstverfügung 20/2022 (Abendessensausgabe täglich im Zeitraum von 16:30 Uhr bis 18:00 Uhr) ausgegeben werde. Dass mit der Ausgabe des Abendessens frühestens ab 16:30 Uhr begonnen werde, werde auch durch den Umstand untermauert, dass von Montag bis Mittwoch für die beschäftigten Insassen eine Freizeitgestaltung samt anschließender Duschgelegenheit angeboten und das Abendessen erst danach, nach Einschluss, ausgegeben werde (AS 2 in ON 1.1). Gegenteilige, die Behauptungen des Beschwerdeführers stützende Beweisergebnisse liegen nicht vor. Dabei ist anzumerken, dass von Insassen der Justizanstalt B* weder aktuell noch (soweit bekannt) zurückliegend Beschwerden betreffend die Zeiten der Essensausgabe an das Vollzugsgericht herangetragen wurden. Davon wäre aber nach der gerichtlichen Erfahrung, wenn in der Justizanstalt B* hinsichtlich der Ausgabe des Abendessens - wie der Beschwerdeführer Glauben machen will – tatsächlich von den für die Einnahme allgemein üblichen Tageszeiten geradezu gewohnheitsmäßig signifikant abgewichen würde – jedenfalls auszugehen. Nicht unberücksichtigt darf zudem auch die bereits gerichtsbekannte und insbesondere auch durch die letzte Verurteilung dokumentierte Tendenz des Beschwerdeführers zur Übertreibung und Verdrehung von Tatsachen bleiben, gerade wenn es um von ihm behauptete (angebliche) Missstände geht. So neigt der Beschwerdeführer im Haftkontext dazu, sich als Opfer darzustellen (vgl etwa das hg Verfahren **, in dem der Beschwerdeführer in Bezug auf die bei einer rechtmäßig vorgenommenen, mit Entblößung verbundenen körperlichen Durchsuchung ergangene Aufforderung, sich zur Kontrolle des Bereichs um den Anus nach nach vorne zu beugen, behauptet hatte, er habe nackt Kniebeugen bzw „Turnübungen“ machen müssen, sei schikaniert und höchst erniedrigend, menschenunwürdig behandelt worden; oder das hg Verfahren **, in dem im Zusammenhang mit einer rechtmäßigen Haftraumdurchsuchung bereits insofern eine deutliche Tendenz des Beschwerdeführers zu übertriebener Darstellung, die mit den objektiven Gegebenheiten nicht korreliert, konstatiert werden musste, als er etwa die Situation nach der Durchsuchung sinngemäß mit einem Schweinestall verglich und ausführte, Strafgefangene würden wie Tiere, ja wie Müll behandelt; ebenso etwa hg **, in dem der Beschwerdeführer ohne objektiviertes Tatsachensubstrat ein ihn bewusst demütigendes Verhalten des essensausgebenden Justizwachebediensteten behauptete; sowie in hg **, wo der Beschwerdeführer ein rein schikanöses Verlegen behauptete, abermals bar eines entsprechenden Tatsachensubstrates). Ausgehend von diesen Erwägungen war

den Angaben des Beschwerdeführers zu den angeblichen Ausgabezeiten des Abendessens nicht zu folgen.

Rechtlich erwog das Erstgericht, dass gemäß § 38 Abs 1 StVG die Strafgefangenen mit einfacher Anstaltskost ausreichend zu verpflegen seien. Die Kost müsse den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen und schmackhaft sein; sie sei zu den für die Einnahme von Mahlzeiten allgemein üblichen Tageszeiten auszugeben.

Der Begriff der üblichen Tageszeiten stelle stets auf die konkreten Verhältnisse des betreffenden Strafgefangenen ab. Im Allgemeinen sei davon auszugehen, dass das Frühstück zwischen 5.00 und 7.00 Uhr, das Mittagessen zwischen 11.00 und 14.00 Uhr und das Abendessen zwischen 17.00 und 19.00 Uhr eingenommen werden könne. Die Einhaltung üblicher Tageszeiten, die dem beschäftigungsbedingten Tagesablauf entsprechen, sei jedenfalls ein subjektiv-öffentliches Recht der Insassen. Das beziehe sich nach dem Ziel der Bestimmung freilich nur auf warme bzw frisch zubereitete Speisen. Kaltverpflegung könne auch außerhalb dieser Zeiten ausgefolgt werden, wenn sie bei Zimmertemperatur lagerbar sei, wie zB Brot und Konserven, oder wenn eine Kühlmöglichkeit vorhanden sei. Es bestehe allerdings kein Rechtsanspruch auf das Einräumen einer solchen im Haftraum, sondern es seien die Lebensmittel dann gegebenenfalls entsprechend zeitnahe zum Verzehr auszugeben.

Dies sei nach dem festgestellten Sachverhalt gegenständlich auch der Fall gewesen, zumal die im Beschwerdezeitraum frühestens ab 16:30 Uhr als Abendessen ausgegebene Kaltverpflegung keineswegs zeitfern vom Zeitpunkt des vorgesehenen Verzehrs ausgefolgt worden und dem Anstaltsleiter dahingehend beizupflichten sei, dass diese unbedenklich zumindest eine halbe Stunde lang ungekühlt gelagert hätte werden können, ohne dass sie bei lebensnaher Betrachtung den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr entsprochen oder ihre Schmackhaftigkeit eingebüßt hätte.

Soweit der Beschwerdeführer moniere, es wären „die Gefangenen“ dahingehend zu befragen gewesen, wann circa das Abendessen ausgegeben worden sei, ebenso die Bediensteten der Küche dazu, um welche Zeit circa das Abendessen von der Küche hergerichtet und an die Abteilungen ausgegeben werde, handele es sich im Ergebnis um Erkundungsbeweise, deren unterbliebene Aufnahme keinen Verfahrensmangel bewirke. Der Beschwerde sei daher keine Folge zu geben gewesen.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* vom 26. Februar 2025 (ON 9), der moniert, dass der Anstaltsleiter kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine Abweichung der kühlpflichtigen Abendessensausgabe von mindestens einer halben Stunde zur tatsächlichen Normregelzeit ab 17 Uhr billigend in Kauf nehme, weshalb eine Rechtsverletzung jedenfalls festzustellen gewesen sei. Im Sommer könnten sich bei empfindlichen Lebensmittel innerhalb einer halben Stunde ohne Kühlung so viele Bakterien bilden, dass das Lebensmittel für gewisse Personen, zu denen auch er zähle, unverträglich werde. Der Vollzugssenat habe seiner Beschwerde zusammengefasst mit der Begründung nicht Folge gegeben, dass alles so gemacht worden sei wie in der Dienstverfügung 20/2022 des Anstaltsleiters ausgeführt und es keiner tatsächlichen Sachverhaltserhebung bedürfe. Die unstrittige Tatsache, dass das Essen zumindest eine halbe Stunde bei 30 Grad und mehr ohne Kühlung sei, sei nach Ansicht des Landesgerichts Linz unbedenklich. Im Übrigen stelle das Landesgericht Linz auf ein Denunziantentum seiner Person ab.

Weiters führt der Beschwerdeführer aus, dass erstens eine notwendige Sachverhaltserhebung kein Erkundungsbeweis sei und freie Beweiswürdigung erst nach vollständiger Beweiserhebung einsetze, und zweitens die Mitglieder des Vollzugssenates keine Ernährungswissenschaftler oder Mediziner seien. Fakt sei, dass die beanstandeten Lebensmittel im Lebensmittelhandel und der Gastronomie bei Unterbrechung der Kühlkette von einer halben Stunde bei einer Temperatur von 30 Grad und mehr nicht mehr angeboten werden dürften. Das Oberlandesgericht Wien nehme in der Entscheidung ** auf den ernährungswissenschaftlichen Umstand Bezug. Die Argumentation des Landesgerichts Linz widerspreche diesen Feststellungen. Drittens führe der Vollzugssenat vier seiner Administrativbeschwerden, denen kein Erfolg zuteil wurde, ins Treffen und leite daraus ab, dass seine Beschwerdevorbringen grundsätzlich als unsachlich und unzutreffend zu werten seien, es sich bei ihm sozusagen um einen Querulanten handle. Diese negative Grundhaltung des Vollzugssenates seiner Person gegenüber sei sachlich unberechtigt und befremdlich. Viertens mache sich der Vollzugssenat die Mühe auszugsweise seine strafrechtlichen Verurteilungen ins Treffen zu bringen ohne sich jedoch mit dem gesamten – vom Beschwerdeführer aus seiner Sicht beleuchteten - Akteninhalt zu befassen.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt Berechtigung zu.

Nach § 16a Abs 1 Z 1 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat (Abs 2).

Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

Nach § 121a Abs 1 Z 1 StVG ist – im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nach den §§ 16 Abs 3 und 16a Abs 1 StVG - zur Erhebung einer Beschwerde berechtigt, wer behauptet, in einem subjektiven Recht nach dem StVG verletzt zu sein. In diesem Zusammenhang ist fallkonkret zu beachten, dass gemäß § 38 Abs 1 StVG ein Strafgefangener das subjektiv-öffentliche Recht hat, mit einfacher, ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechender, schmackhafter Anstaltskost ausreichend verpflegt zu werden. Dem kann grundsätzlich auch eine kalte Mahlzeit gerecht werden (vgl OLG Wien, AZ 32 Bs 212/22v; Drexler/Weger, StVG 5 § 38 Rz 1). Der Begriff „schmackhaft“ umfasst sowohl die Qualität der verwendeten Zutaten als auch die Zubereitung (vgl OLG Wien, AZ 32 Bs 212/22v; Drexler/Weger , aaO Rz 2).

Die Kost ist zu den für die Einnahme von Mahlzeiten allgemein üblichen Tageszeiten auszugeben (§ 38 Abs 1 letzter Halbsatz StVG). Der Begriff der üblichen Tageszeiten stellt stets auf die konkreten Verhältnisse des betreffenden Strafgefangenen ab. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass das Frühstück zwischen 05:00 Uhr und 07:00 Uhr, das Mittagessen zwischen 11:00 Uhr und 14:00 Uhr und das Abendessen zwischen 17:00 Uhr und 19:00 Uhr eingenommen werden kann. Die Einhaltung üblicher Tageszeiten, die dem beschäftigungsbedingten Tagesablauf entsprechen, ist jedenfalls ein subjektiv-öffentliches Recht des Insassen, das sich aber - nach dem Ziel der Bestimmung - nur auf warme bzw frisch zubereitete Speisen bezieht. Kaltverpflegung kann auch außerhalb der genannten Zeiten ausgefolgt werden, wenn sie bei Zimmertemperatur lagerbar ist (zB Brot und Konserven), oder wenn eine Kühlmöglichkeit vorhanden ist. Es besteht kein Rechtsanspruch auf das Einräumen einer solchen Kühlmöglichkeit im Haftraum, sondern sind die Lebensmittel dann gegebenenfalls entsprechend zeitnah zum Verzehr auszugeben ( Drexler/Weger , aaO Rz 4).

Das Gericht hat gemäß § 17 Abs 2 Z 1 StVG im Beschwerdeverfahren nach den §§ 16 Abs 3 Z 1 und 2 sowie 16a Abs 1 Z 1 und 2 StVG außer wegen eines Ordnungsstraferkenntnisses, soweit im StVG nicht anderes bestimmt ist, das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 4, 38, 40 bis 44g, 51, 55, 57, 58a, 63 bis 66, 68 Abs 2 bis 7, 73 Abs 2 und 3 und 75 bis 80 sinngemäß anzuwenden.

Demzufolge ist § 45 AVG anzuwenden. Dieser lautet wie folgt:

(1) Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im Übrigen hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

(3) Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Der gleichfalls anzuwendende § 37 AVG normiert, dass Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Der Verwaltungsgerichtshof hält zu § 37 AVG fest, dass die Behörde amtswegig zur Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise verhalten ist; dies bedeute, dass (auch) möglichst an einem Sachverhalt unmittelbar Beteiligte als Zeugen niederschriftlich einzuvernehmen sind (VwGH 12. September 2012, 2011/08/0094).

Nach § 45 Abs 2 AVG gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, das heißt, dass lediglich die Überzeugungskraft der Beweismittel im gegebenen Zusammenhang für ihre Bewertung maßgebend ist. Die Beweiswürdigung ist jedoch insofern nicht frei, als der maßgebende Sachverhalt vollständig erhoben und die Beweisführung tragfähig sein muss ( Thienel / Zeleny , Verwaltungsverfahrensgesetze 21 § 45 AVG Anm 4).

Ausgehend von diesen Prämissen haftet der bekämpften Entscheidung Rechtswidrigkeit an, weil das Vollzugsgericht dem Gebot umfassender Beweisaufnahme nicht nachgekommen ist.

So stützt sich das Vollzugsgericht - neben auf sein strafrechtliches Vorleben sowie andere (in keinem Zusammenhang mit dem gegenständlichen stehende) Beschwerdeverfahren gestützte Ausführungen zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers - einzig auf den Bericht des Anstaltsleiters, der unmittelbare Wahrnehmungen zu den in Rede stehenden Sachverhalten gar nicht behauptet, sondern lediglich auf die Dienstverfügung 20/22, welche seit 1. Dezember 2022 gültig sei und unter anderem vorsehe, dass das Abendessen im Zeitraum zwischen 16.30 und 18.00 Uhr auszugeben sei, sowie darauf verweist, dass den Insassen Montag bis Mittwoch auch Freizeitgestaltung angeboten werde, diese danach noch duschen dürften und erst danach mit der Essensausgabe begonnen werde, ohne sich mit den konkreten Abläufen im vom Beschwerdeführer monierten Zeitraum (28. August 2024 bis 10. September 2024) zu befassen. Die an den behaupteten Geschehnissen unmittelbar Beteiligten (sohin insbesondere die jeweils mit der Essensausgabe betrauten Personen ebenso wie andere auf der selben Abteilung wie der Beschwerdeführer untergebrachte Insassen) wurden nicht niederschriftlich befragt, sondern überhaupt von deren Ausforschung Abstand genommen. Mangels vollständiger Erhebung des maßgebenden Sachverhalts vermag die Beweiswürdigung die Feststellungen daher nicht zu tragen.

Das Vollzugsgericht wird daher nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens durch Aufnahme von geeigneten Beweisen, insbesondere der Ausforschung und Befragung der Beamten und Insassen, die an den relevanten Tagen Wahrnehmungen zur Essensausgabe in der Abteilung 02KOM gemacht haben könnten, eine Klärung der Vorwürfe herbeizuführen und auf deren Grundlage eine neuerliche Entscheidung zu treffen haben.

Weiters wird sich das Vollzugsgericht im fortgesetzten Verfahren – selbst wenn es neuerlich zur Ansicht gelangen sollte, dass die Essensausgabe (an allen oder einzelnen Tagen im relevanten Zeitraum) frühestens ab 16.30 Uhr stattgefunden hat - damit auseinanderzusetzen haben, ob die Ausgabezeiten – unter Berücksichtigung der konkret ausgegebenen Lebensmittel und der herrschenden Temperaturen – den dargestellten Anforderungen des § 38 Abs 1 StVG (vgl dazu insbesondere auch OLG Wien, AZ 32 Bs 212/22v) gerecht werden.

R echtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

Rückverweise