20Bs77/25g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, über die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie jener des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. November 2024, GZ ** 55.3, nach der am 20. Mai 2025, unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Jilke, im Beisein der Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski sowie in Anwesenheit des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. Valentin Rainer durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung des Angeklagten wird nicht , hingegen jener der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf drei Jahre erhöht.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Text
Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthaltenden Urteil, wurde der am ** in ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten verurteilt.
Weiters wurde gemäß § 20 Abs 1, 3 und 4 StGB ein Geldbetrag von EUR 132.056,-- für verfallen erklärt.
Danach hat er gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, nachstehend angeführte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu nachgenannten Handlungen verleitet, die diese in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen schädigten, und zwar
I./ Anfang Oktober 2022 in Wien B* und C* D* durch die wahrheitswidrige Vorspiegelung, mit dem Unternehmen E* GmbH, dessen Gesellschafter er war (US 4), weitere wesentliche Bauleistungen auf ihrer Liegenschaft erbringen zu können, zur Überweisung von EUR 20.000,-- an die E* GmbH (US 6) am 13. Oktober 2022, der angesichts bereits vorausgegangener Zahlungen keine Gegenleistung gegenüber stand;
II./ in **
1./ am 27. Juli 2022 F* G* durch die wahrheitswidrige Behauptung, ein Darlehen binnen zwei Monaten zurückzuzahlen, zur Übergabe von EUR 5.000,-- in bar an ihn (US 9), wodurch F* und H* G* mangels Rückzahlung einen Schaden in genannter Höhe erlitten;
2./ F* und H* G* durch die wiederholte wahrheitswidrige Behauptung, mit dem Unternehmen E* GmbH diverse Umbau- und Renovierungsarbeiten auf ihrer Liegenschaft durchzuführen, zu nachstehenden Akontozahlungen in bar an ihn (Fakten a./, b./, d./ und f./ bis i./) und Überweisungen an die E* GmbH (Fakten c./, d./, e./ und j./ [US 10 ff]) in Höhe von insgesamt EUR 131.880,-- , wobei nur Arbeiten im Gesamtwert von EUR 24.824,-- (US 14) erbracht wurden, sodass ein Schaden von EUR 107.056-- entstand, und zwar
a./ am 6. August 2022 EUR 10.000,--,
b./ am 7. August 2022 EUR 10.000,--,
c./ am 10. August 2022 EUR 12.000,--,
d./ am 1. September 2022 EUR 15.000,-- in bar und EUR 25.000,-- per Überweisung,
e./ am 19. September 2022 EUR 10.000,--,
f./ am 27. September 2022 EUR 5.000,--,
g./ am 29. September 2022 EUR 5.000,--,
h./ am 7. Oktober 2022 EUR 10.000,--,
i./ am 23. Oktober 2022 EUR 14.880,--,
j./ am 25. Oktober 2022 EUR 15.000,--.
Bei der Strafbemessung wertete der Schöffensenat drei einschlägige Vorstrafen sowie den hohen, die Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB um ein Vielfaches übersteigenden Schaden als erschwerend und keinen Umstand als mildernd.
Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 25. Februar 2025, GZ 14 Os 6/25a 4 (ON 67.1), ist nunmehr über die jeweils fristgerecht angemeldeten und rechtzeitig ausgeführten Berufungen der Staatsanwaltschaft (ON 63) sowie des Angeklagten (ON 64) zu entscheiden, mit welcher die Anklagebehörde eine tat- und schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafe, der Angeklagte hingegen deren Herabsetzung und teilweise bedingte Nachsicht anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Nur dem Rechtsmittel der Anklagebehörde kommt Berechtigung zu.
Zunächst sind die Strafzumessungsgründe dahingehend zu präzisieren, dass der Angeklagte - unter Berücksichtigung zweier im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehender Urteile - drei einschlägige Vorstrafen aufweist, wobei dem Angeklagten der Erschwerungsgrund der Überschreitung der Wertqualifikation des § 147 Abs 2 StGB um ein Vielfaches dahingehend zur Last fällt, als diese um mehr als 26 fache überschritten wurde.
Soweit der Angeklagte isoliert in Ansehung der einzelnen Tathandlungen einen „mäßigen“ Erfolgsunwert im Verhältnis zur nächsten Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB in Höhe von EUR 300.000,-- betont, setzt er sich über § 29 StGB hinweg und ignoriert, dass sich der Gesamtschaden (immerhin) beinahe auf die Hälfte der angesprochenen nächsten Wertgrenze von EUR 300.000,-- beläuft. Abgesehen davon ist strafbestimmend der gewerbsmäßig schwere Betrug, der lediglich wiederholte Tathandlungen in Ansehung jeweils qualifizierter Betrugshandlungen des § 147 Abs 2 (EUR 5.000,--) StGB vorsieht.
Inwiefern der Handlungs- und Gesinnungsunwert unter Berücksichtigung des rund sechs Monate währenden Deliktszeitraums mit wiederholten Tathandlungen gering bzw mäßig sein sollte, erschließt sich nicht; im Gegenteil ist bei derartigen wiederholten Betrugshandlungen zum Nachteil privater Bauführern, die oftmals ihr gesamtes erspartes Vermögen bzw Baudarlehen in derartige kostspielige Projekte wie einer Haussanierung investieren, als besonders verwerflich anzusehen.
Dem Einwand des Angeklagten, er sei kein Kaufmann gewesen, habe sich nicht ausgekannt und darüber hinaus Rechtsauskunft zur Einbringung eines Sanierungsplanantrages eingeholt (ON 48.3), steht die spezifisch einschlägige Vorstrafe des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. April 2016 entgegen (ON 15), der eine mehr oder weniger idente Vorgangsweise zugrunde liegt.
Auch der vom Angeklagten ins Treffen geführte Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 10 StGB wurde vom Erstgerichts zutreffend nicht angezogen, weil dieser nur auf Straftaten anzuwenden ist, sofern sich der Täter in seiner Notlage durch die strafbare Handlung Abhilfe verschaffen wollte, diese sohin zur Befriedigung existentieller Lebensbedürfnisse diente (14 Os 154/89), wovon bei Schulden, die den Urteilsfeststellungen zufolge auf die Finanzierung eines Leasingfahrzeugs zurückzuführen sind, keinesfalls zutrifft.
Sofern der Angeklagte mit dem Vorbringen, er habe die Tat nicht akribisch geplant und vielmehr spontan gehandelt, auf den Milderungsgrund der Unbesonnenheit gemäß § 34 Abs 1 Z 7 StGB abzielen sollte, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Milderungsgrund voraussetzt, dass die Tat aus einer augenblicklichen Eingebung heraus, spontan und ohne zu überlegen begangen wird. Gegen diese Spontanität spricht bereits der mehrmonatige Deliktszeitraum und die oftmalige Tatwiederholung.
Zieht man die zum Nachteil des Angeklagten präzisierte Strafzumessungslage heran und berücksichtigt weiters, dass der bereits vierfach einschlägig vorbestrafte Angeklagte (ON 43) das Haftübel bereits wiederholt verspürte, ihm bereits die Rechtswohltat bedingter Strafnachsichten zuteil wurde und er dessen ungeachtet unmittelbar nach Ablauf der letzten Probezeit erneut einschlägig delinquierte, ist der Anklagebehörde zuzustimmen, dass sowohl spezialpräventive Erwägungen die Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe gebieten, als auch generalpräventive Erwägungen - die auch bei der Strafbemessung im engeren Sinn zu berücksichtigen sind ( Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari § 32 Rz 7) - eine Erhöhung der Sanktion erfordern, um potenziellen Nachahmungstätern im Baugewerbe aufzuzeigen, dass derartige Tathandlungen in keiner Weise bagatellisiert werden.
Der Berufung des Angeklagten war daher nicht, hingegen jener der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche, tat- und täteradäquate Ausmaß zu erhöhen.
Die Gewährung teilbedingter Strafnachsicht nach § 43a Abs 4 StGB scheitert mit Blick auf das getrübte Vorleben des Angeklagten an der hohen Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens (RIS-Justiz RS0092042).