JudikaturOLG Wien

31Bs126/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 30. April 2025, GZ ** 12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Text

Der am ** geborene ungarische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** den unbedingten Teil einer wegen § 207a Abs 1 Z 2 erster Fall, Abs 1a und Abs 4 Z 3 lit a und b StGB; § 207a Abs 1 Z 2 dritter Fall, Abs 1a und Abs 4 Z 3 lit a und b StGB; § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 4 Z 3 lit a und b StGB; § 207a Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 3b erster Satz und Abs 4 Z 3 lit a und b StGB; und § 207a Abs 3 erster und zweiter Fall StGB idF BGBl I 117/2017; verhängten Freiheitsstrafe in Dauer von acht Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 22. Juli 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 22. März 2025, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 2. Mai 2025 vor (ON 2, 4 ff und ON 6).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Korneuburg als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 13), die nicht berechtigt ist.

Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK 2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.

Zwar trifft es zu, dass die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), doch ist dem Erstgericht beizupflichten, dass im vorliegenden Fall gravierende spezialpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausschließen.

Der Strafgefangene weist vor der dem nunmehrigen Strafvollzug zugrundeliegenden Entscheidung unter Berücksichtigung der nachträglichen Bildung von Gesamtstrafen (im Sinne von Bedachtnahmen gemäß §§ 31, 40 StGB) und nach Anerkennung ausländischer Urteile zwischen 1988 und 2014 in Ungarn – unter Außerachtlassung der in Österreich getilgten Verurteilung (4. Verurteilung laut ECRIS-Auskunft) - fünf Vorstrafen wegen Vermögens- und Urkundendelikten auf. Dabei wurde er jeweils zu (zum Teil langjährigen) Freiheitsstrafen verurteilt, die er zumindest zum Teil verbüßte. Zuletzt wurde in Ungarn über ihn eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt (ECRIS-Auskunft ON 7 [ident ON 8]).

Zum sozialen Empfangsraum nach der Haftentlassung erfolgten durch den Strafgefangenen nur unbescheinigte Angaben zu seinem zukünftigen Wohnort und Arbeitsplatz (ON 3) und in seiner Beschwerde wies er auf seine ordentliche Führung und seine familiären Verpflichtungen hin (ON 13).

Die völlige Wirkungslosigkeit des bisher – teilweise langjährigen - verspürten Haftübels sowie der zuletzt bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in Ungarn spricht beim Strafgefangenen gegen eine für eine bedingte Entlassung aber unbedingt erforderliche positive Verhaltensprognose. Daran können auch die behauptete Wohn- und Arbeitsmöglichkeit in den Niederlanden sowie die – überdies der gesetzlichen Norm entsprechende – hausordnungskonforme Führung (ON 2, 2) und das seit der letzten Verurteilung in Ungarn 2014 mehrjährige Wohlverhalten bis zur neuerlichen, der dem nunmehrigen Vollzug zugrundeliegende Straffälligkeit nichts ändern. Eine bedingte Entlassung ist daher aufgrund der evident verfestigten kriminellen Neigung und der dafür ursächlichen Persönlichkeitsdefizite in spezialpräventiver Hinsicht außerhalb jeglicher Reichweite. Auch - gemäß §§ 95 ff EU-JZG grundsätzlich in Betracht kommende - unterstützende Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB sind im Hinblick auf die aufgezeigten erheblichen spezialpräventiven Bedenken keineswegs ausreichend.

Die Einschätzung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) vom 30. April 2025 (ON 10) stützte sich zur Prognoseerstellung teilweise auch auf bereits getilgte Verurteilungen und war insoweit für das erstellte Kalkül nicht relevant.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

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