30Bs72/25w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hat am 12. Mai 2025 durch die Senatspräsidentin Mag. Edwards als Vorsitzende sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 zweiter Fall) StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Dezember 2024, GZ ** 64.2, in der in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M. sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seiner Verteidiger DDr. Dohr, LL.M., LL.M. und Mag. Rest durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird nicht , jener wegen des Ausspruchs über den Verfall dahingehend Folge gegeben, dass der bei A* gemäß § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB für verfallen erklärte Betrag auf 20.000 Euro herabgesetzt wird.
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird zurückgewiesen .
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Text
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 zweiter Fall) StGB schuldig erkannt und hiefür unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung nach dem Strafsatz des § 130 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
Gemäß § 20 Abs 1 und Abs 3 StGB wurden zudem 24.000 Euro für verfallen erklärt und der Angeklagte gemäß § 366 Abs 2 iVm § 369 Abs 1 StPO dazu verhalten, dem Privatbeteiligten B* 60.000 Euro binnen 14 Tagen zu zahlen.
Dem Schuldspruch zufolge hat er in ** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar
I./ am 25. September 2023 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter B* zwei Goldbarren in einem Gesamtwert von zumindest 60.000 Euro durch Öffnen eines Tresors mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel;
II./ am 8. Juni 2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei unbekannten Mittätern C* Schmuck im Gesamtwert von zumindest 20.000 Euro, indem die zwei unbekannten Täter sie ablenkten, während sich A* in das Schlafzimmer der Genannten schlich und den Schmuck aus einem Stoffbeutel nahm.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht zwei einschlägige Vorstrafen, die mehrfache Deliktsqualifikation und das mehrfache Überschreiten der Wertgrenze als erschwerend, mildernd hingegen das teilweise reumütige Geständnis und die Schadenswiedergutmachung. Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessung wertete es zudem die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit aggravierend.
Nach Zurückweisung der vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 25. Februar 2025, GZ 14 Os 10/25i 4, ist über die rechtzeitig angemeldete (ON 66) und fristgerecht ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe und den Verfall (ON 71) zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittel kommt teilweise Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und richtig gewichtet, während es dem Berufungswerber nicht gelingt, weitere Milderungsgründe ins Treffen zu führen.
Dass „der Angeklagte durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden sei“, vermag schon angesichts des Zusammentreffens mehrerer Tathandlungen und der - Grundbedürfnisse jedenfalls weit übersteigenden - Schadenshöhe nicht zu überzeugen (vgl. Riffel in WK² StGB § 34 Rz 24).
Soweit der Berufungswerber moniert, dass die von ihm geleistete (Teil-)Schadensgutmachung von 20.000 Euro vom Erstgericht nicht berücksichtigt worden sei, erweist sich das Vorbringen als aktenwidrig, führte das Erstgericht diesen Umstand doch ausdrücklich als Milderungsgrund an (US 14). Gleichermaßen aktenwidrig ist die Behauptung, dass die geleistete Schadensgutmachung den tatsächlichen Schaden mangels Feststellungen zum Wert des Schmuckes sogar übersteige, übergeht der Rechtsmittelwerber damit doch den Urteilstenor zu Punkt II./ und die damit korrespondierende Feststellung auf US 6, wonach der Schmuck einen Gesamtwert von zumindest 20.000 Euro aufwies.
Inwieweit sich die Rolle des Angeklagten als „fürsorglicher Familienvater von fünf Kindern“ mildernd auswirken sollte, ist nicht ersichtlich, sind die Taten des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt der ihn treffenden Sorgepflichten doch umso unverständlicher. Von einer „einmaligen Verfehlung“ kann schon angesichts der vorliegenden Vorverurteilungen und des Zusammentreffens von zwei massiven Angriffen auf fremdes Vermögen keine Rede sein.
Unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch, dass es sich bei den beiden Opfern um vulnerable Mitglieder der Gesellschaft handelte und die Vorgehensweise des Angeklagten besonders verwerflich war, erweist sich die Verhängung einer empfindlichen Freiheitsstrafe sowohl aus spezial-, als auch aus generalpräventiven Gründen als unumgänglich. Dabei war in spezialpräventiver Hinsicht insbesondere auch ins Kalkül zu ziehen, dass der Angeklagte bereits in der Vergangenheit einschlägig verurteilt wurde und die ihm gewährte Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht bereits mehr als ein Mal nicht zu nutzen vermochte. Vor diesem Hintergrund erweist sich die verhängte Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen und solcherart der begehrten Reduktion nicht zugänglich.
Zur inhaltlich nicht näher ausgeführten Berufung gegen den Ausspruch über den Verfall ist eingangs festzuhalten, dass das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären hat (§ 20 Abs 1 StGB). Soweit die dem Verfall nach Abs 1 oder 2 unterliegenden Vermögenswerte nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den nach Abs 1 und Abs 2 erlangten Vermögenswerten entspricht (Abs 3 leg cit). Soweit der Umfang der für verfallen zu erklärenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann, hat das Gericht ihn nach seiner Überzeugung festzusetzen (Abs 4 leg cit).
Das Erstgericht ging lebensnah und damit in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die Beute jeweils nach Köpfen geteilt wurde, was einem Anteil des Angeklagten von 20.000 Euro bei Faktum I./ (drei Personen) und 4.000 Euro bei Faktum II./ (fünf Personen) entspricht.
Gemäß § 20a Abs 2 Z 2 StGB ist der Verfall jedoch unter anderem ausgeschlossen, soweit der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt hat. Dies ist gegenständlich bei Faktum II./ der Fall, bei dem der Angeklagte bereits vollständige Schadensgutmachung geleistet hat (vgl ON 64.1, 21; ON 64.3 und ON 65). Der Ausspruch des Verfalls war daher um den Faktum II./ betreffenden Betrag zu reduzieren.
Der Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe war daher nicht, jener wegen des Ausspruchs über den Verfall hingegen im spruchgemäßen Ausmaß Folge zu geben.
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche war hingegen zurückzuweisen, weil der Angeklagte weder in der Berufungsanmeldung, noch in der Berufungsschrift erklärt hat, dass er sich dadurch beschwert erachtet (vgl § 294 Abs 2 StPO). Die erstmalige Konkretisierung im Rahmen des Gerichtstags erweist sich als verspätet (§ 290 Abs 2 StPO; RIS-Justiz RS0100395).