JudikaturOLG Wien

31Bs118/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 11. April 2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Text

Der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** (in Form des elektronisch überwachten Hausarrests) zwei wegen § 84 Abs 4 StGB und §§ 15, 84 Abs 4 StGB verhängte (Zusatz-)Freiheitsstrafen von insgesamt 26 Monaten mit urteilsmäßigem Strafende am 1. April 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 1. März 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 11. Juli 2025 gegeben sein (ON 2.3 und ON 3).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht St. Pölten als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Strafgefangenen (ON 7), der keine Berechtigung zukommt.

Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK 2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.

Zwar trifft es zu, dass die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe der Regelfall und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17), doch ist dem Erstgericht beizupflichten, dass im vorliegenden Fall gravierende spezialpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausschließen.

Zum Strafgefangenen scheinen neben den vollzugsgegenständlichen Entscheidungen im Strafregister vier weitere, überwiegend im engsten Sinn einschlägige Verurteilungen auf. So wurden über ihn 2013 wegen Vermögensdelikten eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafen verhängt und für den damals jugendlichen Täter Bewährungshilfe angeordnet. 2015 wurde der damals junge Erwachsene wegen Körperverletzung zu einer unbedingten Geldstrafe in Kombination mit einer bedingten Freiheitsstrafe - unter neuerlicher Anordnung der Bewährungshilfe – verurteilt. Die dritte Verurteilung erfolgte 2018 wegen schwerer Körperverletzung, wobei wiederum eine Geldstrafe in Kombination mit einer bedingten Freiheitsstrafe verhängt wurde. Des weiteren folgte 2021 abermals eine Verurteilung wegen Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe mit neuerlicher Anordnung der Bewährungshilfe (ON 3).

Unbeeindruckt von diesen Sanktionen und offenbar mangels nachhaltiger Wirkung der Bewährungshilfe, setzte der Strafgefangene die den vollzugsgegenständlichen Entscheidungen zugrunde liegenden Taten. Dabei erfolgte die Verurteilung vom 20. März 2024, mit der auf ein Urteil vom 23. Jänner 2024 Bedacht genommen wurde (Punkt 5 und 6 der Strafregisterauskunft ON 3), wegen einer am 6. Jänner 2024 – also nur 17 Tage vor dem anstehenden Hauptverhandlungstermin - begangenen Tat.

Die sechs Verurteilungen seit 2013, die Wirkungslosigkeit der bereits mehrfach angeordneten Bewährungshilfe und die im engsten Sinn einschlägige Tatbegehung zuletzt während anhängigen Strafverfahrens kurz vor einem anstehenden Hauptverhandlungstermin bringen eine beträchtliche kriminelle Energie zum Ausdruck und belegen eindrucksvoll die völlige Unbeeindrucktheit durch bisher ergriffene staatliche Sanktionen und Resozialisierungsmaßnahmen. Dies steht der für eine bedingte Entlassung zwingend erforderlichen positiven Verhaltensprognose, wonach die bedingte Entlassung den Strafgefangenen nicht weniger als die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten werde, klar entgegen.

Diese ungünstige Verhaltensprognose kann durch den - in der Beschwerde wiederholten - Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Wohn- und Arbeitsmöglichkeit (ON 2.1, ON 2.2, 3 und ON 7) und seine – der gesetzlichen Norm entsprechenden - hausordnungskonforme Führung (auch) im elektronisch überwachten Hausarrest (ON 2.2) nicht entkräftet werden. Eine bedingte Entlassung ist daher aufgrund der bisherigen Wirkungslosigkeit der ergriffenen Sanktionen und der dafür ursächlichen Persönlichkeitsdefizite in spezialpräventiver Hinsicht außerhalb jeglicher Reichweite. Auch unterstützende Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB sind im Hinblick auf die aufgezeigten erheblichen spezialpräventiven Bedenken und die bereits dreimalige Beigebung eines Bewährungshelfers keineswegs ausreichend.

Da aufgrund der Aktenlage nicht anzunehmen war, dass eine Anhörung die Entscheidungsgrundlagen wesentlich verändert hätte und eine Anhörung des Strafgefangenen über dessen Antrag durch das Landesgericht St. Pölten bereits zu AZ ** erfolgte, konnte die Anhörung zu Recht unterbleiben ( Pieber in Höpfel/Ratz, WK 2 StVG § 152a Rz 1 f).

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

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