Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Einzelrichterin Mag. Schneider-Reich in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB über die Beschwerde der Privatbeteiligten B* Handels GmbH gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 8. April 2025, GZ **-23, den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass die vom Verurteilten A* der Privatbeteiligten B* Handels GmbH zu ersetzenden Kosten ihrer Vertretung wie folgt bestimmt werden:
Der Verurteilte A* hat der Privatbeteiligten B* Handels GmbH die mit 103,92 Euro (darin enthalten 17,32 Euro USt) bestimmten Kosten des Beschwerdeverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. Februar 2025, rechtskräftig seit 21. Februar 2025 (ON 15.3), wurde A* des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB schuldig erkannt, zu einer bedingten Freiheitsstrafe und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Zugleich wurde er gemäß § 369 Abs 1 StPO verpflichtet, der Privatbeteiligten B* Handels GmbH 2.412,13 Euro samt 4 % Zinsen seit 29. Jänner 2025 zu zahlen, mit ihren übrigen Ansprüchen wurde die Privatbeteiligte gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Mit Kostenbestimmungsantrag vom 25. Februar 2025 (ON 17) begehrte die im Verfahren anwaltlich vertretene Privatbeteiligte, ihre Vertretungskosten tatsächlich mit insgesamt 1.367,69 Euro (inkl USt) zu bestimmen.
Die hier relevanten Positionen des Privatbeteiligtenanschlusses vom 28. Jänner 2025 verzeichnete sie nach TP 4 II b iVm TP 4 I 3 erster Satz, des Kostenbestimmungsantrags unter Außerachtlassung des § 11 RATG nach TP 1 und verrechnete für die Teilnahme an der Hauptverhandlung vom 17. Februar 2025 (bei korrekten Ansätzen) 120 % Einheitssatz.
Der Verurteilte machte von seinem Recht auf Äußerung (siehe ON 18) keinen Gebrauch.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 23) bestimmte das Erstgericht die Kosten der Vertretung der Privatbeteiligten mit insgesamt 816,86 Euro und führte betreffend der Kürzung der in Rede stehenden Positionen begründend – neben zutreffendem Verweis auf § 11 RATG hinsichtlich der Kosten für den Kostenbestimmungsantrag - aus, der Privatbeteiligtenanschluss sei nach TP 1 zu honorieren und der doppelte Einheitssatz stehe nicht zu, weil das Einschreiten eines auswärtigen Anwalts (hier aus **) nicht erforderlich gewesen sei, weil die Privatbeteiligte ihren Geschäftssitz in ** und somit innerhalb des Gerichtssprengels des Landesgerichts Wiener Neustadt habe und zumutbar ein Anwalt im Gerichtssprengel hätte betraut werden können.
Gegen den abweisenden Teil betreffend eine Höhe von 530,67 Euro richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Privatbeteiligten (ON 24), der im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zukommt.
Gemäß § 393 Abs 4 StPO hat der Beschuldigte, dem der Ersatz der Prozesskosten überhaupt zur Last fällt, auch alle Kosten der Vertretung zu ersetzen. Voraussetzung hiefür ist, dass das Strafgericht zumindest über einen Teil der geltend gemachten Ersatzansprüche im Adhäsionsverfahren erkannt hat. Wird auch nur ein Teil des Begehrten zugesprochen, hat der Verurteilte dem Privatbeteiligten die gesamten Vertretungskosten zu ersetzen, selbst wenn dieser mit dem überwiegenden Teil seiner Ansprüche auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde (vgl Lendl , WK-StPO § 393 Rz 30).
Ad Einheitssatz:
Gemäß § 23 Abs 5 RATG ist (hier relevant) für Leistungen, die unter Tarifpost 4 Abschnitt I Z 5, Abschnitt II fallen, der auf diese Leistung entfallende Teil des Einheitssatzes (hier gemäß §§ 23 Abs 3 iVm 10 Z 7 lit b RATG von 60 vH) doppelt zuzusprechen, wenn der Rechtsanwalt die Leistung an einem Ort außerhalb des Sitzes seiner Kanzlei vornimmt. Diese Mehrkosten, welche durch die Bestellung eines nicht am Sitz des Prozessgerichtes ansässigen Rechtsanwaltes entstehen, sind nur dann zu ersetzen, wenn die Partei selbst nicht am Gerichtsort wohnt, es sei denn, es liegen besondere Gründe für die Bestellung des auswärtigen Rechtsanwaltes durch die am Gerichtsort wohnhafte Partei vor (RIS-Justiz RS0036203). Wird eine nicht am Sitz des Gerichts wohnende Partei durch einen Anwalt vertreten, der seinen Sitz auch außerhalb des Sitzes des Gerichts hat, steht für (hier) Hauptverhandlungen der doppelte Einheitssatz unabhängig davon zu, ob der Sitz der Partei und der Sitz des Anwalts im selben Ort liegen, denn der Tatbestand, wonach die (hier) Hauptverhandlung „an einem Ort außerhalb des Sitzes der Kanzlei“ verrichtet wird, ist in beiden Fällen erfüllt (vgl RIS-Justiz RW0001030, RS0036203 [T1]). Bezogen auf den gegenständlichen Fall liegen diese Voraussetzungen aber zweifelsohne vor, hat die Pribatbeteiligte ihren Sitz doch jedenfalls nicht am Sitz des Erstgerichts in ** (der Gerichtssprengel ist insoweit ohne Bedeutung) und hat auch die von ihr beauftragte Vertreterin den Sitz ihrer Kanzlei (**) nicht am Gerichtsort. Daher war der doppelte Einheitssatz zuzusprechen.
Ad Privatbeteiligtenanschluss:
Gemäß TP 4 II lit b RATG steht für die Vertretung von Privatbeteiligten bei Vergehen, die nicht in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, und bei Verbrechen die Hälfte der in TP 4 I Z 1 lit b und Z 3 bis 6 RATG festgesetzten Entlohnung zu. Gemäß TP 4 I Z 1 lit b RATG gebührt im strafgerichtlichen Verfahren über eine Privatanklage sowie über Anträge nach dem MedienG für Anklagen wegen Vergehen, die nicht in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, 307,60 Euro. Nach TP 4 I Z 3 RATG steht für Beweisanträge und für alle anderen Eingaben, soweit sie nicht unter Z 4 dieser Tarifpost oder unter TP 1 fallen, die für Anklagen festgesetzte Entlohnung, soweit es sich aber um kurze und einfache oder um Folgeanträge nach § 20 MedienG handelt, die Hälfte zu. Bei dem in Rede stehenden Schriftsatz (Privatbeteiligtenanschluss) handelt es sich aber um einen solchen kurzen und einfachen – allerdings auch nicht der TP 1 unterfallenden - Schriftsatz iSd leg.cit. (siehe die diesbezüglich einhellige Rechtsprechung des OLG Wien, zB 23 Bs 35/17s, 23 Bs 194/20b, 31 Bs 346/20i uva), weshalb iVm TP 4 II lit b RATG nur ein Viertel der Entlohnung nach TP 4 I Z 1 lit b RATG gebührt (siehe auch AnwBl 2002, 166).
Der Kostenbestimmungsantrag war der erstrittenen Summe gemäß (siehe § 11 RATG) zu bestimmen.
§ 390a Abs 1 StPO, wonach dem zum Kostenersatz Verpflichteten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen, gilt auch für die Kosten einer Kostenbeschwerde (RIS-Justiz RS0101566), weshalb diese Verpflichtung den Verurteilten trifft. Die Kosten des Bemessungsverfahrens sind als Kosten des Strafverfahrens anzusehen (Abs 2 zweiter Satz) und teilen daher ihr Schicksal. Eines eigenen Ausspruchs über die grundsätzliche Kostenersatzpflicht im Bemessungsverfahren bedarf es nicht (15 Os 124/23h). Ein Zuspruch von Kosten des Bemessungsverfahrens (auch einer Kostenbeschwerde oder einer Äußerung hiezu; OLG Linz 7 Bs 368/08d, AnwBl 2009/8175) kommt daher nur an eine Prozesspartei in Betracht, zu deren Gunsten eine Kostenentscheidung im Grundverfahren erfolgt ist ( Lohsing/Serini, StPO 4 521). Eines besonderen Antrags auf Zuspruch dieser Kosten bedarf es nicht, die Verzeichnung im Antrag genügt. Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach § 11 RATG (siehe Lendl aao § 395 Rz 17).
Die Entlohnung der Kostenbeschwerde richtet sich nach TP 4 II lit b iVm TP 4 I Z 4 lit d RATG, der wiederum auf TP 2 RATG verweist, wobei als Bemessungsgrundlage nach § 11 Abs 1 zweiter Satz RATG jener Betrag heranzuziehen ist, dessen Zuspruch im aktuellen Kostenbeschwerdeverfahren zu Recht (vgl MR 2016, 318) beantragt wurde. Auf dieser Basis sind die Kosten mit 52,50 Euro im Sockelbetrag zuzüglich 60 % Einheitssatz (31,50 Euro), ERV-Erhöhungsbetrag (2,60 Euro) und 20% USt (17,32 Euro), im Ergebnis also mit 103,92 Euro zu entgelten.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
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