8Rs19/25k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag. Zacek als Vorsitzende, die Richterin Mag. Derbolav-Arztmann und den Richter MMag. Popelka sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Elisabeth Hirt und Thorsten Brandstetter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , geb. **, **, vertreten durch Rohregger Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau , **, vertreten durch Mag. C*, ebendort, wegen Pensionshöhe (Korridorpension), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 14.10.2024, **-7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen (I.) und zu Recht erkannt (II.):
Spruch
I. Das Berufungsverfahren wird fortgesetzt.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es insgesamt lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei eine Korridorpension ab 1.5.2024 in der Höhe von monatlich EUR 3.034,38 zuzüglich Frühstarterbonus von EUR 41,73 somit insgesamt in der Höhe von EUR 3.076,11 nach Maßgabe der Fälligkeit nach den §§ 104 und 105 ASVG sowie unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen, zu zahlen.
Das Klagebegehren auf Leistung einer höheren Pension ab 1.5.2024 wird abgewiesen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 37,49 (darin EUR 6,25 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Gesetzesbeschwerde gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B VG selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Text
Der am (richtig:) ** geborene Kläger vollendete am (richtig:) ** das 62. Lebensjahr. Er hat zum Stichtag 1.5.2024 in Österreich insgesamt 542 Versicherungsmonate erworben. Er stand vom 1.3.2011 bis zum 30.4.2024 in einem Dienstverhältnis zur B* GmbH Co KG. Der Kläger kündigte das Dienstverhältnis mit 30.4.2024 (./2). Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Korridorpension ab 1.5.2024 weist der Versicherungsverlauf des Klägers keine unmittelbar vorangehende Arbeitslosigkeit auf (./3).
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger ab 1.5.2024 die Korridorpension unter Berücksichtigung des Erhöhungsbetrags nach § 34 APG zu bezahlen, ab.
Es ging dabei vom eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt aus.
Rechtlich folgerte es, ein Erhöhungsbeitrag nach § 34 Abs 2 APG stehe dem Kläger nicht zu, weil er die Voraussetzungen nach Abs 1 der zitierten Bestimmung – die nicht verfassungswidrig sei – nicht erfülle.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers ausschließlich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern, hilfsweise es aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Mit der Berufung verband der Kläger einen Parteiantrag an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 B-VG.
Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
I. Das Berufungsgericht hielt mit Beschluss vom 11.2.2025 mit dem Berufungsverfahren bis zum Einlangen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den vom Kläger gestellten Antrag auf Normenkontrolle inne.
Mit Beschluss vom 25.2.2025, **-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung des Antrags des Klägers mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ab.
Das Verfahren vor dem Berufungsgericht war daher gemäß § 528b Abs 3 ZPO von Amts wegen fortzusetzen.
II. § 34 APG in der hier anzuwendenden Fassung (BGBl I 133/2023) lautet:
Erhöhung von Pensionen mit Stichtag im Jahr 2024
(1) Das Ausmaß folgender Pensionsleistungen ist – im Anschluss an ihre Feststellung nach den §§ 5 und 6 – zu erhöhen (Abs. 2), wenn ihr Stichtag nach § 223 Abs 2 ASVG (§ 113 Abs 2 GSVG, § 104 Abs 2 BSVG) in das Kalenderjahr 2024 fällt:
1. Alterspensionen nach § 4 Abs 1 oder § 253 ASVG (§ 130 GSVG, § 121 BSVG), Schwerarbeitspensionen nach § 4 Abs 3 und vorzeitige Alterspensionen nach § 25 Abs 4 und 5;
2. Korridorpensionen nach § 4 Abs 2, für die am 31. Dezember 2023 bereits die Anspruchsvoraussetzungen – mit Ausnahme der Voraussetzung des Fehlens einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit oder eines die Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs 2 ASVG übersteigenden Erwerbseinkommens am Stichtag – vorgelegen sind;
3. Korridorpensionen nach § 4 Abs 2, die infolge der Beendigung des Arbeitslosengeld- oder des Notstandshilfeanspruchs nach §§ 22 und 38 AlVG im Kalenderjahr 2024 angetreten werden;
4. Pensionen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit).
(2) Der Erhöhungsbetrag nach Abs. 1 beläuft sich auf 6,2% der Gesamtgutschrift 2022, geteilt durch 14 und vermindert oder erhöht im gleichen prozentuellen Ausmaß wie die Leistung nach § 5 Abs 1 in Verbindung mit § 5 Abs 2 oder 4 und § 6 Abs 1 und 2 bzw nach § 25 Abs 4 und 5.
(3) Der Erhöhungsbetrag ist ab Zuerkennung der Pension Bestandteil der Pensionsleistung.
(4) Der Erhöhungsbetrag gebührt auch zu Pensionsleistungen nach Abs 1, die für die Ermittlung von Hinterbliebenenpensionen (§ 7 Z 1) zu berechnen sind.
Mit seinen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmung wird der Kläger auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs verwiesen, der dazu ausführte:
Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH 4.12.2023, G 197-202/2023 uva, mwN dazu, dass Regelungen über eine Pensionserhöhung im Allgemeinen nicht in das Eigentumsgrundrecht eingreifen) lässt das Vorbringen des Antrages die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Vor dem Hintergrund maßgeblicher Unterschiede im Tatsächlichen bestehen auch keine Bedenken ob des Gleichheitsgrundsatzes gegen den Ausschluss von der Gewährung einer Erhöhung von Pensionen mit Stichtag im Jahr 2024 für Fälle, in denen der Versicherte anders disponieren hätte können:
Der Antragsteller übersieht, dass der in § 34 Abs 1 Z 3 APG erwähnte Anspruch auf Arbeitslosengeld ua voraussetzt, dass der Betroffene der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (vgl § 7 Abs 1 Z 1 AlVG), was wiederum ua dessen Arbeitswilligkeit iSd § 9 AlVG bedingt (vgl § 7 Abs 2 leg.cit.). Im Falle von Personen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um den Erhöhungsbetrag zu erwirken, wird dieses Kriterium idR nicht erfüllt sein, sodass diesfalls kein Arbeitslosengeldanspruch besteht und – als Folge dessen – kein Erhöhungsbetrag gemäß § 34 Abs 1 Z 3 APG zusteht.
Die in Rede stehende Bestimmung ist (schon nach ihrem Wortlaut, umso mehr unter Heranziehung der Materialien) einer eindeutigen Auslegung zugänglich, sodass die erhobenen Bedenken wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG nicht zutreffen (zur Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe vgl VfSlg 3981/1961, 18.550/2008, 19.530/2011 und 20.070/2016).
Ausgehend davon versagt auch die Rechtsrüge, da die Voraussetzungen für die Gewährung eines Erhöhungsbeitrags nach § 34 Abs 1 APG nicht vorliegen. Dies bestreitet auch die Berufung nicht. Gegen die Höhe der Korridorpension ohne Erhöhungsbeitrag wendet sich die Berufung nicht, weshalb sie erfolglos bleiben musste.
Zutreffend weist die Berufung jedoch darauf hin, dass das Erstgericht verabsäumt hat, die im angefochtenen Bescheid als unwiderruflich anerkannte Leistungsverpflichtung in den Urteilsspruch aufzunehmen (RS0085721). Im Übrigen hat diese Bescheidwiederholung auch von Amts wegen und auch vom Rechtsmittelgericht, allenfalls in Form einer Maßgabebestätigung, zu erfolgen (RS0089217 [T3, 4 und 7]).
Hat der Kläger mit der Klage nicht mehr erreicht, als die beklagte Partei in ihrem Bescheid feststellte, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Kostenersatz nach § 77 ASGG (RS0085811). War die Einbringung der Berufung und/oder der Revision im Ergebnis notwendig, weil auf Grund dieser Rechtsmittel der urteilsmäßige Zuspruch der bereits im angefochtenen Bescheid zuerkannten Pensionsleistungen erfolgte, wird in der Rechtsprechung ein Kostenersatzanspruch nach § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG anerkannt (RS0085811 [T1]). Ersatzfähig sind dabei jedoch nur die durch die Prozessführung verursachten und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten. Für die – hier offensichtlich bloß irrtümlich unterbliebene – Bescheidwiederholung wäre ein bloßer Berichtigungsantrag ausreichend gewesen, sodass dem Kläger auch nur Kosten nach TP 1 (II. lit g) RATG zuzuerkennen waren.
Gründe für einen darüberhinausgehenden Kostenzuspruch nach Billigkeit (§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG) wurden vom Kläger nicht behauptet. Die Kosten des erfolglosen Antrags auf Normenkontrolle hat der Kläger selbst zu tragen (10 ObS 153/15w).
Bei der Verneinung der behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 34 APG konnte sich das Berufungsgericht an der eindeutigen Entscheidung des dazu berufenen Verfassungsgerichtshofs orientieren. Sonstige Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen sich angesichts der klaren gesetzlichen Regelung nicht (vgl RS0042656), weshalb die ordentliche Revision nicht zulässig ist.